Platz 32: Brigitte Calls Me Baby - "The Future Is Our Way Out"
"There is a place where I want to be. But I don't know where it is", eröffnet Sänger Wes Leavins den Auftaktrefrain für den Titeltrack von "The Future Is Our Way Out". Er skizziert eine perfekte Welt, in der vielleicht Elvis Presley, Roy Orbison und Frank Sinatra noch leben und gerade zusammen ein Weihnachtsalbum herausbringen. Die Smiths wären noch in Harmonie vereint und Morrissey kein reaktionäres Arschloch. Leider ist es 2024, mitten im Zeitalter der Polykrisen, die großen Stimmen sind tot und Morrissey, tja ... Eine perfekte Welt kann also nur im Traum stattfinden. Oder sie erscheint in Form dieses Albums, das sich zurückträumt in jenes Goldenes Zeitalter.
Eine Zeit, die einen gedanklich in eine Hollywoodschaukel setzt, daneben eine Musikbox, aus der diese Sammlung von elf Schmachtfetzen dahinschmettert. Das sprüht nur so vor Nostalgie, teilweise ist das dem bisher als Country-Produzent auffälligen Dave Cobb zu verdanken, der erst neulich den Soundtrack zu "A Star Is Born" mitverantwortet hat. Interviews besagen, Nashville-Resident Cobb hätte jedem einzelnen Bandmitglied ein Maximum an persönlicher Rockabilly-Authentizität abverlangt. Für Crooner Leavins kein Thema, der mit inbrünstigem Tremolo bei fast jedem Song den "King" raushängt. Und wieso nicht mit ein paar Twang-Chords liebäugeln, die ein Johnny Marr in den 80er Jahren schon perfektioniert hat, wenn man offensichtlich dessen Notenblätter wie Geschichtsbücher des Rock'n'Roll so akribisch studiert hat, wie die beiden Gitarristen Trevor Lynch und Jack Fluegel?
In der Essenz hört man hier fünf halbstarke Greaser aus Chicago mit großem Selbstbewusstsein, aber immer noch in der Selbstfindungsphase. Mit viel akustischer Americana untermalt, lassen sie lyrisch ebenso klassische Muster wie den "Sea Of Love", den "My Way" oder Gelöbnisse für die "True Love" wieder aufleben. Thematisch ist also alles an Bord, was schon beim Coming of Age in der Wirtschaftswunder-Generation wichtig war. Aber auch Motive, die die Romantiker der Z-Generation lieben werden. Letztlich ein zeitloses Werk, obwohl die Referenzen auf bekannte Klassiker darin schon sehr eindeutig sind. So reden manche böswillig von einer frechen Kopie, für andere aber ist dies ein herausragendes Debüt und die Platte des Jahres.
[von Martin Mengele]
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