Jeremias
Wie waren die bisherigen drei Monate im Lockdown? Kreativ oder depressiv?
Jeremias: Vor allem waren sie erholsam. Wir kamen gerade von unserer einmonatigen Tour zurück und waren im Anschluss daran für zwei Wochen im Studio. Der Lockdown kam daher sogar recht gelegen. Zurückblickend waren wir in dieser Zeit aber eher kreativ als depressiv. So weit es ohne Proben halt geht.
Wie wird euch der Lockdown prägen? Gibt es Erkenntnisse oder Konsequenzen, die sich aus einem viertel Jahr Stubenhocken für euer Business ableiten lassen? Oder hofft man einfach, dass sich die Lage in den kommenden Monaten wieder normalisiert, und es so weitergehen kann wie in den Jahren zuvor?
Wir alle hatten das erste Mal seit zwei Jahren, also seit unserer Gründung, richtig Zeit für uns. Das war auch eine schöne Erfahrung. Vor allem hat sich aber unser Horizont erweitert. Durch die Pause sind Interessenfelder dazugekommen, bspw. das Schauspielen, das Rechnen, die Literatur, die Mode. Das sind alles Branchen, die ausgehend von unserer Musik funktionieren. Da wir nicht jedem Gig nachgehechelt sind, gab es also den Platz, um sich dessen bewusst zu werden.
Im Juni kann es unter Auflagen wieder erste Konzerte geben. Seid ihr schon kräftig am Konzerte organisieren?
Das müsstest du Anna von Selective Artists fragen, die bucht uns die Konzerte. Tatsächlich steht schon seit Längerem der heutige Autokino-Gig zur Feier unseres EP-Releases.
Auftreten ist für Bands das A und O. Aber rechnen sich überhaupt Konzerte, wenn in nächster Zeit nur noch ein Bruchteil der Leute kommen darf?
Gute Frage. das muss man dann schauen. Tatsächlich liegt aber der Reiz am Spielen, dass es für uns als auch für das Publikum einen 'ekstatischen Charakter' hat. Schwitzen, schreien, tanzen, lieben ... Das alles geht mit Abstand nicht so doll.
Was kann man tun, um sich als Musiker*In finanziell über Wasser zu halten? Rächt es sich gerade in der Coronakrise, dass Musik als Kulturgut regelrecht entwertet wurde?
Es ist schon heftig zu sehen, wie die Kulturbranche die erste ist, die gestoppt wird und wahrscheinlich auch die letzte ist, die wieder anlaufen darf und kann. Aber was soll man da als Band tun? Man muss da irgendwie mitschwimmen und das über sich ergehen lassen. Vielleicht sind wir im nächsten Leben Politiker.
Wie ist die Situation konkret für euch: Fühlt man sich angesichts gewaltiger Kurzarbeitergeld-Volumina etc. vom Staat im Stich gelassen? Man hat ja das Gefühl, dass Freiberuflern bzw. der Kulturbranche erst zuletzt geholfen wird - oder kommt man auch in den Genuss eines finanziellen Schutzschirms und/oder anderer Hilfen?
Wir studieren teilweise noch und werden sowohl von unseren Eltern als auch vom Staat unterstützt. Daher trifft es uns persönlich als im Schnitt 20-Jährige noch nicht so sehr.
Jeremias sind ein Quartett aus Hannover. Die Band spielte kurz vor dem Lockdown im Februar noch eine 18-Städte-Tournee. Heute erscheint ihre zweite EP "Alma", die mit einem Autokonzert in ihrer Heimatstadt gefeiert wird.
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