Drei Jahre verbrachte er im Knast. Heute soll Ronny aka Voodoo, MC der Hip Hop-Crew GittaSpitta, die im Rahmen eines Resozialisierungs-Projektes in der Jugendstrafanstalt Berlin-Plötzensee gegründet wurde, nach Uganda abgeschoben werden.

Berlin (ahi) - Jugendstrafanstalten sollen in erster Linie dazu dienen, straffällig gewordenen Jugendlichen einen möglichst schnellen Wiedereinstieg in die Gesellschaft zu ermöglichen. Erziehung statt Strafe lautet die Devise, Resozialisierung statt Verwahrung.

Die Erfolgsquote dieses Unternehmens ist leider recht gering. Gründe dafür mag es viele geben. Oft gehen die pädagogischen Maßnahmen schlicht an der "Zielgruppe" vorbei oder sie setzen eher auf Disziplinierung denn auf eine Stärkung des Selbstwertgefühls und des Integrationswillens durch die Freisetzung individueller Fähigkeiten. Die Rückfallquote ist entsprechend hoch, was mangels Chancen der ehemaligen Häftlinge ihren Lebensalltag mit einem legalen Erwerb zu bestreiten, kaum verwundern dürfte.

In Anbetracht dessen mutet es fast ironisch an, dass ein Teilnehmer des wahrscheinlich vielversprechendsten Resozialisierungsprojekts der JSA Berlin-Plötzensee kurz nach seiner Freilassung nach Uganda abgeschoben werden soll. Der Rapper Ronny aka Voodoo, der laut Aussage des GittaSpitta-Produzenten Kronstädta immense Fortschritte innerhalb des Projektes machte und von ihm als "vernünftig, verantwortungsbewusst, diszipliniert, sozialkompetent und fähig, im Team zu arbeiten" beschrieben wird, steht in seiner ehemaligen Heimat vor dem absoluten Nichts.

Bereits seit frühester Kindheit lebt er in Deutschland, sein Heimatdorf wurde bei Unruhen in Uganda zerstört. Alle noch lebenden Mitglieder seiner Familie befinden sich ebenfalls in Deutschland, wodurch die Abschiebung Voodoos durchaus zur "Verschleppung" verkommt, wie die Crew den Vorgang auf ihrer MySpace-Seite bezeichnet.

Was grausam anmutet, ist allerdings gängige Praxis. Straffällig gewordene Menschen ohne deutschen Pass können bereits bei der ersten vorsätzlichen Straftat ausgewiesen werden. Die Option kommt praktisch grundsätzlich zur Anwendung, sobald der Betroffene eine längere Haftstrafe verbüßen musste. Ein Vorgehen, das zuletzt auch in einem Artikel der Zeit scharf kritisiert wurde, da Jugendkriminalität nun mal kein Ausländer- sondern ein Unterschichtenproblem darstelle.

Im politischen Geplänkel wird diese Tatsache aber allzu gerne verwischt. Schließlich verkauft sich rechter Populismus in Deutschland auch 60 Jahre nach dem Holocaust wie geschnitten Brot. Gewiefte Wahlkämpfer wie Roland Koch und Günther Beckstein wissen genau, welche Klischees es zu bedienen gilt, um die Meinung treuer BamS-Leser zu ihren Gunsten zu bilden.

So wird sich voraussichtlich auch in den nächsten Jahren nichts Grundsätzliches an der deutschen Abschiebepolitik ändern, die viele Menschen in die Fremde schickt, wo sie oft Armut, Verfolgung oder gar Tod erwarten. Auf der Strecke bleibt die Menschlichkeit.

Die GittaSpitta-Crew, ihre Fans, Verwandte und Mithäftlinge empfinden nun vor allem Frust: Wozu Integration, wozu Resozialisierung, wenn man am Ende doch nur ausgegrenzt und einem die Chance auf eine legale Selbstverwirklichung genommen wird? So verkehrt sich das an sich positive Signal des GittaSpitta-Projekts, das den Häftlingen Hoffnung gab irgendwann auf legalem Wege ihren Unterhalt bestreiten zu können, in eine Botschaft der Ausweglosigkeit.

Dass Fans und Freunde von Voodoo sich mit zornerfüllten Kommentaren auf MySpace zu Wort melden und unsere Politiker dabei zum Teil derbe beschimpfen, muss angesichts Voodoos Schicksal kaum wundern.

