laut.de-Kritik
Wer da nicht zappelt, bei dem stimmt irgendwas nicht.
Review von Dani FrommVolle Punktzahl für die treffende Titelwahl! Einen angemesseneren Stempel als "Music Muscle" hätte Namosh seinem Album schwerlich aufdrücken können. Schon darin spiegelt sich die Verbundenheit von Klang und Körper zu einer untrennbaren Einheit.
Das Gute daran: Der Nervenfunktions-Check kommt gleich frei Haus mit. Wenn du dazu nicht wenigstens ein bisschen zappeln möchtest, stimmt mit deiner Reizübertragung irgendetwas ganz und gar nicht. Das Schlechte: Ohne Namoshs Tanzperformance bietet "Music Muscle" nur den halben Spaß. Die nämlich, das versichert jeder, der den Kerl schon einmal irgendwo hat auftreten sehen, gehört unbedingt dazu.
Fünfzig Prozent des Vergnügens entpuppen sich im Fall Namosh aber immer noch als eine ganz gehörige Menge. Immerhin vollführt er mit seiner Platte das Kunststück, zugleich an die Jonzun Crew, Afrika Bambaataa, Midnight Star, "Thriller" und den jungen Jamie Lidell zu seinen schrägeren Super_Collider-Zeiten zu erinnern.
Die Versatzstücke, aus denen Namosh seinen "Music Muscle" zusammenbaut, wirken allesamt in Ehren ergraut (um nicht zu sagen: angestaubt) und sattsam vertraut. In Kombination allerdings klingen sie taufrisch. Was vielleicht auch daran liegt, dass man derart klassische funky Elektro-Boogie-Disco wirklich seit sehr, sehr langer Zeit nicht mehr gehört hat. Mindestens seit Blowfly. Eigentlich gibt es das doch gar nicht mehr.
"Music Muscle", ein Anachronismus, wie er im Buche steht, dürfte wirklich auch noch den eingerostetsten B-Boy und das aller-arthritischste Fly-Girl zurück auf die Tanzfläche locken. Melodien, ja, gibt es. Sie ordnen sich jedoch, genau wie die ständig entlang der Grenze zum Sprechgesang gratwandenden Vocals, völlig widerstandslos und geschmeidig dem alles beherrschenden Rhythmus unter. Der trägt die Tracks ganz ohne Probleme über viereinhalb, fünf oder auch sechseinhalb Minuten Länge.
Es passiert ja auch Einiges, in dieser Zeit. Was mit neonfarbig glitzernden Disco-Synthies anfängt, kippt unvermittelt in reduzierte, minimalistische Passagen, durch die gerade einmal eine Cowbell dengelt. Kurz nicht aufgepasst, ist das Soundgewirr plötzlich schon wieder dermaßen dicht, dass man sich fragt, wie zum Henker man bloß so schnell in ein solches Dickicht geraten konnte, ohne es überhaupt zu merken.
Die Tracks, jeder für sich betrachtet, erscheinen alles andere als langweilig. Dem Album als Gesamtheit mangelt es aber trotzdem an Abwechslung. Zu stark ähneln sich die einzelnem Stücke in ihrem Retro-Vibe. Vielleicht wäre die Schlussnummer "Pet My Neck", die einzige, die etwas breitbeiniger und bratziger auftritt, zwecks Auflockerung weiter vorne in der Trackliste besser aufgehoben gewesen.
Aber, ach ... was solls! "I got a gift to give", verspricht Namosh. "Come on and get the gift." Von dieser Empfehlung einmal abgesehen, stammt der beste Rat im Umgang mit "Music Muscle" vermutlich von Lady Gaga: "Just dance!"
1 Kommentar
Also bei mir zappelt da nichts und mit mir ist alles in Ordnung.