laut.de-Kritik
Ein Liebesbrief an Hip Hop.
Review von Ben SchiwekEin seit 20 Jahren angeteastes Kollaboalbum droppen inklusive eines Songs namens "NY State Of Mind Pt. 3" – Erwartungssetzung, die gar an Rage-Bait grenzt. Dann bildet "Light-Years" auch noch das große Finale der diesjährigen "Legend Has It"-Reihe von Mass Appeal Records, in der Rap-Legenden wie De La Soul oder Mobb Deep je ein Spätwerk droppten. Dabei wusste man schon, dass Nas & DJ Premier hier kein zweites "Illmatic" liefern würden, sondern im besten Fall ein erwärmend nostalgisches Werk, das einen lächelnd an ihre magische Chemie von damals denken lässt.
Ist es das geworden? Grundlegend ja, aber es ist jetzt auch kein legendäres Comeback-Meisterwerk, an das man sich noch Jahre lang erinnern wird. Es gerät größtenteils ziemlich erwartbar, hat aber trotzdem einige Momente, die Fans glücklich machen werden.
Nostalgie trieft aus allen Ecken. Dafür fangen wir mit DJ Premiers Beats an. Natürlich liefert er Boom-Bap-Produktion mit viel gesampleten Klavieren, Bläsern und gepitchten Vocals aus seinem Soul-Plattenregal. Das ist alles solide und hat ein paar schöne Highlights; überraschen muss so ein Album ja nicht, überragend wird es aber auch nie. Was aber sympathisch auffällt: Für die Scratch-Teile der Songs samplet DJ Premier auch viel Hip Hop: von Beastie Boys bis Wu-Tang, sogar Moderneres wie Ab-Soul – und auch öfters mal Nas selbst. Daraus bastelt er in Songs wie "Madman", "Writers" oder "Junkie" catchy Hooks. Vor allem ist aber die Message klar: Das Album ist ein Liebesbrief an Hip Hop.
Thematisch ist das auch eindeutig. Nas huldigt verschiedenen Facetten der Hip Hop-Kultur, zieht Referenzen und erinnert sich an alte Tage. Charmant erzählt er in "Pause Tapes", wie er früher im Elternhaus mit einem Kassettendeck und den Platten seiner Mutter an seinen ersten Beats dokterte. So etwas erwartet man von einem Throwback-Album wie diesem, aber an einigen Stellen wünscht man sich von einem Meister-Storyteller wie Nas, interessantere Blickwinkel zu beleuchten. Das macht auch "NY State Of Mind Pt. 3" zu einer unspektakulären Fortsetzung. An den poetischen, realen und erzählenden Stil der ersten zwei Teile kommt Nas hier einfach nicht heran. Und Billy Joels "New York State Of Mind" zu samplen, ist etwas zu offensichtlich.
Wortspiele und schöne Formulierungen kann Nas natürlich noch, aber inhaltlich wirkt manches etwas flach: Okay, ich schreibe schnell eine Ode an die Graffiti-Kultur und liste irgendwann einfach nur eine ellenlange Liste an Sprayer:innen auf, die ich cool finde. Okay, ich schreibe schnell eine Ode an Frauen im Rap und liste irgendwann einfach nur eine ellenlange Liste an respektierten Rapperinnen auf.
Wenn Nas nicht an Vergangenes denkt, sondern mal in die Gegenwart wechselt, geht es meist darum, dass er erfolgreich und legendär ist. Darf man auch ruhig mal machen, aber muss er in "GiT Ready" wirklich mit seinem Crypto-Game angeben?
"Nasty Esco Nasir" hat an sich das spannendste Konzept: Sein frühes Alter Ego Nasty Nas duelliert sich mit seiner späteren Mafioso-Persona Escobar, und nach einem Schusswechsel reflektiert die reale Person Nas selbst den Kampf in seinem Kopf. In der Reife des Alters akzeptiert er, dass er alle Phasen seiner Karriere in sich vereinen kann:
"When you evolve into your true growth, they say you can't do both / Feed your soul and get money, I'm like two GOATs". Das ist ein nettes Fazit, aber in einem längeren Track hätte er aus diesem Song-Konzept ruhig noch mehr herausholen können. So bleibt es eher bei: Hey Escobar, du bist materialistisch – hey Nasty Nas, du bist uncool und altbacken – hey ihr beiden, vertragt euch, ich hab euch beide lieb – übrigens bin ich jetzt ein erfolgreicher Geschäftsmann!
Schön sind wiederum etwa die Reflektionen über Eltern-Sohn-Beziehungen in "Sons (Young Kids)" oder übers Altern im Hip Hop in "3rd Childhood". Zitierbare Zeilen liefert Nas auf dem Album immer wieder und auch viele Reimpatterns beeindrucken noch; die Symbiose aus ihm und Premier glückt ohnehin.
"Switched it up a little, but still, I'm goin' out hood" – ob dieses abschließende Statement des Albums in "3rd Childhood" so bodenständig rüberkommt, nachdem Nas uns in mehreren Songs von seinen Crypto-Investments und Casino-Eröffnungen berichtet hat, ist zwar fraglich – aber mit dem Beat und Storytelling des Songs im Rücken erfüllt es dennoch seine sentimentale Wirkung.


3 Kommentare mit 2 Antworten
Höre ich nostalgisch beschwingt deutlich lieber mal rein als in das ausgelutschte, kreativ bankrotte Trap-Genre
Du meintest wohl Rap-Genre.
*Sub*
Das man den hochgeschraubten Erwartungen der letzten 20 Jahre nicht gerecht wird, war klar. Aber für alle die durch Primo sozialisiert wurden, ist das hier eine musikalisch, nostalgische Umarmung. Etwas mehr Hunger hätte ich mir von Nasir aber schon gewünscht.
Genauso langweilig wie der Rest der Masse Appeal Legend Serie. Hatte hohe Erwartungen, aber anscheinend hat Nas als Executive penibel darauf geachtet, dass alle langweilige und beschissene Beats picken, anders kann ich mir das nicht erklären. Egal ob Ghost, Raekwon, De La, Mobb Deep oder dieses hier, alle habe ich einmal gequält durchgehørt. In dem Wissen, dass das eine einmalige Sache bleibt. Nur das Big L sticht positiv hervor, ist aber auch viel mehr Mixtape als Album.