laut.de-Kritik
Americana-Sound und ganz viel Heile Welt.
Review von Laura SprengerVor ziemlich genau zwei Jahren gewannen Mrs. Greenbird als Außenseiter die VOX-Castingshow "X Factor". Diesen Status reflektiert auch gleich die Auftakt-Ballade "Dark Horses", in der Prärie-Klänge Sarah Nückens helle Stimme begleiten. "Postcards" folgt auf das selbstbetitelte Debüt und wurde mit William Fitzsimmons-Produzent Marshall Altman in Nashville, Tennessee aufgenommen. Nücken und Steffen Brückner, die auch privat ein Paar sind, wollten einen möglichst authentischen, rauen Sound kreieren.
Am Sound gibt es auch rein gar nichts auszusetzen: Stampfende Uptempo-Nummern, langsame Klavier-Balladen, Bluegrass, ein bisschen Blues und viel Banjo verdichten sich zu einem Klang, der sich wohl am besten mit "Americana" zusammenfassen ließe. Lyrisch gestaltet sich aber vieles so unausgeklügelt und stellenweise abgedroschen, dass man die Zielgruppe bei den Acht- bis Zwölfjährigen vermuten würde. "We are fathers, we are mothers / Let's take care of one another" heißt es in "Everyone's The Same", einem Plädoyer für Toleranz und Individualität.
Die Heile Welt-Attitüde steigert sich von Song zu Song und gipfelt in "Good Ole Ricky", einem im Duett gesungenen Lied über ein Eichhörnchen, das sich im Garten der Kölner eingenistet hat. Zeilen wie "Good Ole Ricky inspires me everyday / So I coloured my hair orange yesterday" verstärken den kindlichen Eindruck. Ihre Tieraffinität stellen Mrs. Greenbird auch in "Lucky One" unter Beweis: "You can grow so tall like a brontosaurus!" Ursprünglich sollte eine Giraffe die Hauptrolle spielen, aber das hätte sich wohl noch seltsamer angehört.
Die Feuer-Analogien in "Shine Shine Shine" übertönt ein penetranter "Uuuhuuuhhuhuu"-Refrain. Als gelungene Abwechslung stellt sich hier aber Steffens erdige Stimme heraus, mit der er die von Fernweh durchzogenen Strophen alleine stemmt. Von selbigem handelt auch "Planets": Hier halten Supernovas, Sonne, Mond und Sterne als Sinnbilder einer Fernbeziehung her. Naturwissenschaftlich mag dieser Vergleich hinken, trotzdem gehört der Song zu den stärkeren des Longplayers.
Wer ein Lied über Eichhörnchen nicht eintönig genug findet, darf sich über eine Liebeserklärung an Kaffee freuen ("Insomniac"). Das Duett gerät so kitschig, dass einem das Frühstück beinahe wieder hochkommt. Beispiel gefällig? "I like my coffee black, and you're my sweet insomniac." Ähnlich schlimm auch "Hole In Your Heart", in dem die personifizierte Liebe einen Monolog hält. Vor meinem geistigen Auge sehe ich eine herzförmigen Handpuppe, die Kindergarten-Kinder mit Weisheiten wie "Hello, my name is love. I will fix your broken heart" beschallt.
Obwohl die Liebe auch die Schlusslichter "Slow Me Down" und "Take My Hand" dominiert, klingen beide Nummern recht angenehm, wenn man sich nicht en détail mit den Formulierungen beschäftigt. Wenn sich deutsche Bands an englischsprachigen Texten versuchen, muss das nicht unbedingt eine schlechte Wahl sein. Kann es aber, was angesichts des gelungenen und vielseitigen Sounds von "Postcards" schon beinahe traurig erscheint.
1 Kommentar
Im deutschen Kontext ist das erwähnenswert, aber sorry, im Vergleich mit der internationalen Konkurrenz wirkt das nach kurzem Reinhören wie eine hohle Imitation der Vorbilder. Etwas kitischig ist ja durchaus angemessen für das Genre, aber hier werden wirklich nur die abgeranztesten Metaphern und Symboliken beschworen und mit dem unterlegt, was man sich im Privatfernsehen unter Country-, Folk- und Americanaklängen so vorstellt.