Porträt

laut.de-Biographie

Slaughter To Prevail

Fans von Slaughter To Prevail haben schon so ziemlich alles zu sehen bekommen: Panzer, Waffen, Gewalt, Blut. Dass Sänger Alex Terrible (bürgerlich: Aleksandr Shikolai) in einigen Clips mit einem ausgewachsenen Grizzlybären ringt, wirkt da fast schon selbstverständlich. Die brachiale Optik passt zur Musik, dem trockenen, ultraharten Deathcore, dem man die Ernsthaftigkeit der Band ohne Zögern abkauft.

Slaughter To Prevail: "Russian Grizzly ..." kündigt Album an Aktuelle News
Slaughter To Prevail "Russian Grizzly ..." kündigt Album an
"Russian Grizzly In America" ist bereits die sechste Single: Das neue Slaughter To Prevail-Album "Grizzly" featuret Ronnie Radke von Falling in Reverse und Babymetal.

Den Erfolg von Slaughter To Prevail kann man ohne Umschweife Alex Terrible zuschreiben. Bevor die Band überhaupt existierte, war er mit seinen tiefen, gutturalen Vocals schon längst ein virales Phänomen auf YouTube. Seine Cover – darunter Twenty One Pilots-Songs im Deathcore-Gewand – wurden millionenfach geklickt. Die rohe Energie seiner Stimme faszinierte ebenso wie der Kontrast zwischen Songauswahl und Darbietung.

Musikalisch beeinflussten ihn vor allem Szenegrößen wie Suicide Silence und Bring Me The Horizon. Letztere in ihrer frühen, harten Phase – noch weit entfernt vom heutigen Pop-Metal. Seine Erkenntnis: Eine starke Band braucht Zeit. Als Teenager suchte er lange nach Mitmusikern, die seinem Level entsprachen. Doch oft fehlte es an Können oder Einsatz. Also drehte er den Spieß um und startete seinen eigenen YouTube-Kanal – mit vollem Fokus auf seiner Stimme.

Über Facebook wurde schließlich Jack Simmons auf ihn aufmerksam – vormals Gitarrist der UK-Deathcore-Band Acrania. Als Terrible Mitschnitte hörte, war für ihn klar: Er ist der Richtige. Die neue Band von Simmons und Terrible wurde 2014 zunächst unter dem Namen We Are Obscurity gegründet, benannte sich dann aber bald in Slaughter To Prevail um. Die Idee: ein internationales Projekt mit russischem Kern. Da Terrible kaum Englisch sprach, rekrutierte man zunächst Musiker aus Russland, plante Tourneen in Europa und Amerika – und arbeitete sich schrittweise voran. Doch mit der Zeit zeigte sich: Auch hier stimmte die Chemie nicht dauerhaft. Also folgten weitere Umbesetzungen.

2015 zündete dann die erste große Stufe: Die Debüt-EP "Chapters Of Misery" schlug in der Szene ein. Kurz darauf kam der Vertrag bei Sumerian Records. Slaughter To Prevail wurden als Support für Größen wie Cannibal Corpse eingeplant – doch Probleme mit US-Visa machten die Pläne zunichte.

2017 folgte das erste Album "Misery Sermon", das die rohe Wut der Band erstmals im Langformat auf den Punkt brachte. Den globalen Durchbruch markierte aber die 2020er-Single "Demolisher". Der Song explodierte im Netz, die markerschütternden Pig Squeals und die massive Produktion setzten neue Maßstäbe im Genre. Texte voller Hass, Schmerz und nihilistischer Gewalt prägen das Gesamtbild.

Dann kam die Realität außerhalb der Musik ins Spiel: Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine wurde die Frage nach politischer Haltung plötzlich unausweichlich – auch für Slaughter To Prevail. Bis dahin hatte sich die Band bewusst aus allem Politischen herausgehalten. Doch im Angesicht des Kriegs wurde Alex Terrible deutlich: "Wir sind gegen den Krieg. Wir sind gegen jeden Krieg." Er bat darum, die russische Zivilbevölkerung nicht mit ihrer Regierung gleichzusetzen. "Ich wünsche euch einen wundervollen, friedlichen Himmel über euren Köpfen – ein fast poetischer Satz, der in Kontrast zur martialischen Ästhetik der Band steht.

