laut.de-Biographie
Ian Gillan
Wer besitzt die markanteste Stimme im härteren Rockbusiness? Ein Titel, um den sich Robert Plant und Axl Rose in einem theoretischen Wettbewerb streiten dürften, auf den sich aber sicherlich auch Bruce Dickinson und eben Ian Gillan Hoffnung machen könnten.
1945 in London geboren, singt Gillan 1969 in einer Band namens Episode Six. Sein beeindruckendes Organ, das vier Oktaven umfasst, überzeugt Jon Lord und Richie Blackmore, Gillan nach einem Konzert anzusprechen. Sie sind Mitglieder der aufstrebenden Combo Deep Purple und auf der Suche nach einem neuen Sänger.
Mit Gillan erleben DP in den folgenden Jahren ihre kreativste Phase. Auf das kuriose Rock Meets Classic-Album "Concerto For Group And Orchestra" (1969) folgen "Deep Purple In Rock" (1970), "Fireball" (1971), "Machinehead" (1972) und als Zusammenfassung von alledem "Made In Japan" (1972), das als eines der besten Livealben aller Zeiten gilt. Obwohl Gillan im Nachhinein behauptet, erkältet gewesen zu sein, singt er die virtuosen Lord (Orgel) und Blackmore (Gitarre) an die Wand.
Das schwierige Verhältnis zu Blackmore führt 1973 zu einer ersten Trennung. Gillan genießt, auch dank seiner Interpretation Jesu in der Originalfassung des Musicals "Jesus Christ Superstar", einen Ausnahmestatus und nimmt sich erst einmal eine Auszeit. Auf "Child In Time" (1976) orientiert sich seine Ian Gillan Band eher an jazz-rockigen Klängen, auf die die alten Fans mit Zurückhaltung reagieren. 1978 nennt sich die Combo in Gillan um und kehrt zum gewohnten Hardrock zurück. Das Ergebnis ist der Sprung in die Charts: "Glory Road" und "Future Shock" (beide 1980) erreichen Platz drei und zwei in der britischen Hitparade.
1983 kommt es zu einem kuriosen Gastspiel: Gillan tritt den vermeintlichen Rivalen von Black Sabbath bei. Mit dem Ergebnis, "Born Again", ist keiner richtig zufrieden. Weder der Sänger, der das Cover "zum Kotzen" findet, noch die Fans beider Lager. Bei Auftritten singt Gillan Material aus den Zeiten Ozzy Osbournes, während Butler & Iommi "Smoke On the Water" über sich ergehen lassen müssen. Das Experiment ist nur kurzlebig.
Dafür raufen sich Blackmore und Gillan wieder zusammen. 1984 veröffentlichen Deep Purple mit "Perfect Strangers" eines ihrer besten Alben, gefolgt 1987 von "House Of The Blue Light". Trotz längerer Pausen kommt es auf Tour immer wieder zu Spannungen. 1989 fliegt Gillan aus der Band, ein Jahr nach seiner Rückkehr 1992 ist es Blackmore, der mitten auf Tour plötzlich und endgültig die Segel streicht. "Es gibt ein paar persönliche Dinge, wegen derer ich niemals wieder mit Richie reden werde", erklärt Gillan 2006 in einem Interview.
1990 veröffentlicht Gillan sein erstes echtes Soloalbum jenseits der Ian Gillan Band. "Naked Thunder" enthält eine Fülle gut abgehangenen Hardrocks. Besonders herausragend ist vor allem das letzte Lied "No More Cane On The Brazos". Es handelt sich um eine epische zehnminütige Ballade, die mit ihrer hypnotischen Melodie und dem gefühlvoll leidenschaftlichen Gesang des Meisters viele Deep Purple Songs in den Schatten stellt. In Europa sind Presse und Fans von diesem Werk gleichermaßen angetan. Ein Release in den Staaten findet aus unbekannten rechtlichen Gründen gleichwohl nicht statt. Die anschließende Tour Gillans ist Balsam für seine Blackmore-geschundene Seele. Unverkrampft und humorvoll wie selten lebt er auf der Bühne sichtlich wieder auf und findet den Spaß am musizieren wieder.
1996 kehrt er zu Deep Purple zurück. Seitdem hat die Band mehrere solide, wenn auch nicht bahnbrechende Alben veröffentlicht und geht regelmäßig auf Tour. Nebenbei setzt Gillan seine Solokarriere fort. 1997 erscheint "Dreamcatcher", 2006 "Gillan's Inn", auf dem sich wenige neue und viele alte Stücke in neuen Interpretationen befinden. Mit von der Partie sind unter anderen Joe Satriani, Janick Gers, Jeff Healey, Ronnie James Dio, Joe Elliot sowie alte und neue DP-Kollegen.
Mit dem Material begibt sich Gillan im selben Jahr auf eine Clubtour durch die USA und Kanada, von der "Live In Anaheim" (2008) Zeugnis abliefert. Der bekennende Whisky-Trinker und Dunhill-Raucher beweist dabei, dass die Zeit nur wenig an seiner Stimme gekratzt hat.
2009 bringt er das Gillan-Album "One Eye To Morroco" auf den Markt. Mit der selben Truppe der letzten Tour spielt er eine Platte ein, die neben typischem Rock/Blues der Marke Gillan auch soulige Balladen enthält.Sogar Einflüsse orientalischer Musik sind in die Arrangements einger Kompositionen eingeflossen.
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