laut.de-Kritik
Geronimo hat keinen Bock mehr.
Review von Emil Dröll"Soweit ich weiß, hat das noch kein Künstler in Deutschland gemacht, dass er seine alten Songs so neu interpretiert hat" – Hä? Ich dachte wirklich, Thomas wüsste, was er da tut. Diese Aussage ist allerdings so weit weg von Realität und Selbstreflexion, dass selbst Wendler-Interviews plötzlich nach Kant-Vorlesung klingen.
Aber egal. Die wichtigste Nachricht: Die Jahresunterhaltung geht in Runde vier! Noch zwei weitere Banger – dann ist der Modern Talking-Cover-Marathon tatsächlich vorbei. Zumindest bis Thomas das Ganze noch mal unplugged macht (bitte nicht).
Während andere Künstler mit der Vergangenheit hadern, macht er sie sich einfach zum Geschäftsmodell. Diesmal: ein komplettes Remake des Modern Talking-Albums "In The Middle Of Nowhere" – jenes Werks von 1986, das schon damals klang, als hätte ein Kassettenrekorder Fieber. Nun also das Ganze noch mal, nur ohne Dieter Bohlen, ohne 80er, dafür mit dem unbeirrbaren Willen, dem Begriff Selbstcover eine neue Dimension zu verleihen.
Der Opener "Geronimo's Cadillac" setzt gleich einen Ton: Auftritt mit dem Led Zeppelin-"Whole Lotta Love"-Riff, als wollten Anders und Bohlen damals eine künstlerische Antithese basteln – Rockklassiker gegen Abgrundpop. Ergebnis: Drive in die falsche Richtung. Im Original war's noch der einzige echte Banger auf dem Album, hier ist's ein Bass-Monster im Discokettenhemd. Geronimo hat angerufen. Er will den Cadillac zurück. Sofort.
"Give Me Peace On Earth" klingt wie ein Stoßgebet aus einem sehr weichen Sessel. Anders haucht, fleht, bittet – und der Hörer ebenfalls: um Ruhe. Nicht wegen der Botschaft, sondern wegen einer Produktion, die klingt, als wäre sie auf einem Kühlschrank-Display gemastert worden.
"Sweet Little Sheila" macht nostalgisch – allerdings nur, weil man sich an eine Zeit erinnert, in der niemand ahnte, dass 2025 ein Remake droht. "Ten Thousand Lonely Drums" hingegen klingt so, als seien diese Trommeln tatsächlich einsam. Denn wer so oft in Anders-Produktionen verheizt wird, entwickelt verständlicherweise Fluchtreflexe.
"Stranded In The Middle Of Nowhere" liefert dann das Motto des Albums: man ist verloren, orientierungslos und fragt sich, ob irgendwo eine musikalische Bergwacht in Reichweite ist. Selbst der Refrain wirkt, als wolle er lieber woanders sein. "The Angels Sing In New York City" setzt den emotionalen Tiefpunkt. Nicht textlich, sondern weil der Engelchor offenbar wirklich nur in New York singt. Wir haben nur unseren Solo-Engel Thomas.
"Princess Of The Night" schließlich beweist: Selbst Thomas Anders' Stimme ist nicht immer das Schlimmste an einem Song. "Cherokee Highway" und "Voodoo Love" – die beiden neuen Tracks – sollen klingen, als würde Anders Modern Talking covern, aber trotzdem modern sein. Ergebnis: klingen genau wie der Rest. Nur moderner scheiße.
Und dann kommt "In The Mix". "Geronimo's Cadillac"? Geronimo will ihn jetzt nicht nur zurück, er wartet schon mit Vorschlaghammer auf dem Schrottplatz. Hochgepitcht, Speed-Up, alles auf Schmerzgrenze. Wer "Princess Of The Night" überlebt, hat entweder Nerven aus Stahl oder einfach vergessen, wie man Stop drückt. Und für die ganz Harten gibt's danach noch die Instrumentals.
Am Ende steht ein Werk, das so sehr damit beschäftigt ist, sich selbst zu feiern, dass es gar nicht merkt, dass auf der Party längst keiner mehr tanzt. Die Produktion: glatt wie ein frisch gebügeltes Hemd – nur ohne Anlass, es anzuziehen. Die Songs: bekannt, aber so leblos, dass selbst Dieter Bohlen sie nicht mal mehr verklagen würde.
Thomas Anders steht mittendrin wie ein Mann, der stoisch seine Vergangenheit recycelt, weil er weiß: Niemand hält ihn auf. Dieter nicht. Der weiße Schwan nicht. Wir können nur auf die Engel aus New York hoffen.
10 Kommentare mit 14 Antworten
Billiger Clickbait-Artikel. Ungelesen 1
ungehört Album des Jahrtausends
Das Problem an den Neuaufnahmen ist generell, dass weder Thomas Anders noch sein Produzent verstehen, was die Songs damals interessant gemacht hat.
Bei den Neuaufnahmen fehlt hier mal das Intro, dort die Gitarre, usw..
Die beiden denken, auch bei den neuen Liedern, dass es reicht die Melodien so gut es geht zu kopieren, leider rauben sie dem Ganzen damit komplett die "Seele".
Ja, ich gebe ironiefrei zu, ich bin seit meiner Kindheit Fan von Modern Talking, aber die Neuaufnahmen sind für blutleer produzierter Kernschrott...und btw. nervt es mich wie Anders jetzt in jedem Song das Wort "Heart" singt...
Unerträglich, leider.
"dass weder Thomas Anders noch sein Produzent verstehen, was die Songs damals interessant gemacht hat."
Nein. Sie verstehen vor allem nicht, dass sie selbst das Problem sind.
"leider rauben sie dem Ganzen damit komplett die "Seele"."
Das wäre ja schon mal der richtige Ansatz. Eine Seele raupen, die gar nicht da ist. Zumindest wären sie dann beschäftigt.
"Ja, ich gebe ironiefrei zu, ich bin seit meiner Kindheit Fan von Modern Talking"
Das kann man gar nicht ironiefrei zugeben. Logik-Grundkurs.
gehe ich mit. auch ich bin modern talking- fan und kann mit fast allen neuen versionen wenig anfangen. es wirkt alles etwas harmlos, etwas kalkuliert, aber nicht gefühlt. man kann sagen was man will, aber dieter bohlen und luis rodriguez fanden ihren sound in den 80ern geil und haben ihn gelebt. das hört man, wenn man sich die alten alben anhört.
Ich bewerte das Album nicht, wozu auch.
Nur eine kleine Anmerkung: das Album wird besprochen und viele großartige Neuerscheinungen nicht. Carol Reed uva sucht man hier vergebens.
Schade.
#rawdatajustice #woistdiethearmedrezi
Bernd Weidung kann ja gut singen aber die Modern Talking Sachen.. also das wollte schon damals keiner so wirklich hören. Wie kommt man auf die Idee diesen Bohlen Mist wieder aufzuwärmen und zu denken die Leuten würden das plötzlich feiern?
Wusste gar nicht, dass Thomas Anders nicht selber singt. Kannte diesen Weidung vorher gar nicht, krass...
Soll das heißen, sein Name ist Anders als ich immer dachte?
Mir wird schon vom Lesen der Rezension übel.