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Stephan Rehm Rozanes & Fabian Soethof - "Back for Good"

Worum gehts?

Bücher über die Musik bestimmter Jahrzehnte gibt es viele, aber okay: Die 90er sind wieder da, sie sind "Back For Good", wenn man unbedingt krampfig einen Songtitel einbauen will ... und, oh! DAS wollen die Autoren so dringend, wenn mir irgendwann einmal seeehr langweilig ist, zähle ich, wie oft sie diesen Trick in dieses Buch gequetscht haben. Ich wette, wir kommen nah an den dreistelligen Bereich heran.

Egal, Moden, Trends, die Musik: Nichts ist wirklich Geschichte, alles kommt wieder, das Nostalgiekarussell rotiert immer rasanter, in immer kürzeren Abständen entdecken Kids, befeuert von schnelllebigen Medien wie TikTok, die alten Hüte der Eltern neu und erklären sie zum heißen Scheiß.

Wahrscheinlich stimmt aber gar nicht, dass die Abstände kürzer werden. Es kommt der älteren (also meiner) Generation bloß so vor, als läge die eigene Jugend nicht so schrecklich lange zurück. Tatsächlich sind die Songs der 90er, die wir 70er-Babys und 80er-Kinder noch für vergleichsweise aktuell halten, für die wirklich jungen Leute von heute doch schon recht olle Kamellen, mittels derer es sich ganz hübsch in Retro-Gefühlen suhlen lässt.

Das tun nun auch Stephan Rehm Rozanes und Fabian Soethof. Dass Alleswisser Jens Balzer sich vor nicht allzu langer Zeit auch schon mit den Neunzigern befasst hat, erschöpfend, wie ich eigentlich dachte, hält dieses Autorenduo nicht auf. Wie so oft, bevorzugt unter Männern: Es ist zwar bereits alles gesagt, aber eben noch nicht von jedem.

Deswegen lassen diese beiden Herren die 90er jetzt noch einmal Revue passieren: Sortiert nach Genres, widmen sie jedem Stil ein Kapitel. Wer sich davon, warum auch immer, Tiefgang oder gar neue Erkenntnisse erhofft, kann direkt wieder gehen: Es liest sich, als hätten da zwei Typen zu jedem Thema hastig die Stichpunkte, Bands, Songs, Ereignisse zusammengekratzt, die ihnen auf die Schnelle eben eingefallen sind. Die Energie, die sie darauf verwendet haben, möglichst in jedem zweiten Satz einen Songtitel zu stopfen, hätten sie vielleicht lieber in Recherchen investiert, vielleicht hätte sich dann die eine oder andere Nicht-Offensichtlichkeit gefunden. Oder man hätte die gewonnene Zeit gewinnbringend nutzen können, um die Flut schwacher Hilfsverben in den Texten wenigstens ein bisschen auszudünnen. Aber: nö.

So liest sich dieses Buch dann halt, als schaue man gerade irgendein billiges "Die größten Hits der 90er"-Format auf einem beliebigen Privatsender, routiniert dienstleister-mäßig runtermoderiert von Oliver Geißen. Sogar die in jedem Kapitel am Ende eingeschobenen Interviews schüren diesen Eindruck: Sie wirken wie die Einspieler in der "Ultimativen Chart-Show", für die halt vor die Kamera gesetzt wurde, wer gerade da war und leidlich zum ausgegebenen Motto passte.

Wer hats geschrieben?

Zwei Männer, beide Anfang der 80er geboren: Stephan Rehm Rozanes ist federführend in der Redaktion des Musikexpress tätig, außerdem DJ, Radiomoderator und Podcast-Host. Er schrieb zuvor bereits im Buchformat, über die Ärzte, nämlich, und über seine Lieblingsband: Queen.

Er und Fabian Soethof kennen sich, vermute ich, aus der Redaktion: Auch er schreibt für den Musikexpress. Erfahrung als Buchautor bringt er ebenfalls mit, allerdings schrieb er nicht über irgendwelche Rock-Legenden, sondern über Vaterschaft und Gleichberechtigung in der Erziehung.

Wer solls lesen?

Wer hier wirklich etwas Neues erfahren will, darf wirklich keinerlei musikalisches Vorwissen mitbringen. Das gelingt nur Menschen, die die 90er taub unter einem sehr großen Stein zugebracht haben. Oder sie gar nicht erlebt, aber auf so junge Leser*innen dürfte der Schreibstil dann wahrscheinlich doch zu bieder wirken. Tatsächlich dürften zur Zielgruppe dieses Buches eher Leute im Alter der beiden Autoren gehören. Dieser Klientel beschert die Lektüre wahrscheinlich wohlige Nostalgieschauer mit Erinnerungen an eine vermeintlich bessere "alte Zeit". Hach, damals ... das war noch Musik!

Das beste Zitat:

"Fakt ist: Wer das popkulturelle Hier und Jetzt verstehen will, sollte die 90er in der Tiefe kennen."

So tönen die Autoren, offensichtlich im Besitz der Definitionsmacht darüber, was "Fakt ist", im Vorwort. Na, hoffentlich wollen sie damit nicht andeuten, Kenntnis über die "Tiefe der 90er" ließe sich übe ihr bemühtes Hach!-Weißt-du-noch?-Geplauder erlangen ...

Wertung: 1,5/5

Text von Dani Fromm

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