Doch das Statement hatte Gewicht – denn zu diesem Zeitpunkt lebte Shikolai noch in Russland. Mit dem Song "1984" – benannt nach George Orwells dystopischen Klassiker – wandte sich die Band direkt gegen Gewalt, Zensur und politischen Fanatismus. Die Botschaft "Please stop the violence, please stop the bloodshed on Earth" richtete sich offen gegen das System Putins. Danach war klar: Ein Verbleib in Russland war keine Option mehr.

Slaughter To Prevail verlagerten ihren Lebensmittelpunkt in die USA, genauer nach Orlando, Florida. Hier war nicht nur die kreative Arbeit einfacher – auch Tourneeplanung, Visa-Angelegenheiten und der Merch-Vertrieb ließen sich aus den Staaten besser organisieren. Obwohl die Diskografie der Band noch überschaubar ist, hat sich STP längst einen Status erarbeitet, der weit über den Deathcore-Kosmos hinausstrahlt. Ihre brutalen Musikvideos sind so extrem, dass sie regelmäßig selbst algorithmische Grenzen sprengen – Terrible ringt mit Bären, trägt goldene Dämonenmasken, schlägt sich bei Konzerten mit dem Mikrofon den Kopf blutig. "Das ist Heavy Metal", kommentiert er solche Szenen nüchtern.

Doch auch Negativschlagzeilen prägen die Karriere der Band, gezeichnet durch Vorwürfe des Rechtextremismus und Sexismus gegen Alex Terrible. Dem Sänger wurden wegen zwei rechtsextremen Tattoo-Motiven und Kontakten zu rechtsextremen Musikern Vorwürfe gemacht. In einem Statement dazu sprach er sich gegen Rechtsextremismus aus und verwies auf seine durch Drogenkonsum geprägte Jugend im russischen Untergrund, wo er sich mit den falschen Leuten abgegeben habe. Die beiden Tattoos hat der Sänger überdecken lassen.

In einem Social Media Clip hat sich Terrible zum Thema "echte Männer" geäußert, in dem er auf darauf anspielt, dass "echte Männer" an Frauen interessiert sein müssten. In einem anschließenden Statement sagte er, es sei ihm egal, welche sexuelle Gesinnung die Menschen haben. Mit der Aussage "Ich hasse Propaganda in jeglicher Form, vor allem wenn sie versucht, Kinder zu 'brainwashen'" im Zuge ebendieses Statements, entfachten neue Diskussionen über Terribles Ansichten.

Abseits der Kontroversen gelten Slaughter To Prevail live als absoluter Ausnahme-Act: gigantische Wall of Deaths, Moshpits in Festivalgröße, eine Bühne voller Masken und Energie. Die Band ist dabei längst mehr als nur ein Musikprojekt – Alex Terrible hat sich zur Kultfigur hochkatapultiert, mit eigenem Masken-Merch, Workout-Videos und unzähligen viralen Clips.

"Ich fand es schwer, eine neue Band (zum Hören) zu finden, die heavy, aggressiv und hardcore ist. Wir wollten das machen mit Slaughter To Prevail. Wie ein Back in the Days Hatebreed", beschreibt Terrible den Stil. "Wir vermissten die alten Vibes, also haben wir sie gebracht". Auch die Sprache ist Teil des Konzepts: Englisch mischt sich mit Russisch, eine weitere Eigenheit im internationalen Deathcore.

Mit dem zweiten Album "Kostolom" (2021) zeigte die Band dann neue Facetten. Songs wie "Baba Yaga" mischen Terribles infernalisches Growling mit überraschend melodischem Gesang. Pinch Harmonics, Nu-Metal-Elemente und Groove-Riffs erinnern dabei durchaus an Slipknots "Iowa" – musikalisch wie optisch scheinen sich die beiden Maskenbands in derselben dunklen Welt zu bewegen. Slaughter To Prevail bleiben ein Ausnahmephänomen: brutal, extrem, kompromisslos – und doch irgendwo zwischen Internet-Hype, politischer Relevanz und echter musikalischer Wucht.

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  • Offizielle Seite

    Tourdaten, Merch, Kontaktformular und Verweise auf die Social Media-Seiten

    https://www.slaughtertoprevail.com/

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