28. Februar 2008

"Mehr Biss und mehr Kanten"

Interview geführt von

Bei Death Angel scheint es irgendwie keinen schlechten Tag zu geben. Noch nie habe ich erlebt, dass einer der Jungs mal ohne Grinsen im Gesicht über irgendein Festival oder Konzert gelatscht wäre.Und auch im Interview am Telefon geben sich die Herren immer in bester Laune. So verwundert es mich auch nicht, dass sich am anderen Ende der Leitung ein blendend aufgelegter Rob Cavestani meldet. Der kann es anscheinend kaum abwarten, mit dem jeweiligen Interview-Partner über die neue Death Angel-Scheibe "Killing Season" zu reden, denn noch bevor ich mich anständig melden kann, brüllt mir der Gitarrist auch schon aus dem Hörer entgegen.

Hey, ist da Eddy von laut.de?

Öh, glaub schon.

Great! Hier ist Rob von Death Angel, alles klar bei dir?

Auf jeden Fall, und wie man hört scheint es dir auch gut zu gehen.

Mir geht's phantastisch, die sorgen echt gut für uns hier in Donzdorf.

Freut mich zu hören. Stimmt es eigentlich, dass der Interview-Zeitplan wegen einem Konzert verschoben wurde, das ihr unbedingt spielen wolltet?

Ja, stimmt. Uns wurde diese Show angeboten, die echt ene tolle Gelegenheit gewesen wäre, aber das Konzert fand letztendlich gar nicht statt, hehe.

Was? Wieso das denn?

Naja, das wäre ein Gig im Rahmen der NAM-Convention gewesen. Da rennen immer alle möglichen Equipment und Gear-Companys rum und natürlich auch viele Bands, da es ja auch um die Endorsement-Deals und eine entsprechende Präsentation geht. Man gibt ein paar Signing-Sessions, trinkt jede Menge Bier und so Zeug, du kennst das bestimmt (lacht). Wir hätten beinahe auf einer der Aftershow-Partys gespielt, aber leider hat die gar nicht stattgefunden. Die Company, die das organisiert hatte, bekam irgendwelche Probleme mit dem Sponsor, weswegen die Party ausfallen musste. Wir waren also nur für ne Autogrammstunde und ein paar Bier da, nur spielen konnten wir leider nicht.

Ok, wenn ich mich recht entsinne, dann habt ihr für "The Art Of Dying" extra einen sehr 80s-lastigen Sound auf der Scheibe verwendet. Hattet ihr diesen Plan auch für "Killing Season"?

Wir wollten nicht unbedingt einen Sound, der nach den 80ern klingt. Die Beschreibung passt eigentlich nur von dem Gesichtspunkt her, dass sie in den 80ern einen deutlich organischeren Sound hatten, der nicht ganz so künstlich und maschinell klang. Wir sind große Fans dieses deutlich wärmeren, fetteren, organischeren Produktionsstils, und das ist folglich auch unser Ziel. Es ging weniger darum, nach den 80ern zu klingen, sondern wir wollten einfach nicht eine von diese modernen, kalten Produktionen haben.

Aber obwohl der Sound auf "Killing Season" deutlich fetter ist, als auf "The Art Of Dying", ist er doch lang nicht so kräftig, wie zum Beispiel der von der letzten Exodus.

Hoah, what? Das finde ich aber ganz und gar nicht. Ich denke, dass das damit zusammenhängt, wie die Leute bestimmte Produktion für sich aufnehmen. Für mich klingt unsere Produktion deutlich fetter, als die der letzten Exodus. Ich finde, dass unsere Produktion deutlich mehr Biss und mehr Kanten hat. Wir klingen mit unserem Sound einfach deutlich wärmer, was wohl auch besser zu unserer Musik passt, als zu der von Exodus. Die haben doch einen deutlich anderen Stil als wir und von daher passt einfach nicht jede Produktion zu jeder Band.

Du warst während dem Mix und dem Mastern ständig anwesend und hast den Vorgang überwacht?

Ja, die ganze Zeit. Ich will in solche Sachen einfach eingebunden sein und habe das Album quasi co-produziert. Von daher bin ich mit dem Sound natürlich auch voll und ganz zufrieden.

Ist verständlich, aber gab es denn Unterschiede im Songwriting und der Vorbereitung auf "Killing Season" im Vergleich zum Vorgänger?

