Britpop steht im Zenit, Hip Hop wächst ein drittes Bein, und bei uns? Frustrierte Hamburger Kids, Schwaben With Attitude und Rammstein. Jesses.
Konstanz (laut) - Manches, so kommt es uns zumindest vor, hat es schon immer gegeben. Google. Oder den Euro. Eazy E war gefühlt schon immer tot, Jerry Garcia noch ein bisschen länger, und ziemlich sicher laufen heute jede Menge junge Menschen da draußen herum, die sich eine Welt ohne Megan Thee Stallion, Dua Lipa oder Shirin David nur mit größter Mühe vorstellen können. Ganz zu schweigen von einer, in der es diese Platten nicht gibt:
Der Schein trügt aber gewaltig: Als selbige Alben erschienen, sprach von der heute omnipräsenten Suchmaschine noch keine Sau. Wie auch? Der Google-Vorläufer namens BackRub war ja gerade erst ans Netz gegangen. Dass fast ganz Europa einst mit gleicher Münze zahlen wird, war ebenfalls noch Zukunftsmusik: Eingeführt wurde die gemeinsame Währung auf dem Papier erst 1999, als Barzahlungsmittel noch drei Jahre später. Der Beschluss, dass sie "Euro" heißen solle, stammt jedoch aus dem Jahr 1995. Die Gegenvorschläge "Europäischer Franken", "Europäische Krone", "Europäischer Gulden" und, als Kürzel für European Currency Unit, "ECU" waren zuvor aus unterschiedlichen Gründen durchgefallen.
Telefonseelsorge für trauernde Fans
Robbie Williams Ankündigung, er werde Take That verlassen, sorgte 1995 für derartige Hysterie-Wellen, dass eigens Nottelefonnummern eingerichtet werden mussten, um verzweifelte Fans vor dem Schlimmsten zu bewahren. Dabei wollten die Boys nur nicht länger als Group unterwegs sein, sie waren aber alle noch am Leben.
Anders als Eazy E, straight outta Compton: Er starb im März 1995 an den Folgen seiner HIV-Infektion. Oder Jerry Garcia: Seinem von eifrigen Drogenkonsum und Diabetes geschwächte Leib versetzte ein Herzinfarkt den Todesstoß. Außer dem N.W.A. und dem Bandleader der Grateful Dead verlor die Welt 1995 unter anderem Jazz-Größe Don Cherry und den King of Cool, Dean Martin.
Die einen verlassen den Planeten, andere kommen dafür rein: Insbesondere für künftige Hip Hop-Stars schienen die Sterne 1995 günstig zu stehen: Neben den bereits genannten Ladys erblickten auch Denzel Curry und Lil Uzi Vert das Licht der Welt.
Terror, Protest und Biergartenrevolution
... und sonst so? Fünfzig Jahre nach Kriegsende schlugen die USA Deutschland erneut, diesmal im Boxring: George Foreman, letzte Woche ist er gestorben, er ruhe in Frieden, gewann nach Punkten gegen Axel Schulz. Während in Oklahoma City ein bis dahin beispielloser Terroranschlag Stadt und Land erschütterte, erreichte hierzulande trotz erbittertem Widerstand aus der Bevölkerung der erste CASTOR-Transport das Zwischenlager für radioaktive Brennelemente in Gorleben.
Nur in Bayern hatten sie wie immer anderes im Sinn: Hier schürten Brauereien und Lokalpolitiker Panik vor einem drohenden Ende der Biergartenkultur und brachen vom Zaun, was manche Medien später zur "Biergartenrevolution" aufbliesen. Tatsächlich handelte es sich maximal um einen Sturm im Maßkrug: Die zum Schutz der Anwohner*innenschaft erlassenen neuen Regelungen, gegen die sich die Empörung richtete, hatten in München, der Stadt mit der höchsten Biergartendichte, in keinem einzigen dokumentierten Fall Auswirkungen auf die Öffnungszeiten der Freilichtbesäufnisstätten.
So klingt 1995
In gewisser Hinsicht ist das eine gute Nachricht: Einige Alben, die 1995 erschienen sind, muss man sich durchaus schönsaufen. Die letzten Ausläufer der Eurodance-Welle zum Beispiel, die uns Treibholz der Sorte "Shut Up And Sleep With Me" oder "Fred, Come To Bed" anspülte, "Cotton Eyed Joe" oder "I Wanna Be A Hippie". Ganz ersparen wollen wir euch derlei Skurrilitäten bei laut.fm/bestof1995 zwar nicht, sie gehören zum Gesamtbild des Jahres einfach dazu. Doch seid gewiss: Sie versenden sich in der Flut an wirklich geilem Scheiß, der 1995 erschienen ist. Weit mehr, als wir in obiger Liste untergebracht bekommen haben. Hört:
17 Kommentare mit 6 Antworten, davon 12 auf Unterseiten
Ihr habt MJs HIStory vergessen
letztes gutes Album von ihm und hey, mit Biggie-Feature!
du machst dir kein bild, was wir noch alles aussortiert haben.
FISCHMOOOOB!!!
Ja also wirklich, die Haschisch Opis hätten in dieser Liste nicht fehlen dürfen!
Aber mit „Best of 1998“ gibt‘s eine weitere Chance für sie.
"Lieder, die die Welt nicht braucht" von den Doofen hätte aber schon dabei sein müssen. Und wo zum Geier sind Fool's Garden?
Dieser Kommentar wurde vor 2 Tagen durch den Autor entfernt.
das fehlen von e-rotics "sex affaires" entwertet diese liste komplett
Ich hatte damals East17 - Steam gegen das aktuelle Masterboy-Album getauscht
Dieser Kommentar wurde vor 2 Tagen durch den Autor entfernt.
Ein paar Ergänzungen:
The Notwist — 12
The Flaming Lips — Clouds taste metallic
Radiohead — The Bends
Atari Teenage Riot — Delete yourself
Sonice Youth — Washing Machine
Anekdoten — Nucleus