laut.de-Kritik

So seicht, dass alles wegpennt.

Review von

Vor nunmehr 40 Jahren stand die Münchener Freiheit auf dem Höhepunkt ihres Ruhms. Während die Pommes im Freibad so gut schmeckten wie nie wieder, trällerten "Ohne Dich (Schlaf Ich Heut Nacht Nicht Ein)", "Tausendmal Du" und "Es Gibt Kein Nächstes Mal" aus den Radios. Wer behauptet, diese Lieder nicht zu mögen, lügt.

Die Band dazu präsentierte sich als die deutsche Antwort auf Spandau Ballet und a-ha zuzüglich der neuesten Frisurentrends des Haarsalons um die Ecke. All dies garniert mit mehrstimmigem Kuschelgesang, der an das Flüstern eines sanften Sommerwinds erinnerte. Hach.

Benötigen andere Pop-Acts im Laufe der Karriere durchschnittlich 2.500 Wörter, überzeugte der Wortschatz der Band eher durch seine Kompaktheit. Hauptaugenmerk lag dabei auf den Wörtern "Ich", gefolgt von "Du". Hinzu kamen ausgebuffte Kreationen wie "Träume", "Herz" oder "Leben".

Nach dem großen Erfolg des Albums "Fantasie", auf dem sich mit "So Lang' Man Träume Noch Leben Kann" einer ihrer größten Erfolge befand (leider in einer nicht im Ansatz an die Single heran reichenden Version), ging es erst langsam und dann pfeilschnell bergab. Alben wie "Entführ mich" und "Schatten" fanden nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

2011 verließ Sänger Stefan Zauner die Band, um sich eigenen Projekten zu widmen. Die Freiheit betrat danach mit Tim Wilhelm am Mikrofon ihre Jürgen Drews-Phase. Das letzte Album "Schwerelos" liegt mittlerweile auch schon neun Jahre zurück.

Um nun Zauners Arbeit mit seiner Frau Petra Manuela besser einzuordnen, hilft es, einen Blick darauf zu werfen, was dieser Mann abseits von seiner erfolgreichen Zeit in den 1980ern trieb. In den 1970ern war er Teil der Krautrock-Formation Amon Düül 2 ("Pyragony X", "Almost Alive...", "Only Human"). Solo veröffentlichte er die beiden Progressive Rock-Longplayer "Narziss" und "Prism & Views". Letztgenanntes zählt Dream Theater-Keyboarder Jordan Rudess zu seinen zehn Lieblingsalben. 1995 folgte unter dem Namen S.O.L. das Werk "Some Other Language", das sich weitab von der Münchener Freiheit positionierte und auf dem er unter anderem mit Queen-Gitarrist Brian May zusammen arbeitete. Ein nicht unbedingt guter, aber zumindest interessanter Release.

Wenn sich so ein Mann von seiner erfolgreichen Band trennt, um eigene Wege zu gehen, könnte man durchaus couragierte Dinge erwarten. Könnte. Stattdessen setzt er mit Petra Manuela auf einen Sound, gegen den die zwei Wilhelm-Longplayer seiner Ex-Kollegen wie Led Zeppelin klingen. So seicht, dass alles wegpennt.

"Gedankenspiel" (Singular, denn für mehr als einen Gedanken reicht es hier offenbar nicht) klingt, als wäre es in der Garage zweier sich ansäuselnder Liebender aufgenommen worden, von denen keiner der anderen Person sagen möchte, dass das, was da gerade entsteht, möglicherweise doch nicht so toll ist. Ein achtzehn Lieder langer Klangmatsch, zu wild für die Meditation-Playlist, zu zahm für das Leben. Wer hier Emotionen sucht, findet höchstens ein Gefühl von Passivität. Bitte, legt euch ein*e Produzent*in zu.

