Zwei Jahre nach "Supervision" schickt der prominenteste Käppiträger der Pfalz ein Lebenszeichen: einen "intimen Brief an sich selbst".

Kaiserslautern/Berlin (dani) - Mark Forster "bringt den Sommer zurück", so las ich es auf seinem Instagram-Profil. Ich frag' mich zwar, was das die ganzen letzten Tage gewesen sein mag, das sich draußen vor dem Fenster abgespielt hat, aber: Gut, dass das endlich einer macht. Seine neue Single "Zeitmaschine" soll es richten. Dafür hat der wahrscheinlich prominenteste Käppiträger der Pfalz offenbar sein schniekestes Hemd aus dem Schrank geholt und sich vor Strohballen gestellt.

Echt wahr! Das hier ...


Foto: Four Music

... ist das offizielle Pressefoto zum Release, und, oh, ich hätte Fragen. Allen voran zur Knopfleiste: Fugazi? Meint er die Hardcoreband? Das Marillion-Album? Das Akronym für "Fucked up, got ambushed, zipped in", das amerikanische Soldaten im Vietnamkrieg verwendeten, wenn sie vermitteln wollten, sich in eine wahrhaft beschissene Situation manövriert zu haben? Oder doch den italo-amerikanischen Slangausdruck für "Fake"? Wir werden es nie erfahren, Herr Forster spricht ja nicht (mehr) mit uns.

Aber er spricht zu seiner Fangemeinde: "Hättest du eine Zeitmaschine: Sag mir, wo würdest du hin?"

Ich weiß gar nicht, was ich erwartet hatte. Nachdem die Ankündigung die "Leichtigkeit wie der Drehort des Videos" gepriesen hatte, "irgendwo zwischen Olivenhainen und spätsommerlichem Licht in der Toskana", wahrscheinlich schon etwas mehr, als dass Forster da einfach in verschiedenen Leibchen vor verschiedenen Gebäuden (und vor Strohballen!) steht und ein bisschen mit den Armen fuchtelt.

Aber Ankündigungstexte sind ja eh so eine Sache: "Mark Forsters neue Single 'Zeitmaschine' beginnt wie eine philosophische Fangfrage und endet als intimer Brief an sein zukünftiges Ich. Zwischen verzerrten, futuristischen Klängen und einer fast-raphaften Passage entfaltet sich ein Sound, der gleichzeitig vertraut und neu ist - Forster 2025 eben."

Anfang? Ende?

Welche KI schreibt so etwas? Und wieso überprüft das niemand? Dieser Song endet also "als intimer Brief an sein zukünftiges Ich"? Okay, in meiner Welt beginnt er zwar damit, und das auch ganz explizit, damit auch der letzte Dulli den philosophischen Deep Dive mitmachen kann: "Hallo, du, ich mein' mich. Ich schreib' dir einen Brief und ich hoff', dass du ihn kriegst. Du bist mein Zukunfts-Ich und ich wünsch' mir, dass du cool und nicht bitter bist." Aber was weiß ich schon? Wenn man eine Zeitmaschine hat, ist vielleicht nicht mehr so wichtig, ob etwas am Anfang oder am Ende passiert. Zeit ist, wie alle wissen, timey-wimey-wibbely-wobbely stuff.

Die "philosophische Fangfrage" beschränkt sich tatsächlich auf die bereits zitierte Frage: Wo würdest du hin, welchen Moment würdest du wiederholen, wen noch einmal treffen wollen? Das bekommen wir als bis hart an die Unverständlichkeit verzerrte Hook präsentiert. Gut, dass das im Video mit Untertiteln kommt. In der einen Strophe, die dieser Song hat (nicht, dass ich darüber arg traurig wäre, aber es gibt nur eine), sagt Forster sich selbst hallo, wünscht sich Coolness, Zuversicht, Ehe- und Familienglück, der Erde Entspannung und seiner Mutter ein langes Leben. Das wars.

Das sind alles ehrenwerte, nachvollziehbare Wünsche und, ehrlich, ich gönn' Mark Forster, dem Planeten und seiner Mum all das von Herzen. Trotzdem bin ich wieder einmal schwer beeindruckt von der Traute, die man haben muss, um diese absoluten Plattheiten zu "philosophischen Fangfragen" und diese Allerwelts-Wünsche von vorgedruckten Grußkarten zu einem "intimen Brief" zu verklären. Doch wieso auch nicht? Bei der Forster-Fangemeinde kommen sie mit diesem Mumpitz ja immer wieder durch. "Woooooow, was ein toller, tiefgründiger Text", freuen sie sich in der Kommentarspalte und verteilen Herzchen. "So krass reflektiert."

Naja, wer bin ich, diesen Menschen zu diktieren, wovon sie sich berührt fühlen dürfen und wovon nicht? Ist doch eigentlich schön, wenn das irgendjemandem irgendetwas gibt. Mir gibt es nix - aber vielleicht ist der Teil, der meine Seele berührt, ja auch in der angekündigten "fast-raphaften Passage" versteckt. Die muss beim Video-Upload bloß irgendwie verloren gegangen sein. Reicht ihr die noch nach? Ich warte.

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