laut.de-Kritik
Im Feature-Fieber mit Tom Morello, Poppy und Electric Callboy.
Review von Emil DröllMit Babymetal ist es vermutlich selten Liebe auf den ersten Blick. Als ich die Band das erste Mal – nicht ganz freiwillig – live erlebt habe, fand ich es vor allem verstörend. Im Moshpit von Menschen mit Katzenohren verprügelt zu werden, hinterlässt Spuren. Am nächsten Festivaltag traten Electric Callboy auf. Und siehe da: "RATATATA" hat mich so sehr überzeugt, dass ich Babymetal doch noch eine Chance gab. Und das war gut so – Liebe auf den zweiten Blick.
Beim neuen Album ist mal wieder der Name Programm. "Metal Forth" ist das fünfte Studioalbum von Babymetal und macht wieder muntere Ausflüge in unzählige Genre-Schubladen. Dass "RATATATA" das Aushängeschild des Albums ist (zumindest in Deutschland), überrascht nicht. Japanischer Kawaii trifft auf deutschen Metalcore. Die seit über einem Jahr gefeierte Single hat sich längst in die DNA der Szene eingebrannt. "When it goes (ra-ta-ta-ta-ta-ta), my body is a weapon" – eine Hook, die kleben bleibt. Getragen vom herausragenden Drumming, schraubt sich der Song zum ultimativen Hypebeast hoch.
Doch es geht noch besser. Zwei Tracks stellen den Hit sogar in den Schatten: "from me to u" präsentiert Babymetal zunächst in verspielten englischen Vocals, bis plötzlich Poppy um die Ecke biegt – und losbrüllt, als hätte sie Bryan Garris auf "Suffocate" die Stimme geklaut. Brutale Beatdowns, Blastbeats, abrupte Wechsel zwischen Melodie und Wahnsinn – dieser Song ist eine Achterbahnfahrt in Bestform.
"My Queen" ist ein weiterer Höhepunkt. Hier treffen Babymetal auf Courtney LaPlante und Spiritbox. Fast komplett auf Japanisch gesungen, wirkt der Song dennoch wie aus einem Guss – Poppys Spirit boxt sich auch noch auf diesen Track, ohne aber kopiert zu werden. Eine Fusion aus viel zu seltenem Female-Fronted Metal und musikalischer Präzision.
"Song 3" setzt das Konzept der Gegensätze fort: Alex Terrible von Slaughter To Prevail growlt so tief wie möglich, während Suzuka Nakamoto in hoher Tonlage dagegenhält. Der vielleicht brutalste Track des Albums – aber nicht der beste. "Kon! Kon!" fühlt sich an wie eine echte Indian Folk-Japan-Kollaboration: Babymetal klingen, als wären sie schon immer Teil des Bloodywood-Kosmos gewesen. Raoul Kerr bringt mit seinen Rap-Parts die nötige Würze. Eine überraschend runde Sache.
Auch "METALI!!" mit Tom Morello überrascht: Zwischen Volkslied, Stadionhymne und orientalischem Einschlag wird alles in einen Topf geworfen – und es funktioniert. Random, neu, geil. Beide Songs erinnern ein wenig an Sepultura, ohne irgendetwas zu kopieren. Mit "Algorism" zeigen Babymetal endlich, dass sie auch ohne Feature glänzen können. Der Song klingt wie ein Attack On Titan-Abspann, ohne sich dabei in Kitsch zu verlieren. Suzuka Nakamotos Stimme wirkt gereift, stark und souverän.
Doch hier liegt auch das große Problem des Albums: Babymetal liefern einen echten Banger – und viele Gastbeiträge. Zu viele. Man hat zunehmend das Gefühl, dass jeder mal mit Babymetal arbeiten möchte, einfach weil sie als frischer Wind in der Szene gelten. So entsteht ein Album, das zu 70 Prozent aus Feature-Tracks besteht – von denen die meisten glänzen. Doch bei den wenigen Songs ohne Gäste hapert's dann leider im Vergleich.
"KxAxWxAxIxI" kommt zwar komplett ohne Feature aus und bricht bewusst mit allen Genre-Konventionen – irgendwo zwischen Super Mario-Soundtrack und Heavy Metal. Leider zündet der Track nicht ganz, auch weil er mit 2:35 Minuten viel zu kurz ist. Stark begonnen, den Absprung aber nicht geschafft.
"White Flame ー白炎ー" ist der längste Track der Platte, thrashig, mit wilden Gitarrenläufen, fast schon Guitar Hero-Style. Aber das wirkt zu glatt produziert, zu gewollt episch – und verliert dadurch an Wirkung.
Auch "Sunset Kiss", die Kollaboration mit Polyphia, enttäuscht. Der Track beginnt wie eine sommerliche Pop-Romanze, driftet dann in Elektro-Metal ab und hätte das Zeug zum Epos – wenn da nicht dieses überladene Gitarrenspiel wäre. Polyphia eben. Geschmackssache.
"Metal Forth" ist ein Album, das fast vollständig auf Features setzt – was einerseits frischen Wind bringt, andererseits aber auch ein Ungleichgewicht erzeugt. Die eigene Identität von Babymetal tritt dabei oft in den Hintergrund. Trotzdem: Wer die erste Enttäuschung über das Fehlen eines echten Signature-Sounds überwindet, findet sehr starke Tracks und ein mutiges Crossover-Konzept. Auch ganz ohne Katzenohren.
5 Kommentare mit 3 Antworten
Fucking Weebs.
"Die seit über einem Jahr gefeierte Single hat sich längst in die DNA der Szene eingebrannt."
Welche Szene soll das sein? Die Monster Energy saufenden EMP-Backstage Club-Anhänger im Five Finger Death Punch-Hoodie?
Fickend Electric Callboy in lobender Erwähnung zu einer Single mit Babymetal. Ich kann nimmer.
Schon dröllig. Aber besser als Dröll.
Eine wichtige und richtige Band, alleine schon um die Genre-Gatekeeper anzupissen
Ein wichtiger und richtiger Kommentar, alleine schon um des Kommentierenswillen, da man die Gatekeeper immer und ausnahmslos anpissen sollte, völlig egal bei welchem Genre und welcher Output dahinter steckt, schließlich sollte es ja um die Sache an sich gehen und nicht um die Musik, hm, moment ...warte mal...ach, egal.
Find ich auch. Nach der neuen Turnstile ist das hier die zweitbeste Hardcore-Platte dieses Jahr.
Nein, The Armed fegt alles weg dieses Jahr. Die neue Babymetal ist eher das beste Progmetal-lateinasiatischer-Blackgaze-Albung.
Grausam.