Im Grunde verstecken sich hier zwei Songs: ein langsam-verträumter, der an einen von Sandelholzduft überlagerten Ort führt, den das leise Summen eines defekten Wasserbrunnens erfüllt. Damit man sich in dieser Ödnis nicht zu sicher fühlt, taucht plötzlich der Track mit Bumms-Beat auf, der sich schamlos bei den Schlagersendungen im Fernsehen anbiedert. Diese zwei Möglichkeiten multipliziert das Paar bis ins Unendliche.

Gerade wenn man denkt, schlimmer könne es nicht werden, greift Petra Manuela mit der Ausstrahlung von lauwarmen Hagebuttentee zum Mikrofon. Plötzlich wirkt der rein instrumental gehaltene Titeltrack wie ein Höhepunkt. Das mag jetzt alles übel klingen, aber in Wahrheit ist es noch schlimmer.

"Alles Zu Seiner Zeit" beginnt wie eine Alleinunterhalter*innen-Version von Robbie Williams' "Rock DJ", biegt jedoch schnell in Richtung altbekannter Harmonien ab. Darüber haucht Zauner mit seiner Frau deutungsschwangere Phrasen ins Mikro. "Völlig Durchdrehn" holt erstmal in Coras "Amsterdam" ab und klingt dann, als hätte Andrea Berg einen schlechten Tag gehabt. Und danach gleich noch einen. "Jede Nacht war der Hammer mit dir / Jeder Kuss / Megaschön / ... / Augen zu und lass uns tanzen / Das Leben spür'n und völlig durchdrehn / Im deinen Armen kann ich den Himmel spüren."

Mit "Babylon" biegen die beiden Richtung Kirchtag ab. "Wir sind der Weg ins Licht / Wir sind die Zuversicht / Eine Idee bleibt nie allein", singt Petra Manuela so überzeugt, als wolle sie einem als nächstes einen Leuchtturm in die Hand drücken. Zauner versucht diesen Nonsens im seichten "Du Hast Mein Leben Repariert" mit "Sternenmeer / Blaues Licht / Der Himmel spannt sein Segel / Über mich / Gefühle werden groß / Sorgenlos" zu kontern, scheitert aber knapp.

Hat man nach siebzehn Liedern jede Hoffnung aufgegeben und fühlt sich innerlich bereits klinisch tot, passiert das Unerwartete. Zauner greift in "Kein Weg Zurück" auf seine Prog-Vergangenheit zurück und präsentiert eine neue Version seines Songs "Prism & Views". Zugegeben, auch hier regieren der schreckliche, das Album dominierende Sound und ein hanebüchener Text, aber für einen kurzen Moment blitzt auf, wozu er einst fähig war. Natürlich ohne dem Song dabei einen wirklich neuen nennenswerten Kniff hinzuzufügen. Letztendlich macht dieser Ausflug in die Vergangenheit den Longplayer nur noch ärgerlicher.

"Gedankenspiel" will jede Menge Gefühl befördern, scheitert aber bereits an der Wahl des Transportfahrzeuges. Selbst kleinste Kanten, die auch nur einen Hauch von Emotionen fördern könnten, finden nicht statt. Stattdessen gibt es weichgespülte Belanglosigkeit. Stefan Zauner und Petra Manuela lassen einen fast vergessen, warum Musik überhaupt wichtig sein könnte.

Trackliste

  1. 1. Alles Zu Seiner Zeit
  2. 2. Völlig Durchdrehn
  3. 3. Babylon
  4. 4. Schicksal
  5. 5. Du Hast Mein Leben Repariert
  6. 6. An Das Selbe Gedacht
  7. 7. Freiheit Will Leben
  8. 8. Alles Ok
  9. 9. Irgendwie Genial
  10. 10. Gedankenspiel
  11. 11. Das Rätsel
  12. 12. Und Auch Das
  13. 13. Auszeit
  14. 14. Wo Ich Freiheit Atmen Kann
  15. 15. So Schön
  16. 16. Zu Uns Stehn
  17. 17. Wieder Lachen
  18. 18. Kein Weg Zurück

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2 Kommentare mit 33 Antworten

  • Vor 10 Stunden

    "Wer behauptet, diese Lieder nicht zu mögen, lügt."

