Porträt

laut.de-Biographie

Namosh

Während anderswo Diskussionen toben, ob und inwieweit ein Künstler für seine Werke haftbar gemacht werden kann und sollte, hat Namosh diese Frage für sich längst geklärt: "Lieder gehen in das Leben des Zuhörers ein", erklärt er dem Renk-Magazin. "Somit trägt man große Verantwortung für die eigene Komposition."

Namosh - Music Muscle Aktuelles Album
Namosh Music Muscle
Wer da nicht zappelt, bei dem stimmt irgendwas nicht.

Für sich persönlich zieht er entsprechend folgendes Fazit: "Die Emotionen, die ein Lied auslöst, sollten sich bestenfalls inspirierend entfalten und keine düsteren Wolken aufziehen lassen."

Die inspirierende Wirkung seiner Songs zieht offenbar auch an prominenten Kollegen nicht vorüber: Im Interview mit dem Q Magazin nennt Björk, nach ihrem Lieblingssong des Jahres 2005 gefragt, Namoshs "Cold Cream". Sein Durchbruch vom Geheimtipp der Berliner Elektroszene in den Mainstream erscheint da nur noch wie eine Frage der Zeit.

Mit Logik oder Fairness hat das Musikgeschäft aber oft wenig zu tun. Fast 15 Jahre später ist der Name Namosh noch immer nicht in aller Munde, wo er eigentlich hingehörte. Es haben ihn wohl einfach noch zu wenige Menschen tanzen gesehen ...

Namosh E. Arslan gehört ganz eindeutig zu den Männern mit vielen Talenten. "Tänzer, Gummimensch, Akrobat, Musiker und Sänger in einem", versuchen sich die Redakteure von Puls, dem Jugendkanal des Bayerischen Rundfunks, an einer Beschreibung, und vergessen darüber, dass der Mann mit den kurdischen Wurzeln außerdem als DJ tätig ist und als Schauspieler mal vor der Fernsehkamera, mal auf der Theaterbühne steht.

Geboren am 18. Mai 1981 in Bietigheim-Bissingen, hält es Namosh nicht allzu lange in der schwäbischen Provinz. Die Mittlere Reife kaum in der Tasche, zieht er 1999 Hals über Kopf nach Berlin um und schlüpft bei einer Freundin unter.

Das eigentliche Ziel, den Besuch einer Schauspielakademie, verliert er bald aus den Augen. "Ich habe schnell festgestellt, dass ich mich für eine solche klassische Laufbahn nicht eigne", erinnert er sich. Statt dessen findet er seine Berufung in Form eines Vierspurgeräts, das er sich irgendwo ausborgt.

"Zu Musik hatte ich von klein auf einen starken Bezug", erklärt er. "Ich habe versucht, ohne Instrumente Musik zu machen, teilweise mit leeren Flaschen. (...) Ich habe mich selbst ins kalte Wasser geworfen und Stück für Stück technisches sowie handwerkliches Geschick autodidaktisch erlernt."

Nur Songs zu produzieren, genügt Namosh bald nicht mehr. Er will seinem Publikum leibhaftig vor Augen führen, dass in seiner Welt Körper und Werk eine Einheit bilden. Die Musik animiert zu Bewegung, die Bewegung wiederum beeinflusst die Musik. Erste Liveauftritte 2003 fördern rasch die Erkenntnis zutage: der Musiker Namosh ist eigentlich ein Performance-Künstler.

Seinen Körper betrachtet er als Medium, seine Darbietung nutzt er als Therapie, um zum Beispiel gegen Ängste anzukämpfen: "Der Körper ist sein schlechter Multitasker", erklärt er. "Beim Singen ist er voll und ganz mit der Stimmmodulation beschäftigt. Dann hat das Zwerchfell keine Chance, Luft innezuhalten. Wenn man sich bewegt, ist das ganz ähnlich.

Entsprechend bewegungsfreudig gestaltet sich seine Musik. Funk, Disco, Breakbeat und Electroboogie gehen da höllisch tanzbare Fusionen ein. Der Gesang erinnert an den angeschrägten Soul des jungen Jamie Lidell. Im Verbund mit Namoshs elektronisch gehaltenen Produktionen werden gleich doppelt Erinnerungen an Lidells einstiges Projekt Super_Collider wach.

Um als bloße Kopie durchzugehen, ist Namoshs Schaffen aber dann doch zu einzig- und durchaus auch zu eigenartig. Eine erste selbstbetitelte EP veröffentlicht er 2004. Mit den Tracks darauf zieht er singend und tanzend durch Clubs von Sibirien bis Spanien.

Viel technischen Aufwand braucht er dafür nicht, personellen erst recht nicht: "Der Purismus ist mein Freund", sagt der überzeugte Solo-Künstler. "Mir liegt viel daran, zu zeigen, dass alles aus einer Hand kommt: Bühnenperformance, Gesang und Textkomposition."

Entsprechend hält Namosh es auf seinen Veröffentlichungen, angefangen mit "Moccatongue" von 2006. Zwischenzeitlich arbeitet er auch einmal an zwei Alben parallel oder wirkt in einer Schauspielproduktion mit.

An den Tracks für sein Album "Music Muscle", das 2018 beim kleinen Liebhaberlabel Weltgast erscheint, hat Namosh teils schon seit 2010 gebastelt. Immer wieder hat er seine Stücke neu umarrangiert, Teile gestrichen, andere hinzugefügt.

Breakdance und Freestyle haben ihre Spuren im Sound hinterlassen, aber auch Namoshs ostanatolisches Erbe. Allem voran bleibt seine Musik aber eins: eine unglaublich tanzbare Ganzkörpererfahrung.

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