Keine Liebe unter Schwestern
Zugegeben: Den Reflex "Schnell weg!" verspür' ich spontan auch, wenn ich lese, dass Haiyti in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung "über Feminismus im deutschen Hip Hop" spricht. Auweia, sie habe ich in Interviews ja schon durchaus dummes Zeug sagen hören. Kann das kein Autounfall werden? Gucken wir mal. Was sagt sie denn da?
Entgegen der Behauptung in der Kopfzeile, geht es in dem Interview tatsächlich kein Stück um Feminismus, glücklicherweise. Lediglich an einer Stelle merkt Haiyti an, dass es den im deutschen Hip Hop nicht gebe, genau so wenig wie weibliche Solidarität. Besonders viel davon legt sie allerdings selbst auch nicht an den Tag. Statt die herrschenden Zustände zu kritisieren oder wenigstens irgendwelche männlichen Kollegen an den Pranger zu stellen, beißt sie selbst quasi ausschließlich in Richtung der weiblichen Konkurrenz. Katja Krasavice wirft sie Doppelmoral vor, Nura, dass sie eine "Hexenjagd gegen sie losgetreten habe. Im Kontext der Bemerkung, sie selbst "drücke allerdings auch nie auf den Sex-Knopf. Oder mache Rehaugen", lässt sie die Namen Paula Hartmann und Nina Chuba fallen ... klar, kann man alles machen. Dann aber über fehlende Schwesterlichkeit zu jammern: schon ein bisschen fragwürdig.
Im Grunde knautscht Haiyti bloß herum, sie würde vom "Frauenbonus" im Rap nicht profitieren, weil sie "als Asi-Rapper" gelte, außerdem "bin ich nicht woke, weil mich moralische Überheblichkeit nicht interessiert". Aha. Ehrlich gesagt, bezweifle ich, dass Haiyti auch nur ansatzweise kapiert hat, was Wokeness überhaupt ist. Oder Feminismus. Aber das muss sie als Künstlerin ja auch nicht zwingend. Bloß sollte sie dann vielleicht besser einfach nicht drüber reden.
Zum Glück erzählt Haiyti in dem Gespräch auch noch andere Dinge. Zum Beispiel über ihren Weg an die Kunsthochschule, über ihre verhinderte Weltkarriere als Malerin, über ihre Arbeitsweise und über die Entstehung ihres aktuellen Albums, das sie gerade "heimlich" als Support von Jan Delay promote. Was "Kings Sagen King" kann, erzählt uns der Kollege Moritz Link in seiner Review.
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