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TLC - "CrazySexyCool"

Um eine Ahnung zu bekommen, warum man sich mit TLC im Allgemeinen und mit "CrazySexyCool" im Besonderen befassen sollte, genügte eigentlich, einigen der zahlreichen Fürsprecher*innen der Crew das Wort zu überlassen. "TLC verkörpern Individualität, Feminismus und Meinungsstärke", lobte etwa Alicia Keys das Trio. "Sie haben einen Maßstab dafür gesetzt, was es für Mädchen und Frauen bedeutet, mutig zu sein, zu umarmen, wer man ist, und die Vielfalt zu feiern."

Beyoncé, einstmals Mitglied eines anderen Trios, das ehemals als Voract mit TLC tourte, formuliert es so: "TLC haben so ziemlich jede weibliche Gruppe beeinflusst, die es gibt." Angesichts dieser Lobreden erscheint der Vergleich, den die Kolleg*innen vom Spiegel zogen, gar nicht mehr sooo hoch gegriffen: "TLC waren in den 90ern so wichtig und einflussreich wie Michael Jackson in den 80ern", konstatierte das Nachrichtenmagazin anno 2017.

Okay, man sieht sich langsam geneigt, zu glauben, dass TLC wirklich, wie T-Boz nach Prince' Tod behauptete, dessen Lieblingsgruppe gewesen sein könnten, nachprüfen lassen sich diese angeblichen Präferenzen freilich nicht mehr. Um zu checken, dass "CrazySexyCool" die Dreifaltigkeit in seinem Titel voll umfänglich verdient hat, genügt aber, sich dieses Album einfach mal zu geben und sich dabei zu vergegenwärtigen, dass female Empowerment, weibliche Selbstermächtigung und sexuelle Selbstbestimmung 1994 keineswegs bereits in vieler Leute Munde waren. Einen Diddy dazu aufzufordern, mal eben ein Taschentuch rüberzureichen, damit frau sich damit den Arsch abwischen könne: damals eine echte Ansage.

Ihre männlichen Featuregäste, darunter ja bloß Busta Rhymes, A Tribe Called Quests Phife Dawg und André 3000, dienen Chilli, T-Boz und Left-Eye bestenfalls als Accessoires, sie hätten die Chose problemlos auch alleine gewuppt. Die Radiosender seinerzeit brauchten allerdings ein wenig Starthilfe, um nicht zu sagen Nachhilfeunterricht: "Waterfalls" bafanden sie zunächst für "nicht sendewürdig". Komisch, wie schnell sich diese Einstellung änderte, nachdem MTV das Ding in Dauerrotation spielte und sich die Nummer zum Platin-verbrämten Hit auswuchs. "CrazySexyCool" als Ganzes hält inzwischen Diamantstatus.

Vom kommerziellen Erfolg der Platte profitierten alle möglichen Leute, die drei Ladys von TLC gehörten nicht dazu. Ungeschickt ausgehandelte Verträge, Left-Eyes Verurteilung wegen Brandstiftung (sie hatte - ob versehentlich oder mit Gusto, wer weiß das schon so genau? - das Haus ihres Ex' abgefackelt) und die horrenden Kosten für T-Boz' medizinische Versorgung (sie leidet an Sichelzellanämie, später gesellten sich noch verschiedene andere unerfreuliche Diagnosen dazu, ein Hoch auf das US-amerikanische Gesundheitssystem!) trieben das Trio an den Rand des Bankrotts und noch ein Stückchen darüber hinaus.

In den Folgejahren hieß es: Trennung, munter hin und her geworfene Fehdehandschuhe, Versöhnung, Comeback, und alles wieder von vorne, seit über zwanzig Jahren allerdings nur noch zu zweit: Lisa Left-Eye Lopes starb 2002 an den Folgen eines Autounfalls.

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Zum Glück war nicht alles Eurodance: Grunge feierte die letzte große Party, Punk ein Revival, und über allem dämmerte die G-Funk-Ära herauf.

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