laut.de-Kritik
Das Beste zum Thema World-Jazz seit langem.
Review von Kai KoppOK, man muss, um "Red Earth" ins Herz schließen zu können, den weltmusikalischen Anteilen musikkulturellen Schaffens gegenüber aufgeschlossen sein. Wenn das kein Problem darstellt, ist die Belohnung eine wahrhaftige Offenbarung. Das Beste, und ich meine "das Beste", was seit langem zum Thema World-Jazz veröffentlicht wurde. Dee Dee Bridgewater und ihre Gefährten zelebrieren eine Begegnung, wie nur wahre Liebe imstande ist, sie zu gestatten - und gegenseitiger Respekt. Vor diesem Hintergrund brauen die Protagonisten von "Red Earth" ein einzigartiges Amalgam. Jazz, der seine amerikanischen Traditionen atmet, verbrüdert sich mit der Musik Malis, dem Land, das vielen als der Ursprung des Blues gilt.
"Am Anfang gab es afrikanische Stammesmusik, diese entwickelte sich zu den Songs der Sklaven. Daraus wurde Blues, der die Geburtsstunde des Funk war". So hingebungsvoll schwärmt etwa Fatboy Slim von der Musik Malis. Mit dieser Aussage zollt er dem malischen Musiker Bassekou Kouyate, der auf "Red Earth" einen erheblichen Beitrag leistet, seinen Respekt. Bassekou Kouyate beherrscht sein Instrument, die afrikanische Bogenharfe Ngoni, meisterlich und ist ein gefragter und beliebter Sideman, wenn es um den Einbezug afrikanischer Musiktraditionen geht.
Dee Dee Bridgewater urteilt über sein kürzlich erschienenes Debütalbum "Segu Blu", es sei ein Muss für jeden, der neue musikalische Abenteuer suche und Taj Mahal beschreibt ihn als Genie, als lebenden Beweis, dass der Blues aus der Gegend von Segu stammen muss. Doch nicht ihm allein ist es zu verdanken, das "Red Earth" die Grenzen bisheriger World-Jazz-Fusionsprojekte sprengt.
Neben Kouyate schart Dee Dee Bridgewater eine hochkarätige Riege afrikanischer Musikschaffender um sich, die das Album an die Spitze der Fusionskunst hieven. Mit dabei der Keyboarder Cheick Tidiane-Seck, der Dee Dee Bridgewater bei ihrem ambitionierten Projekt in vielfältigster Weise zur Seite stand.
Außer ihm leisten die herausragenden Sänger und Sängerinnen Oumou Sangaré, Tata Bambo Kouyaté, Kasse Mady Diabaté und Ramata Diabaté ihren Beitrag. Vieux Touré und Djelimady Tounkara unterstützen an der Gitarre, Toumani Diabaté trägt mit seinem Kora-Spiel zur Qualität des Ausnahmealbums bei. Ali Wagué bedient die Peulh-Flöte, Kélétigui Diabaté das Balafon und Baba Sissoko ist an der Tamani-Trommel zu hören.
Für den Jazzpart sorgt Dee Dees derzeitiges Trio, das mit dem aus Puerto Rico stammenden Pianisten Edsel Gomez, dem Bassisten Ira Coleman und dem argentinischen Schlagzeuger und Perkussionisten Minino Garay besetzt ist. Gemeinsam erschaffen sie eine World-Jazz-Perle von seltener Schönheit, Eleganz und kreativer Leidenschaft, wie sie leuchtender nicht strahlen könnte.
"Seit ein paar Jahren spüre ich tief in meinem Innersten, dass ich meine afrikanischen Wurzeln finden muss", beschreibt Dee Dee Bridgewater ihre Motivation, sich auf die Suche nach ihrem afrikanischen Erbe zu begeben. "Also hörte ich mir Musik aus verschiedenen schwarzafrikanischen Ländern an, in der Hoffnung, dass mich eine von ihnen mit einer besonderen spirituellen Kraft ansprechen würde. Und genau das tat die Musik aus Mali."
Ihr Ziel, zu den "eigentlichen Wurzeln des Jazz und Blues" sowie ihrer eigenen Geschichte als Afro-Amerikanerin vorzudringen, erreicht Bridgewater auf allen Ebenen. Auf "Red Earth" stimmt einfach alles. Das sorgsam zusammengestellte Repertoire, die Auswahl der Mitwirkenden, die Arrangements, der Gesamtklang, und und und.
Die Song-Auswahl auf "Red Earth" besteht zwar vor allem aus traditionellen Mandingo-Stücken aus Mali, aber auch den höchst eigenwilligen Interpretationen von Jazz-Klassikern frönt die Truppe voller Hingabe. Zu Letzteren gehört Mongo Santamarias "Afro Blue", Nina Simones "Four Women", Wayne Shorters "Footprints" und der dank Les McCann und Eddie Harris bekannt gewordene Gene McDaniels-Song "Compared To What".
Die inspirierende Musiktradition Malis, die durch die übrigen Titel repräsentiert wird, zog bereits in der Vergangenheit experimentierfreudige Pop-, Rock- und Bluesstars wie Ry Cooder, Taj Mahal, Bonnie Raitt, Bruce Cockburn und Damon Albarn (Blur, Gorillaz, The Good, The Bad & The Queen) in ihren Bann. Nun lässt sich auch Dee Dee Bridgewater inspirieren und es ist eine Ehre daran Teil haben zu dürfen.
73 Kommentare, davon 72 auf Unterseiten
Endlich in meinem Besitz, es ging ein wenig unter, aber es ist mir ja letztendlich nicht weggelaufen.
Das wohl afrikanischste Album von ihr seit vielen vielen Jahren, die Créme de la Créme Malis ist hier versammelt und sorgt zusammen mit Dee Dee für ein spirituelles Feuerwerk aus Afro Roots & Blues ´n´ Jazz.
Alben wie dieses verleihen dem Begriff "Weltmusik" den Glanz, der ihm eigentlich gebührt.
"Dee Dee" (Track 3) ist mein momentaner heimlicher Favorit, ganz großes Afro-Mali-Kino.