laut.de-Kritik
Der tiefviolette Rockveteran verkommt zum Lila-Launebär.
Review von Ulf KubankeNach der erfolgreichen und überzeugenden Solo-Tour hat sich der weltbekannte Deep Purple-Frontmann hingesetzt und neues Songfutter für die Fangemeinde komponiert. Es scheint fast überflüssig zu erwähnen, dass ein Mann mit mehr als 40 Jahren Rockgeschichte auf dem Buckel niemandem mehr etwas beweisen muss. Dennoch versucht er es mit knapp 65 Jahren und scheitert dabei grandios auf nicht immer hohem Niveau.
Schon im Vorfeld erklärte Gillan, sich musikalisch mehr den Facetten der Black Music zu widmen. Rein quantitativ betrachtet ist ihm das auch gelungen. Die kompositorische Qualität hinkt dennoch weit hinter den einstigen Stärken des Metal-Pioniers her.
Gleich zu Beginn offeriert er dem Hörer mit "One Eye To Morocco" ein biederes Oriental-Pop Stück ohne jeden Druck; dafür aber mit einer gehörigen Portion Schlagerappeal. Das folgende "No Lotion For That" ist stereotyper Rock'n'Roll aus der Backförmchenfabrik der Gitarrenmucke. Wiedererkennbarkeit? Fehlanzeige!
"Don't Stop" bietet handwerklich schöne Gitarrenarbeit mit ein paar überflüssigen Bläsergimmicks. Der Track selbst ist plattest komponiert und hat noch nicht einmal einen echten Refrain.
"Girl Goes To Show" ist ein echtes Highlight. Das Einzige! Einprägsamer Plasticsoul mit schön melancholischem Refrain. Der Haken ist nur, dass es ein offensichtliches David Bowie-Plagiat aus dessen "Young Americans"-Phase verkörpert. Bis hin zur Gesangstechnik kopiert der untersetzte Purple-Veteran den White Duke.
"Better Days" zeigt überdeutlich, dass Gillan sicherlich vieles ist, aber kein Crooner von Format. "Deal With It" wartet mit Vocoder-Spielereien auf und lässt den guten Ian atemlos mit wenig elegantem Scat-Singing hinter dem bombastischen Dancesound herhecheln. Die sonst so prägnante Stimme des Engländers geht dabei vollkommen unter. "Ultimate Groove" quält sich dermaßen clean und steril durch dreieinhalb Minuten, wie es jede Top 40-Feierabendcombo auf Silberhochzeiten zu tun pflegt.
Die weiteren Lieder tropfen genauso unmotiviert daher und bleiben allesamt nicht im Ohr. Das ist alles sehr schade, weil null faszinierend und zu Tode langweilend. Die Stimme des ehemaligen Rock-Haudegens lässt jedes gewohnte und geliebte Charisma vermissen.
Man glaubt hier kaum, den tiefvioletten "Child In Time"-Shouter zu hören, sondern einen weitgehend ideenlosen Lila-Launebär.
9 Kommentare
Das ist ja dermaßen vernichtend, daß ich es mir wohl unbedingt anhören muss.
"Der tiefviolette Rockveteran verkommt zum Lila-Launebär."
ich kann nicht mehr...
Hmm, ich habe sie noch nicht gehört, kann mir aber vorstellen, das es ein ähnliches Desaster wie die "Dreamcatcher" ist (die einzige Gillan-Scheibe die ich nur als MP3 und nicht als CD oder LP habe).
Eigentlich hat er ja mit den seichteren Sachen schon vor 20 Jahren angefangen. Die "Accidentally On Purpose" mit Glover war allerdings ein Spitzenalbum.
Am besten ist er immer noch, wenn er Rockmusik macht, wie die "Gillans Inn" beweist. Trallala-Mucke liegt ihm nicht.
kaufhausmusik trifft es leider sehr genau. hoffentlich rappelt der sich noch mal
@Fireball (« Fakt ist, das sein Songwriting seit Purples "Abandon" von Zeit zu Zeit zu wünschen übrig läßt. »):
jepp ... deep purple in der mark II besetzung und dann sollte es endlich mal ne gute anthology geben ... das reicht !
auf alle fälle vorher ausgiebig reinhören. ganz wichtig. erschreckend blutrarme scheibe. sonst hätte es ja mehr punkte gegeben.