laut.de-Biographie
Dee Dee Bridgewater
Dee Dee Bridgewater ist Superlative gewohnt. "Die legitime Nachfolgerin der Jazz-Legende Ella Fitzgerald", "eine der größten Sängerinnen des Jazz'", "Botschafterin des Jazz'", "versierteste Sängerin der mittleren Generation", "First Lady des Jazz'": All das und noch viel mehr sagt man ihr nach.
Sie kontert all die an sie heran getragenen Zuschreibungen mit einer scheinbaren Leichtigkeit, als sei es ein Kinderspiel, so eben mit Ella verglichen zu werden, als sei es ein Leichtes, den Ansprüchen, die an größte Sängerinnen, Botschafterinnen und First Ladys gestellt werden, gerecht zu werden.
Zur Welt kommt die Sängerin Denise Garrett, so Dee Dee Bridgewaters bürgerlicher Name, am 27. Mai 1950 in Memphis in Tennessee. Ihr Vater lehrt Trompete und spielt in seinen Ferien im Orchester von Dinah Washington, die neben Ella Fitzgerald und Sarah Vaughan zu Dee Dees erklärten Vorbildern gehört.
Ihr Talent für Gesang und Bewegung bekommt sie jedoch nicht nur vom Vater, sondern auch von ihrer Großmutter und der Mutter in die Wiege gelegt, die beide als Sängerinnen und Tänzerinnen Erfolge feiern. Dee Dee wächst in Flint in Michigan auf und beginnt ihre Karriere mit 16, indem sie sich als Soul- und Jazzsängerin durch die lokale Clubszene von Clinton, ebenfalls in Michigan, singt. 1969 lernt sie den Trompeter Cecil Bridgewater kennen, den sie heiratet.
1970 landen beide in New York, wo Dee Dee sich in harter Arbeit in der sicher härtesten Szene der Jazzwelt etabliert. Sie macht auf sich aufmerksam und singt und spielt 1975 die Rolle der guten Hexe Glinda im Musical "The Wiz". Für ihre Leistungen am Broadway erhält sie einen Tony Award, treibt sich unterdessen aber weiterhin in den Clubs im Big Apple herum, um sich mit Kollegen wie Pharoah Sanders, Roland Kirk, Sonny Rollins, Dizzy Gillespie, Dexter Gordon, Max Roach oder Stanley Clarke die Bühne zu teilen.
1974 wagt sie mit "Afro Blue" ihr Albumdebüt. Vier Jahre später feiern Presse und Publikum sie für "Just Family" und ihren famosen Auftritt beim Newport Jazz Festival. Bridgewater behält auch nach der Trennung von ihrem Ehemann seinen Namen, und lässt sich Mitte der 80er in Paris nieder.
Zwei Jahre lang übernimmt sie dort die Rolle der Billie Holiday in "Lady Day", das außer in Paris auch in London und Hamburg gastiert. In Paris gelingt ihr mit "Live In Paris" 1986 der Durchbruch. Hier lernt sie auch ihren zweiten Gatten kennen und bleibt für weitere 15 Jahre in der französischen Metropole.
Während ihrer Zeit in Europa schraubt Dee Dee ihren Ruf in die Höhen der eingangs erwähnten Superlative. Mit Preisen überhäuft, den besten Referenzen von der Kollegenschaft ausgestattet, einer ihr zu Füßen liegenden Presse gesegnet und mit einem Publikum versorgt, dass scharenweise zu ihren ereignisreichen Konzerten strömt, kehrt sie 2001 aus privaten Gründen nach Amerika, in die Nähe von Las Vegas, zurück.
Musikalische Experimente reizen sie seit eh und je. So veröffentlicht sie auf "Victim Of Love" aus dem Jahr 1989 ein Duett mit Ray Charles. Ein paar Auszeichnungen und etliche gefeierte Veröffentlichungen später, setzt sie 1997 mit "Dear Ella" zunächst ihrem großen Vorbild Ella Fitzgerald ein Denkmal, bevor sie sich 2002 mit "This Is New" an das Liedgut von Kurt Weill wagt.
In "J'ai Deux Amours" fasst sie 2005 ihre Zeit in Paris mit einem Repertoire aus französischen Liedern zusammen. Zwei Jahre darauf begibt sie sich in Mali auf die Suche nach ihren afrikanischen Wurzeln. 2010 erweist sie der legendären Billie Holiday mit "To Billie From Dee Dee" ihren Respekt. Doch verbleibt sie in erster Linie bei ihren ganz persönlichen Ursprüngen:
"Seit ein paar Jahren spüre ich tief in meinem Innersten, dass ich meine afrikanischen Wurzeln finden muss. Also hörte ich mir Musik aus verschiedenen schwarzafrikanischen Ländern an, in der Hoffnung, dass mich eine von ihnen mit einer besonderen spirituellen Kraft ansprechen würde. Genau das tat die Musik aus Mali."
Abermals von der Presse mit Lorbeeren bedacht, kredenzt Dee Dee Bridgewater auf "Red Earth" eine wahrhaftige Begegnung von World Music und Jazz, wie sie in der globalisierten Musikgeschichte bisher selten gelang. Seinen Titel verdankt das Album der roten Erde, die die Sängerin in Mali entdeckt und die der in ihrem Heimatstaat Tennessee ähnelt.
"Ich will lediglich ein Treffen der Kulturen arrangieren und dabei darauf verweisen, dass es auf musikalischer und gesanglicher Ebene Verbindungen, Vermengungen und Überschneidungen gibt", stapelt Dee Dee im Umfeld der Veröffentlichung tief.
2012 wird der Künstlerin eine besondere Ehrung zuteil: Für ihr bisheriges Gesamtwerk erhält sie den Edison Jazz Award. 2015 jährt sich das Gedenken an die Zerstörung, die der Hurrikan Katrina in New Orleans anrichtete, zum zehnten Mal. Aus diesem Anlass nimmt sie mit dem New Orleans Jazz Orchestra das Album "Dee Dee's Feathers" auf, eine Hommage an das kulturelle Vermächtnis der Stadt am Mississippi.
Mitstreiter und Orchesterleiter Irvin Mayfield zeigt sich von Dee Dees Leistung begeistert: "Sie beweist mit ihrem Können, dass 'Big Easy' nicht nur einfach eine Stadt ist, sondern vor allem eine Idee, die Herz und Seele berührt." Für die Sängerin selbst stellt dieses Album "eine Hymne auf das Leben" dar.
Noch keine Kommentare