Porträt

laut.de-Biographie

Ian

Die Geschichte der Gimmick-Rapper ist lang und belastend. Die Liste der Rapper, die ihr Rap-Gimmick über kurz oder lang überwinden konnte, ist dagegen bedeutend kürzer. Ein Rapper, der nur auf den mononymen, ungooglebaren Rapper Ian hört, könnte sich auf der kurzen Liste platzieren. Und bedenkt man die ersten Eindrücke, die die Szene von ihm hatte, sah das wohl nicht jeder kommen.

Ian - 2005 Aktuelles Album
Ian 2005
Kampf um Anerkennung in einer hämischen Hip Hop-Szene.

Der 2005 geborene Ian O'Neill Smith ist auf eine paradoxe Art und Weise wirklich genau das, was er als Rapper verkörpert. Der in St. Louis geborene Junge geht in Dallas auf die Jesuit College Preparatory School of Dallas, wo er Talent für Rugby zeigt. Er ist also wirklich nach allen Regeln der Kunst ein Prep-Boy, wohlhabende Eltern und gute Zukunftsaussichten inklusive.

Es ist überhaupt nicht unorthodox, dass so ein Kerl in seinem Alter exzessiv den Trap der Zehnerjahre ballert. Es ist auch überhaupt nicht untypisch, dass er ein bisschen damit herumspielt, eigene Rapper-Tagträume zu hegen. Aber dass aus den Tagträumen tatsächlich etwas überregional Relevantes wächst, das passiert doch eher selten. Aber Ian hat einen Plan: Wenn man so will, könnte man es radikale Realness nennen. Er macht zwar genau den Trapsound, den er selbst geil findet, aber er stellt sich zu maximalem Effekt als Prep Boy in Szene gesetzt in seine Musikvideos.

Und das finden nicht alle geil. Auf den ersten Blick wirkt er wie ein Kerl, der den Kontrast zwischen Hip Hop-Kultur und der weißen Vorstadt zu komödiantischem Effekt ausschlachtet. Er weiß, dass er dadurch ein Avatar all der anderen weißen Kids wird, die in der Rapmusik allerhöchstens Zaungäste sind. Eine virale On The Radar-Performance bestückt er zum Beispiel so, dass er an die Stelle des Videos, wo sonst Rapper mit ihren Freunden und ihrem Block Randale machen würden, einen gedeckten Esstisch mit seiner erweiterten Familie aufbaut. Man versteht, warum es Aufmerksamkeit erregt. Aber man versteht auch, warum die Leute in der Szene ihn nicht für jemanden halten, der große, aufregende musikalische Ambitionen hegt.

Trotzdem: Der Kreislauf der Viralität zahlt sich für Ian erst einmal solide aus. Seine Single "Figure It Out" schafft es 2024 auf Lyrical Lemonade und eröffnet sein erstes Mixtape "Valedictorian". Ein Kritikerliebling wird er zwar beileibe nicht damit, aber ein kleiner Song auf der Deluxe-Edition schlägt überraschende Wellen: "Magic Johnson" wird ein absoluter Durchbruch-Track, schafft es in die Bubblig Under-Charts und geht insgesamt Gold. Er legt direkt darauf mit dem Tape "Goodbye Horses" nach.

Das ist die Stelle, an dem es der Szene ein bisschen zu bunt wird. Unter anderem haut ein angepisster Tyler The Creator Ian in einem Interview ordentliche Vorwürfe an den Kopf. Nicht weniger als alles, was in der Szene schieflaufe, sei der Junge. Was sagt man dazu? Ian scheint hin und hergerissen, ob er das jetzt als Beef oder als Feedback annehmen soll. Seine Karriere läuft nicht unbedingt schlechter - sein Lil Yachty-Feature "Hate Me" wird sein erster richtiger Billboard-Hit. Trotzdem merkt man, dass sich etwas verändert. Seinem 2025-Album "2005" spürt man den Versuch positiv an, auf die Stimmung in der Szene einzugehen.

Wird es genug sein, ihn von der Shitlist zu nehmen? Wer weiß. Am Ende des Tages profitierte seine respektloseste Musik am meisten von seiner Hautfarbe. Der Gimmick-Effekt brachte ihm viel Aufmerksamkeit ein, die die bessere Musik sich jetzt auf einem hochkompetitiven Markt erkämpfen werden muss. Aber trotzdem, selbst wenn es nicht klappt, kann Ian wahrscheinlich erhobenen Hauptes dastehen. Denn den Moment und die Steigerung kann ihm niemand absprechen.

Alben

Ian - 2005: Album-Cover
  • Leserwertung: Punkt
  • Redaktionswertung: 2 Punkte

2025 2005

Kritik von Yannik Gölz

Kampf um Anerkennung in einer hämischen Hip Hop-Szene. (0 Kommentare)

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