Auf jeden Fall, verdammt große Unterschiede! Als wir "The Art Of Dying" geschrieben haben, war wir eigentlich immer noch in der Situation, dass wir versuchten, uns als Band zu finden. Wir haben uns erst mal wieder kennen gelernt, haben versucht unseren Sound zu entdecken. Wir hatten uns so lange nicht gesehen, geschweige denn zusammen abgehangen und gearbeitet. Das musste alles erst einmal verarbeitet werden und entsprechend neu war die Situation für uns, als wie "The Art Of Dying" geschrieben haben. Gleichzeitig wollten wir uns der Tatsache bewusst sein, wie viel Zeit seit der letzten Scheibe vergangen war und was unsere Fans wohl von uns erwarten würden. Das war eine ganz andere Situation, als wir damals ins Studio gegangen sind. Irgendwie haben wir einfach ein paar Songs auf genommen und dann abgewartet, was passiert. An der neuen Scheibe hat sozusagen eine komplett andere Band gearbeitet. Wir sind jetzt wieder eine ganze Zeit lang zusammen, kennen uns besser als je zuvor, sind selbstbewusster und arbeiten einfach effektiver miteinander. Wir haben inzwischen wieder dieses Feeling erreicht, das wir hatten, als wir an einem Album wie "Act III" geschrieben haben. Wir sind viel zielgerichteter an die Sache herangegangen und wussten, was wir wollten und wie wir das erreichen wollen. Wir haben viel enger und besser zusammengearbeitet.

Du sagtest gerade, dass es sich so anfühlt, wie zu der Zeit von "Act III". Wie würdest du denn die Chemie innerhalb der Band beschreiben. Ist es so wie vor dem Split, oder ist sie besser oder einfach nur anders?

Sie ist besser als sie es jemals war, ohne Scheiß. So gut und so tight haben wir noch nie zusammengearbeitet. Wir wissen alle genau, was wir erreichen wollen und wir sind Feuer und Flamme, dafür zu kämpfen. Wir haben "Act III" als so was wie einen Orientierungspunkt ausgewählt. Die Art und Weise, wie wir an diese Produktion herangegangen sind, war schon gut, und das wollten wir dieses Mal eben auch machen oder sogar noch verbessern. Der Aufwand, den wir für die Scheibe betrieben haben, übertrifft wirklich alles, was wir zuvor gemacht haben, und das lag auch dem wirklich wahnsinnig geilen Studio, in dem wir aufgenommen haben, und an dem absolut fantastischen und fanatischen Produzenten Nick Raskulinecz. Der ganze Prozess lief einfach auf einem Level ab, das maximal noch mit dem von "Act III" zu vergleichen ist.

Das sehe ich ähnlich, denn wenn man sich die Scheibe so anhört, dann gibt es da zwar eine große Vielfalt an unterschiedlichen Songs, Stilen und Stimmungen zu hören, aber es klingt deutlich fokussierter.

Das ist exakt das, was ich meine, Alter. Und wir sind dermaßen glücklich mit dem Endergebnis, das kann ich kaum beschreiben. Es ist genau wie du sagst. Das Arbeiten von uns war wesentlich fokussierter und dadurch fiel es uns viel leichter, selbst so unterschiedliche Songs in einen organischen Flow zu bringen, dass das Album einfach 100% nach Death Angel klingt. Du kannst dir die Scheibe von vorne bis hinten anhören und es ist einfach non-stop, fucking, crushing Death Angel (lacht).

In einem Interview, das vor der Veröffentlichung von "The Art Of Dying" geführt wurde, hab ich gelesen, dass vor allem Mark seine Bedenken hatte, überhaupt wieder bei einem Label zu unterschreiben. Seid ihr denn mit Nuclear Blast noch zufrieden?

Auf jeden Fall, wir könnten uns in keiner besseren Situation befinden. Es ist wirklich unglaublich, welchen Rückhalt wir von dem Label bekommen. Sie unterstützen uns einfach wo sie können und das fühlt sich verdammt gut an. Wir respektieren uns alle sehr und die Jungs hier glauben einfach an uns und verstehen uns vor allem auch (aus dem Hintergrund kommt eine Stimme, die irgendwas von Arschkriechern gröhlt). Oh, hey, ich wusste gar nicht, dass du auch da bist, haha. Ok, eigentlich hassen wir alle hier bei Nuclear Blast, die sind echt alle scheiße (lacht).