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270 Kommentare

  • Vor 16 Jahren

    @Subversive1 (« Toll ist es nicht, das ist wohl wahr. Möglicherweise lässt sich aber die Ausreise aus Uganda in ein sicheres Drittland realisieren, weiß nur nicht genau, wie das so mit dem EU-Abschieberecht läuft.

    Glaube irgendwie kaum, dass er in ein EU-Land einreisen darf, wenn er bereits aus einem EU-Land ausgewiesen wurde - Durch die Freizügigkeit innerhalb der Föderation ließe siech ein Einreiseverbot in nur einen der Mitgliedsstaaten vermutlich nicht durchsetzen.

    Weiß da jemand genaueres? »):

    hallo subi,

    es gibt auf der eu-ebene zwar das freizügigkeitsR und dessen begrenzungen. so etwas wie ein einheitlich europäisches abschieberecht existiert gleichwohl nicht.
    das ist jeweils teil des nationalen aufenthaltsrechts.

    insoweit:

    sehr gut die drittlandidee.
    ich befürchte nur, dass ohne zwingenden grund (ehefrau oder kind) sicherlich keine aufenthaltsgenehmigung o.ä. erteilt wird.

    aber: I D E E !!!!!

    voodoo ist - soweit ich weiss - staatsbürger ugandas.
    uganda ist ehemalige kolonie des uk.
    uk ist teil der eu.
    uganda ist auch heute noch teil des commonwealth.

    = möglicherweise haben angehörige von commonwelthstaaten deutlich erleichterte einreise- und aufenthalstbedingungen in gb.

    (......ich weiss....ich bin brilliant ;) )

    lg dba

    ps : warum wird das mandat mit diesem erkennbar unmotivierten und zumindest scheinbar nicht so fähigen rechtl. vertreter nicht gekuündigt und sich ein anderer gesucht?

  • Vor 16 Jahren

    @dein_boeser_Anwalt («
    aber: I D E E !!!!!

    voodoo ist - soweit ich weiss - staatsbürger ugandas.
    uganda ist ehemalige kolonie des uk.
    uk ist teil der eu.
    uganda ist auch heute noch teil des commonwealth.

    = möglicherweise haben angehörige von commonwelthstaaten deutlich erleichterte einreise- und aufenthalstbedingungen in gb. »):

    Hört sich jedenfalls interessant an. Ich leite das mal weiter. Sollte man auf jeden Fall mal auschecken...
    @dein_boeser_Anwalt («
    ps : warum wird das mandat mit diesem erkennbar unmotivierten und zumindest scheinbar nicht so fähigen rechtl. vertreter nicht gekuündigt und sich ein anderer gesucht? »):

    Das müsste dann ja Voodoo regeln, bzw. er müsste jemandem entsprechende Vollmachten erteilen. Allerdings ist er bisher eben im Rundum-Sorglos-Paket BRD nicht gerade zu Eigenverantwortlichkeit und selbstständigem Handeln erzogen worden. Erst Waisenhaus, dann Knast. Immer Bevormundet, nie erwachsen - Weiß nicht ob er das hinkriegt.

    Da müsste vermutlich jemand mit entsprechend vorbereiteten Dokumenten runter fliegen und ihm 'nen Stift in die Hand drücken - so halt, dass er nur noch unterschreiben muss...

  • Vor 16 Jahren

    [quote="Subversive1
    Da müsste vermutlich jemand mit entsprechend vorbereiteten Dokumenten runter fliegen und ihm 'nen Stift in die Hand drücken - so halt, dass er nur noch unterschreiben muss... »):

    nein, das geht auch anders.

    jmnd faxt den vordruck (hiermit kündige ich das mandat mit sofortiger wirkung wg verlust der vertrauensgrundlage).
    das ist letztendlich ein satz+datum+unterschrift.

    gleichzeitig erteilt er mit einem satz jmnd, dem er vertraut rechtsgesch. vollmacht zur auswahl eines neuen rechtl vertreters.

    was ich damit sagen möchte:

    man braucht eigtl nur eine faxadresse in uganda und eine vertrauensperson hier.

    das vorformulieren von hier ist nicht so schwierig.

    lg dba