    Gerade mal zur Überprüfung reingehört. Ungelogen fürchterlich. :D

  • Vor 8 Stunden

    Hallo zusammen,
    die Kritik von Sven Kabelitz ist wirklich schlimm. Wenn man so wirklich über ein Album denkt, sollte man vielleicht einfach garnichts schreiben. Der Autor suhlt sich in Böswilligkeit und Zynismus und natürlich, wie immer bei solchen Typen, auch in Selbstbeweihräucherung. Was dahinter wirklich steht, kann man nur erahnen und lässt auf nichts Gutes schliessen. Please shut up, das hilft keinem weiter, das will keiner hören und denunziert nebenbei auch noch einen der kreativsten deutschen Musiker unserer Zeit. Unverständlich und schä
    big.

    • Vor 7 Stunden

      Lieber Peter,
      wir von der laut.de Altersvorsorge nehmen unsere Pflichten, alte Menschen mit der ihrem Alter angemessenen Musik zu versorgen, sehr ernst! Rezensent Kabelitz wurde gefeuert. Um die Bestellung abzuschließen, lösche deinen Account sofort. Ich brauche die 30.000€ dringend!

      In ewiger Liebe,
      Ingo (Vorstandsvorsitzender)

    • Vor 6 Stunden

      Bin erst seit heute dabei und musste schon wirklich viel eitlen Bullshit lesen. Was Ihr hier betreibt hat doch nichts mit Musik oder Kritik daran zu tun.?

    • Vor 6 Stunden

      Da es sich um eine Seite mit Rezensionen über Musik handelt, hat es sehr viel damit zu tun.

    • Vor 6 Stunden

      Lieber Peter,

      den Versuch einer objektiven Rezession eines Albums hat der hiesige Rezensent bereits unternommen.

      https://laut.de/Mariah-Carey/Alben/1-To-In…

      Es ist ihm (objektiv!) gut (!) gelungen, aber schon Ionen, konkret: 10 Jahre, her. Seitdem hat er den Pfad der Tugend (objektive Universalmusikethik) verlassen.
      Aber bedenke eins - und dies wird ja auch seitens SK überdeutlich hervorgehoben: insbesondere Herrn Zauner billigt der Rezensent ja hohes Potential zu. Das ist ja erst einmal ein Riesenkompliment - und in diesem Sinne ist die Kritik, auch in ihrer Härte, zu sehen.

      Bleib bitte am Ball!

    • Vor 5 Stunden

      "Es ist ihm (objektiv!) gut (!) gelungen"

      Wenn man so wirklich über eine Rezidenkt, sollte man vielleicht einfach garnichts schreiben. Huschi suhlt sich in Böswilligkeit und Zynismus, auch in Selbstbeweihräucherung. :mad: Objektiv gut gelungen?? Please shut up, das will keiner hören. :mad:

    • Vor 3 Stunden

      "wir von der laut.de Altersvorsorge nehmen unsere Pflichten, alte Menschen mit der ihrem Alter angemessenen Musik zu versorgen, sehr ernst!"
      WOW. Wie man es schafft in einem öden Schachtelsatz seine Verachtung von alten Menschen auszudrücken kann man nicht ironisch oder sarkastisch nennen. Sie ist einfach respektlos.
      Aber @Schwingster wird auch einmal so alt sein wie diejenigen über die er herzieht.
      Und dann darf er seinen Text über Menschen in dem Alter das er dann auch erreicht hat noch einmal lesen.

    • Vor 2 Stunden

      Respektlosigkeit? In den Kommentarspalten? Himmel hülf, das kickt mir doch glatt die Brillantine aus'm Bart!

    • Vor einer Sekunde

      Alte Menschen neigen dazu zu stinken und dumm zu sein, denn Menschen neigen dazu zu dtinken und dumm zu sein.