Was ging im Mai?
Yo Grandama Fromm: Thema des Monats war ja wohl fraglos der Beef zwischen Kendrick Lamar und Drake. Pardon, ich meinte: DER BEEF. Keine Ahnung, woran es lag, dass ich den wirklich maximal desinteressiert und entsprechend nur ganz aus dem Augenwinkel heraus verfolgt habe. Vielleicht daran, dass ich Drake schon immer sterbenslangweilig fand, für mich der Ausgang also schon feststand, bevor die überhaupt angefangen hatten, sich gegenseitig an den Haaren zu ziepen. Vielleicht war ich aber auch einfach noch zu kopfverdreht von walisischen Rappern, wer weiß. Gefeixt hab' ich jedenfalls darüber, dass sie beim Kiezclub St. Pauli offenbar nicht mit misogynen Unsympathen feiern wollen, recht so! Dazu, dass mit Nemo ein Ex-VBT-Rapper den Eurovision Song Contest gewonnen hat, möchten doch sicher die VBT- respektive ESC-Experten unter uns ein paar Takte sagen. Ich höre?
Mirco, Freshman 4eva: Joa, ne. Ich freue mich über die queere Representation, aber musikalisch ging mir keiner der Frontrunner dieses Jahr so dermaßen auf den Sack wie Nemos Beitrag. Diese komische Theater-Kid-Opergesang-NF-ass-Rappity-Rap-Nummer ist wirklich das Paradebeispiel von "Wir schmeißen alle Ideen, die wir haben, gegen die Wand, irgendwas wird schon klebenbleiben." Ich hasse es.
Der Drake-Beef hingegen gab mir richtig viel. Rückblickend ist das alles vielleicht ein bisschen aus dem Ruder gelaufen und der gottgleiche Kendrick-Worship, der mittlerweile Konsens ist, spannt den Cringe-Bogen wirklich bis zum Maximum. Aber für diese wenigen Tage fühlte sich die rapaffine Seite des Internet irgendwie geheilt an. Das klingt jetzt kitschig, aber der kollektive Aufschrei, wenn aus dem Nichts die nächste Watsche kam, die Rection-Videos, der Diskurs, das Zerpflücken von jeder einzelnen Line und jedes Pixels auf den Single-Covers, versetzte mich wieder kurzzeitig zurück in eine Zeit, in der Hip Hop online anders aufgefasst wurde, ein spannenderer und essentieller Teil davon war. Als Alben noch einen Impact hatten und man Teil der Diskussion darüber sein wollte, wie die nächste Generation klingt.
Yannik, bitte gib mir Recht und lass' mich nicht als Boomer dastehen, der auf die Soundcloud-Ära zurückschaut wie Torch auf irgenwelche Cyphern in Heidelberger Jugendzentren.
Dieser Yannik™: Lil Pump ist mein Torch. Mirco Leier und Yannik Gölz. Ventil Verlag. 22€. Bald im Buchladen ihres Vertrauens.
Aber, nein, ich fühls. Ich habe dieses "Talk of the town"-Gefühl total vermisst. Aufzuwachen mit einem brennenden Internet und dem Wissen, dass da gerade etwas für die nächste Zeit absolut Essentielles passiert ist und ich mir das jetzt bitte beim Frühstücken reinziehe, weil ich dann die ganze Fahrt etwas zu lesen haben werde.
Ich sortiere meine Gefühle dazu ja immer noch und habe, glaube ich, langsam verstanden, wraum ich so notorisch Drake verteidigen wollte. Ich schätze, das liegt einfach an meinem pathologischen Wunsch, mit Underdogs zu sympathisieren. Nicht, das Drake in jedem anderen Kontext einer wäre. Aber Dani sagt es absolut richtig: Kendricks Sieg stand von Anfang an fest. Drake hatte nicht nur ihn gegen sich, sondern zehn andere Rapper und eine Hip Hop-Szene, die das eigentlich mehr als seine Exekution als sein Battle rezipiert hat. Und ich finde immer noch, dass Kendrick zwar klar gewonnen hat, aber gerade in "Not Like Us" waren echt eine Menge seltsame Lines drin.
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