Porträt

laut.de-Biographie

Galya Bisengalieva

Als Leiterin des London Contemporary Orchestras kollaboriert Galya Bisengalieva regelmäßig mit international bekannten Namen. Auf ihren Soloplatten gießt die Geigerin und Komponistin die Vergangenheit ihres Heimatlandes Kasachstan in experimentelle Töne.

Galya Bisengalieva - Polygon Aktuelles Album
Galya Bisengalieva Polygon
Über nukleare Bedrohung und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Galya Bisengalieva erblickt in Almaty, der größten Stadt Kasachstans, das Licht der Welt. Als Tochter einer Cellistin und eines Geigers kommt sie schon sehr früh mit Musik in Berührung, wächst jedoch in ziemlich ärmlichen Verhältnissen auf. Auch ihre Großeltern haben eine musikalische Vergangenheit hinter sich. Die Großmutter singt nämlich Volkslieder und der Großvater war als Dombraspieler einer der ersten Musiker, die man in der Sowjetära auf Schallplatte verewigt hatte. Mit dem Geigespielen fängt Galya im Alter von fünf Jahren an.

Der Weg aus der Armut bietet sich mit ungefähr dreizehn Jahren durch ein Stipendium an der Royal Academy in London, wo sie Geige studiert. Ihr Wissen vertieft sie am Royal College of Music. Beim London Contemporary Orchestra, ein Orchester, das insbesondere die zeitgenössische Musik, von neuer Musik über Elektronik bis hin zu Crossover fördert, ist sie seit der Gründung 2008 mit dabei. Als Leiterin realisiert sie im Laufe der Zeit verschiedene Sachen wie Filmsoundtracks ("Suspiria" "Im Westen nichts Neues") oder elektroakustische Konzerte und arbeitet mit popkulturellen Acts wie Actress, Radiohead, Frank Ocean oder Taylor Swift zusammen.

Nach der kammermusikalischen Einspielung "Bow" unter der Leitung von Isaiah Ceccarelli macht sie 2018 und 2019 mit den Kurzformaten "EP One" und "EP Two", die sie auf ihrem eigenen Label Nomad Music Productions veröffentlicht, als Solokünstlerin erstmalig auf sich aufmerksam. Die erste EP ruft die Kritiker von Pitchfork und The Quietus auf den Plan, die das Werk wohlwollend aufnehmen.

Ihr Debüt "Aralkum" veröffentlicht die kasachisch-britische Künstlerin 2020. Auf dem beschäftigt sie sich mit der langsamen Austrocknung des Aralsees. Musikalisch bekommt man es mit mit atmosphärischen Drones und experimentellen, oftmals mehrschichtigen und manipulierten Geigentönen zu tun, die etwas Bedrohliches und Unbehagliches vermitteln. Ein Remixalbum namens "Aralkum Aralas" erscheint ein Jahr später. Auf dem stellen unter anderem Actress, Moor Mother oder Jlin die Tracks zum Teil in einem clubmusikalischen Kontext. 2022 komponiert die Geigerin und Komponistin den Soundtrack für den Netflix-Kurzfilm "Hold Your Breath: The Ice Dive".

 - Aktuelles Interview
Galya Bisengalieva "Meine Musik führt an dunkle Orte"
Die Geigerin über musikalische Wurzeln und ihr Album über das Atomwaffentestgelände Semipalatinsk.

Auf "Polygon" widmet sich Galya ein Jahr später thematisch dem Atomwaffentestgelände Semipalatinsk im Nordosten Kasachstans, auf dem die Sowjetunion von 1949 bis 1989 456 Atombombentests durchgeführt hatte. Auch heute noch haben die Tests spürbare Auswirkungen auf die anliegende Bevölkerung wie hohe Krebsraten und vergiftetes Trinkwasser aufgrund des Plutoniumgehalts.

Auf dem Album verbinden sich repetitive Rhythmen, schwere Beats, dunkle Streichersounds, atonale Harmonien, fimmusikalische und traditionelle kasachische Einflüsse sowie ambiente Klänge zu etwas Dunklem und Eindrücklichem. Dabei bleibt auch Platz für leise Momente der Hoffnung. Die Platte stellt Galya Bisengalieva im November im Londoner Institute of Contemporary Arts in Großbritannien und 2024 in Europa sowie dem Rest der Welt live vor.

Die kasachisch-britische Künstlerin schreckt also vor schwierigen Themen nicht zurück und macht mit ihrer Musik auf Dinge ihres Heimatlandes aufmerksam, über die man im Westen nur wenig weiß.

Interviews

Alben

Galya Bisengalieva - Polygon: Album-Cover
  • Leserwertung: 3 Punkt
  • Redaktionswertung: 4 Punkte

2023 Polygon

Kritik von Toni Hennig

Über nukleare Bedrohung und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. (0 Kommentare)

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