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Was machen wir jetzt damit?

Das wirft vor allem die Frage auf: Was machen wir jetzt damit? Was sagt man dazu? Ich bin ja in typischer Whiteboy-Manier oft jemand gewesen (aber halt auch einfach mit dem Kontext, wie deutscher Rap sich entwickelt hat), der zumindest nicht das Ende der Welt darin gesehen hat, wenn ein Idol sich mal kulturell unsensibel verhalten hat. All die Videos von Blackpink als Teenager, die in irgendwelchen Auditions-Videos das N-Wort in den Coversongs mitsingen, das ist dumm und furchtbare Optik: Aber ich finde zumindest nicht, dass das jetzt der ultimative Indikator einer tiefen, rassistischen Ideologie ist.

Aber das hier? Ich weiß nicht, wie ich's anders sagen soll. Das ist halt einfach Rassismus. In 4K, live und in Farbe, so genau an der Definition des Wortes, wie man es irgendwie nur sein könnte. Und es ist doppelt bescheuert, weil Kiss Of Life zumindest keine Kinder mehr sind und sich viel damit gerühmt haben, sich mit diesen Sachen beschäftigt zu haben. Um an einem Punkt zu sein, überhaupt so detaillierte Stereotype aufzubauen, muss man ja zumindest etwas Ahnung von dem haben, was man da beschreibt.

Hier verstehe ich dann auch zu 100%, dass Leute ehrlich sagen, dass das für sie ein Dealbreaker ist. All die schwarzen K-Pop-Fans müssen ja eh schon mit diesem komischen Bauchgefühl leben, dass K-Pop lächerlich viel schwarze Kultur neu verpackt und weiterverkauft - und dabei nicht unbedingt immer den würdevollsten Umgang damit findet. Aber dann noch obendrauf so ins Gesicht gespuckt zu bekommen, dass Blackness und schwarze Kultur für diese Mädels nur ein riesengroßer Witz ist, das muss schon hart sein.

Was macht man also damit? Ehrlich, gar keine Ahnung. Ich checke auch nicht, was Leute da jetzt für Entschuldigungen einfordern. Es gab eine Entschuldigung, natürlich war die dann nicht gut genug. Es ist ja auch sehr unwahrscheinlich, dass ein internationaler Shitstorm vier Mädels, die des Englischen nur limitiert mächtig sind, binnen 24-Stunden eine sozio-historisch-kulturelle Epiphanie verpasst hat und sie jetzt neue, reformierte Menschen sind. Die Wahrheit dürfte in Korea ähnlich wie in Deutschland so aussehen: Oft führen sich die, die sich am meisten mit schwarzer Kultur beschäftigen, gegenüber schwarzer Kultur am meisten wie die Axt auf. Es ist nämlich nicht so, als ob die Leute, die es kaufen sollen, das besonders schlimm finden, weil schwarze Stimmen nicht gehört werden und auch sonst keine große Lobby haben.

Kiss Of Life könnte es tatsächlich treffen, weil der internationale Hype sie schon ziemlich getragen hat, bisher. Diese Hipster-Kredibilität, die sie bisher genossen haben, wird Geschichte sein. Aber ich glaube kaum, dass das ihren koreanischen Markt nennenswert erschüttern wird. Es ist also zum Mäusemelken: Die einzige Sprache, die K-Pop-Labels verstehen, ist die des Geldes. Aber solange die, die es interessiert, in der Minderheit sind, werden solche absurden Vorfälle vermutlich auch in Zukunft weiter konsequenzlos dahinsiechen.

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