Wer war das im Hintergrund? Jaap?

Nein, Markus (Staiger, Chef von Nuclear Blast). Aber zurück zu deiner Frage, es ist einfach fantastisch, mit einem Label zu arbeiten, das uns 100%ige kreative Freiheit lässt. Ich meine, welches Label schickt eine Band ins Studio und das erste, was sie vom neuen Album zu hören bekommen, ist das finale Produkt? Ich kenne sonst kein Label, das so viel Vertrauen in eine Band hat. Sie erlauben sich einfach kein Urteil, ehe wir mit allem zufrieden sind und etwas präsentieren wollen. Das einzige was sie sagen ist: 'Come on guys, kick some fucking ass!' Und genau so wollen wir auch arbeiten und so funktionieren wir einfach am besten.

Stimmt es eigentlich, dass es noch jede Menge bisher unveröffentlichtes Material von "The Ultra-Violence" und "Frolic Through The Park" gibt?

Zum Teil schon, aber wir haben auch schon einiges davon in dem Boxset "Archives And Artifacts" veröffentlicht. Darin befindest sich eigentlich das meiste von dem unveröffentlichten Zeug. In dem Set gibt es die jeweils remasterten Versionen von "The Ultra-Violence", "Frolic Through The Park" und auf jeder Scheibe sind dann noch drei Bonustracks drauf, die bis dahin unveröffentlicht waren. Dann gibt es noch eine dritte CD, auf der nochmal zwölf unveröffentlichte Songs sind und eine zusätzliche DVD, auf der es jede Menge Blödsinn aus unseren alten Tagen zu sehen gibt. Also inzwischen ist das meiste von dem Zeug schon irgendwo erschienen.

Zur letzten Scheibe hatte ich mit Mark gesprochen, und wir hatten uns über Reunions von Thrash Metal-Bands unterhalten. Wir stimmten beiden darin überein, dass sich Forbidden gefälligst wieder zusammentun sollten, und nun sehe ich auf eurer Homepage, dass ihr einen Gig mit ihnen spielt ...

Ja, geil was? Das ist die erste Show seit ihrer Wiedervereinigung. Ich hab irgendwann mitbekommen, dass sie sich darüber unterhalten, noch mal ein paar Gigs zu spielen und wollte sie eh fragen, ob sie bei unserer CD-Release-Show vorbeikommen wollen. Also hab ich Craig angerufen, mit dem ich gut befreundet bin, und fragte ihn, ob sie nicht einfach bei uns auf der Party spielen wollen. Das wäre dann so was wie eine neu aufgelegte "Act III"-Tour. Das wird einfach der Oberhammer und die Show ist schon ausverkauft (Inzwischen musste noch ein zweiter Abend gebucht werden, der auch ausverkauft ist).

Verdammt, in der Bay Area müsste man wohnen, aber wenigstens werde ich Forbidden auf dem Bang Your Head-Festival sehen, auf dem ihr ja auch letztes Jahr gespielt habt.

Ah, ja, das war cool. Toll, dann kommt es bei Forbidden also so langsam in die Gänge. Ich habe zu Craig auch gleich gesagt, dass wir zusammen eine Tour auf die Beine stellen sollten. Die sind gerade in der selben Situation, in der wir waren, als wir uns gerade wieder für dieses Benefiz-Konzert für Chuck Billy von Testament zusammen getan hatten. Ich denke, sie wollen es erst einmal ein wenig langsamer angehen. Noch haben sie keine einzige Show gespielt und wollen deswegen nicht schon 100 Shows buchen und nen riesen Trubel veranstalten, ehe sie überhaupt wissen, wie es weitergeht. Ich weiß allerdings eins ganz genau: Im selben Moment, in dem Forbidden bei unserer Release-Party auf die Bühne gehen und die Energie und das Feedback vom Publikum fühlen, wollen sie mehr davon! Dann werden sie wissen, warum wir sechs Jahre, nachdem wir uns wieder zusammengetan haben, immer noch zusammen sind. Wir können nur hoffen, dass es bei ihnen genauso läuft.

Na das hoffe ich doch auch. Denkst du, dass es momentan so was wie ein Thrash-Revival gibt?

