DSDS: Aus und vorbei für Rania Zeriri

Für Wackelkandidatin Rania Zeriri ist der Traum vom schnellen Ruhm in der sechsten Mottoshow geplatzt.

Köln (dani) - Deutschlands massentauglichster Talentwettbewerb befindet sich in der fünften Staffel. Mittlerweile sollte das Spiel bekannt sein: Allwöchentlich treten die verbliebenen Kandidatinnen und Kandidaten an, dürfen zeigen, was sie glauben, Entertainmenttaugliches drauf zu haben. Am Ende muss einer gehen - auf Kindergeburtstagen nannte man das "Die Reise nach Jerusalem".

"Partykracher und Akustik-Balladen" lautete das Motto der sechsten Final-Show, das alleine schon geeignet war, einem eiskalte Schauer des Grauens über den Rücken zu jagen. Die verbliebenen fünf durften sich entsprechend jeweils an einem sogenannten Feten-Hit und einer Schmuseballade versuchen.

Wer zur Hölle trifft die Songauswahl? Er gehört bestraft. Es gibt endlos viele wundervolle, funktionierende Titel. Wie in aller Welt kann man aus diesem Fundus die ausgelutschtesten aller Nummern heraus wühlen und glauben, damit ließe sich 2008 noch ein Blumenpott gewinnen? "I'm So Excited" oder "Never Gonna Give You Up" möchte, ebenso wie das primitive "Let's Get Loud", wirklich keiner mehr hören.

Roberta Flacks im Grunde zauberhaftes "Killing Me Softly" vergewaltigten bereits die Fugees zu Tode. "I Will Survive", im Original von Gloria Gaynor, beschert - Bär Läsker sprach mir aus der Seele - jedem, der mehr als dreimal irgendwo Platten aufgelegt hat, kaum unterdrückbaren Brechreiz.

Bei der Scheußlichkeit des Ausgangsmaterials fiel es extrem schwer, einen Hauch Aufmerksamkeit auf die gebotene Leistung zu lenken. Das war auch nicht weiter nötig: Die Stimmgewalt Linda Teodosius brach sich auch so Bahn ins Gehör. Fady Maalouf, der erklärte Schnulzenkönig, wrang aus Eric Carmens triefendem "All By Myself" tatsächlich noch etwas mehr Rührung heraus.

Sämtlichen Ekel, jegliches Kopfschütteln und alle Verständnislosigkeit wischte allerdings Thomas Godoj beiseite. Dieser Kerl macht einfach alles anders. Statt einem allseits bekannten, durchgenudelten Mitträller-Song entschied er sich für "You Got What You Give" der New Radicals, bevor er das olle "Behind Blue Eyes" von The Who zu einem echten Gänsehautgenerator mutieren ließ. Sich innerhalb der Casting-Mühle seine Individualität zu bewahren, das ist es wohl, was man dem Mann ohne Plan B am höchsten anrechnen muss.

Rania Zeriri präsentierte sich trotz Verkleidung als Disco-Queen im Vergleich zur versammelten Konkurrenz blass und kassierte dafür Kritik vom Jurytisch sowie die Quittung des Publikums: Zu wenige Anrufe bescherten der Niederländerin, die in den vergangenen Wochen bereits mehrfach ins Gerede kam, am Ende den Rausschmiss.

Muss man sich eigentlich dafür rechtfertigen, begeisterter Zuschauer von "Deutschland sucht den Superstar" zu sein? Sollte man sich gar dafür schämen? Die verständnislosen bis angewiderten Reaktionen, wenn ich mich allwöchentlich in den Casting-Wahnsinn stürze, sprechen eine deutliche Sprache: Jetzt auch noch die Hip Hop-Tante!

Mir bleibt verborgen, wo das Problem liegt: Als Fan von Horror- und Splatter-Szenarien weiß ich mediengenerierte Abscheu durchaus zu schätzen. Kaum etwas empfinde ich als ähnlich gruselig, wie dabei zuzusehen, wie aus einer Menge von Grütze tatsächlich die talentiertesten Sängerinnen und Sänger herausgefiltert und dann Show für Show geschliffen werden, bis Individualität und Charme auf der Strecke geblieben sind. "Deutschland sucht den Superstar" widert mich an - und ich genieße es.

Es ekelt und fasziniert mich, zu sehen, was DSDS aus einem Mark Medlock gemacht hat. Der Gewinner der letzten Staffel trat als Stargast auf, um seine neue Single "Summer Love" zu präsentieren. Der übliche Bohlen-Plastikpop-Sommerhit-Müll, die Melodie diesmal stark angelehnt an Tanita Tikarams "The World Outside Your Window", lässt sich unter Garantie wieder flott verkaufen. Dafür eine derart prächtige Soulstimme zu verheizen, die in einem Liedchen dieser Art nicht den Hauch einer Chance zur Entfaltung bekommt, bereitet mir fast körperliche Schmerzen.

Bleibt zu hoffen, dass Thomas Godoj diesen Irrsinn nicht gewinnen und statt dessen eine ordentliche Platte aufnehmen wird. Ich freu mich drauf.