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Hundreds

Wie waren die bisherigen drei Monate im Lockdown? Kreativ oder depressiv?

Eva Milner: Kreativ auf jeden Fall, aber auch ab und zu genervt und traurig, dass wir mit unserem neuen Album nicht auf Tour fahren können. Unsere Tour wurde jetzt genau um ein Jahr verschoben. Natürlich auch zwischendurch extrem besorgt, weil das finanziell ein schweres Jahr wird, und wir zu dritt davon leben. Und nach dem siebten Livestream merkt man dann auch, dass es ein echtes Konzert einfach nicht ersetzen kann. Wir sind zuversichtlich, aber vielleicht dauert das auch alles noch viel länger, als wir jetzt glauben. Wir werden aber nicht untätig sein und bringen über dieses Jahr im Dreimonatsrhythmus kleine EPs raus. Mehr wird noch nicht verraten.

Wie wird euch der Lockdown prägen? Gibt es Erkenntnisse oder Konsequenzen, die sich aus einem viertel Jahr Stubenhocken für euer Business ableiten lassen? Oder hofft man einfach, dass sich die Lage in den kommenden Monaten wieder normalisiert, und es so weitergehen kann wie in den Jahren zuvor?

Das sind mehrere schwierige Fragen. Dadurch, dass mehr Ruhe in den Alltag kam, und wir immer am gleichen Ort waren, konnte ich stringenter an Dingen arbeiten. Mich bringt das unterwegs sein immer sehr aus meinem Flow raus. Deshalb habe ich jetzt eine richtige Alltagsroutine, die seit Monaten super läuft. Unter anderem lerne ich Schwedisch und mache viel mehr Sport. Also gibt es einige positive Aspekte. Natürlich hoffen wir trotzdem, dass Konzerte, so wie wir sie kennen, wieder stattfinden können. Ich kann mir nicht vorstellen, vor Autos zu spielen.

In Kürze wird es unter Auflagen wieder erste Konzerte geben. Wie siehst du diese Entwicklung und was steht bei Hundreds in naher Zukunft an?

Wir werden vor allem mit kleinen Veröffentlichungen uns und unseren Hörern das nächste Jahr vertreiben.

Rechnen sich überhaupt Konzerte, wenn in nächster Zeit nur noch ein Bruchteil der Leute kommen darf?

Mit dem Aufwand, den wir für ein 'normales' Konzert betreiben, auf keinen Fall. Aber natürlich wäre es in einer abgespeckten Akustikvariante denkbar. Wo man ohne Nightliner, LichttechnikerIn und TourmanagerIn unterwegs ist. Wir warten jetzt trotzdem erst mal auf unsere Tour im April nächsten Jahres. Wir wollen gern in der großen Variante spielen.

Was kann man konkret tun, um sich als Musiker*In finanziell über Wasser zu halten? Rächt es sich gerade in der Coronakrise, dass Musik als Kulturgut regelrecht entwertet wurde?

So verbissen sehe ich es nicht. Ich fühle es nicht so, dass Kunst durch Streaminganbieter entwertet wurde. Natürlich verkauft man weniger Platten und weniger Menschen hören sich das ganze Album an. Auf der anderen Seite erreicht man die Leute einfacher. Wir haben tatsächlich noch etwas Geld übrig und haben auch Corona-Soforthilfen beantragt und auch bekommen. So können wir dieses Jahr, denke ich, voraussichtlich überstehen.

Eva Milner ist Sängerin des Hamburger Elektronik-Duos Hundreds. Im März erschien ihr viertes Album "The Current".

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