Es hat schon so den Anschein. Das kommt wohl einen Schneeballeffekt gleich, denn wenn du als Musiker mitbekommst, wie deine alten Kumpels auf einmal wieder Musik machen, damit abgehen und auch Fans erreichen, dann denkst du wohl darüber nach es ihnen gleichzutun. Wenn du dann außerdem mitbekommst, wie all diese jungen Bands von deinem Sound beeinflusst worden sind, dann wollen wohl ein paar alte Säcke wie wir zeigen, dass wir das auch noch können (lacht). Exodus haben ne richtig geile, neue Scheibe gemacht, jetzt kommt unsere und als nächstes sind Testament dran. Dann die Reunion von Forbidden, da scheint echt was zu gehen.

Stimmt, ich warte jetzt nur noch auf EvilDead.

Yeah, man. Wer weiß, vielleicht kommen die ja auch wieder zurück.

Wollen wir’s hoffen. Allerdings hab ich so ganz nebenbei noch gesehen, dass du letztes Jahr ja noch ein Solo-Album veröffentlicht hast, auf dem sogar Gus (Pepa, ehemaliger Death Angel-Gitarrist) ein paar Gitarren eingespielt hat.

Ja, stimmt und Andy hat Schlagzeug gespielt. Wir spielen oftmals vollkommen anderes Zeug, wenn Death Angel nicht gerade unterwegs oder im Studio sind. Wir hängen dann zusammen ab und spielen die ganze Zeit auf den Akustikgitarren zusammen rum. Das haben wir schon früher gemacht und hin und wieder hat das dann auch einen kleinen Einfluss auf den ein oder anderen Death Angel-Song gehabt. Aber meist haben wir das nur so zum Spaß und als Ausgleich gemacht, aber jetzt haben wir einfach mal ein Album mit dem Zeug aufgenommen und schauen, wie es ankommt. Ich hätte bestimmt genügend Zeug für vier Alben in Demoform bei mir zu Hause rumfahren. Jedes Mal wenn ich die Zeit habe, geh ich in mein kleines Studio daheim und nehm ein paar von den Sachen auf. Das ist ein ganz angenehmer Ausgleich zu den Death Angel-Sachen.

Die Soloscheibe ist also hauptsächlich akustisch gehalten?

Ja, hauptsächlich. Eigentlich sollte es rein akustisch sein, aber letztendlich sind doch ein paar E-Gitarren mit drauf gelandet. Als Metal kann man das aber nach wie vor nicht bezeichnen. Die Scheibe ist auch nicht offiziell über ein Label erschienen, sondern man kann sie nur bei mir über die Homepage ordern. Ich hatte überhaupt keine Zeit, mich um die Vermarktung des Albums zu kümmern, denn kaum war ich mit den Aufnahmen fertig, ging es auch schon an die Arbeiten zu "Killing Season". Seit der letzte Ton von meiner Soloscheibe fertig war, hat sich mein Leben nur noch um Death Angel gedreht. Ich habe es gerade mal geschafft, tausend Stück von der Scheibe pressen zu lassen und das war’s auch schon. Wer aber Interesse daran hat, kann das Teil über meine MySpace-Page ordern. Da können die Leute auch direkt mit mir in Kontakt treten. Alles andere finde ich auch selten dämlich, was bringt es denn, wenn man auf MySpace ne Page von einem bestimmten Künstler oder einer Band findet und dann hat man trotzdem nicht die Möglichkeit, mit demjenigen persönlich in Kontakt zu kommen. Ich finde das auf jeden Fall ne tolle Sache und bin so oft wie möglich online.

Dann also ran an die Tasten Leute und erzählt Death Angel, was ihr von der neuen Scheibe "Killing Season" haltet. Damit bleibt für mich nur noch ein Frage offen: Mir wurde erzählt, dass Mark täglich ne Flasche Gin wegschluckt. Ist an dem Gerücht was dran?

Nö! Obwohl, naja nicht mehr, hahaha. Manchmal würdest du ganz schon Augen machen, was der so wegtanken kann, aber inzwischen ist das lang nicht mehr so krass wie früher. Manchmal müssen wir ihm noch sagen, dass er es vielleicht ein wenig lockerer angehen sollte, aber ich denke, er hat das unter Kontrolle.

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