laut.de-Biographie
Gogol Bordello
Wer denkt, Gogol Bordello sei ein ungewöhnlicher, verwirrender Bandname, dürfte mit der Beschreibung ihrer Musik auch so seine Probleme haben. Es handelt sich um "ukrainisches Zigeuner-Punk-Cabaret", wie Chefideologe Eugene Hütz erläutert. Oder, wie ihr erstes Label über das Album "Multi Kontra Culti Vs. Irony" wissen lässt: "Gogol Bordello ist die Genese einer neuen Ästhetik, die die Lücke zwischen osteuropäischer und Sinti- und Roma-Kultur mit der westlichen überbrückt."
Bescheidenheit ist offensichtlich nicht Hütz' Sache. 1972 im ukrainischen Kiew geboren, verschlägt es ihn in den neunziger Jahren mit Zwischenstationen in Italien, Österreich, Ungarn und Polen nach New York. Dort trifft er auf weitere Aussiedler aus Osteuropa und Israel. Gemeinsam mit einem "einsamen Amerikaner" (Hütz) gründen sie 1999 Gogol Bordello. Die Benennung leiten sie vom Nachnamen des russischen Schriftstellers Nikolaj Gogol sowie der politisch korrekten Bezeichnung für einen Puff ab.
Hütz entwickelt eine eigene Sprache, mit der er seine Erfahrungen verarbeitet. Mit ihren wilden Bühnenshows macht sich die Truppe bald einen Namen. Neben einer Reihe an Musikinstrumenten, darunter Gitarre, Akkordeon, Geige, Saxophon und Schlagzeug, sind auf der Bühne auch immer wieder Zirkuskünstler, wilde Tiere, Feuerwerke, mongolische Chöre oder vergleichsweise zahme Bläsergruppen zu sehen. Die Auftritte sind bunt und energiegeladen, die Kostümierung übernimmt die Designerin Rachel Comey.
Das Ergebnis hört sich an wie eine Mischung aus den Chaotentruppen Mano Negra und Leningrad Cowboys: politisch auf der einen, Spaß suchend auf der anderen Seite. Jim Sclavunos, Schlagzeuger bei Nick Caves Bad Seeds, ist so begeistert, dass er extra ein Label gründet, um ihr erstes Album zu veröffentlichen.
Mit einem Fuße in New York - freitags sind Gogol Bordello regelmäßig in der Pussy Cat Lounge, 96 Greenwich Street zu sehen - erhöht sich ihr Bekanntheitsgrad auch außerhalb der Stadt. Beim 2005 erscheinenden Viertling "Gypsy Punks - Underdog World Strike" sitzt Steve Albini (unter anderem Nirvana, Page & Plant) am Produzententisch. Im selben Jahr ist Hütz an der Seite von "Herr Der Ringe"-Darsteller Elijah Wood im Kinofilm "Alles Ist Erleuchtet" zu sehen, bei dem im Abspann auch die Gogol-Granate "Start Wearing Purple" zu hören ist.
Zwei Jahre später und nach unzähligen Konzerten (etwa im Vorprogramm von Danko Jones und Primus) erhalten Gogol Bordello von Pop-Diva Madonna die Einladung, in ihrem Regie-Debüt "Filth And Wisdom" mitzuwirken. Zu der Zeit haben sie die Arbeiten an ihrem nächsten Album "Super Taranta" bereits abgeschlossen. Noch bevor dieses in den Läden steht, treten sie an der Seite des Superstars im Rahmen des Live Earth-Festivals im Londoner Wembley Stadion auf.
Die Mainstream-Welt scheint endgültig geknackt. Für die Produktion des nächsten Longplayers "Trans-Continental Hustle" engagiert Hütz Rick Rubin, für die UEFA Euro 2012 spielt die Band den Coca Cola-Song "Let's Get Crazy" ein. Einen kurzen Moment lang scheinen Gogol Bordello die Bodenhaftung zu verlieren, schalten aber 2013 gerade noch rechtzeitig mit "Pura Vida Conspiracy" einen Gang zurück. Bis "Seekers & Finders" erscheint, ziehen dann satte vier Jahre ins Land.
In einem Interview erklärt Sänger Eugene Hütz: "Das ganze Universum hat sich dazu verschworen, den Menschen Gutes zu tun, aber die meisten von uns erkennen das nicht. Sie sehen das Leben als Feind und konzentrieren sich nur auf die negativen Dinge. Unsere Musik soll bewirken, was jede Art von guter Kunst bewirken soll. Sie ist wie ein Portal in den Geist. Am Ende unserer Konzerte kommen die Leute oft zu uns und sagen, sie waren frei von all dem Mist, den man sonst die ganze Zeit im Kopf hat. Also, herzlich willkommen, sei unser Gast!"
Noch keine Kommentare