Regisseur Joann Sfar bringt das Leben der französischen Legende auf die Leinwand. Ein Biopic der besonderen Art.
Berlin (mvv) - Dies ist kein normales Biopic, vielmehr ein starker Film und eine gelungene Hommage an einen der Großen des Pop: Serge Gainsbourg. Ja, das ist der mit der Stöhnorgie ("Je t'aime … moi non plus"). Schlimm genug, dass einem fast immer zuerst diese Stück einfällt, wo der Mann doch so viel mehr geschaffen hat.
Gut aber, dass Regisseur Joann Sfar, der bisher eher als Star der französischen Comicszene galt, einen so innovativen und über weite Strecken auch respektvollen Ansatz wählt. Über "Gainsbourg. Der Mann, der die Frauen liebte" (Kinostart: 14. Oktober) sagt Sfar: "Die Wahrheit könnte mir gar nicht gleichgültiger sein. Ich liebe Gainsbourg viel zu sehr, um ihn ins Reich der Realität zurückzuholen (…) Ich möchte einen Kultfilm machen, keinen journalistischen Bericht über sein Leben abliefern".
Surreal fantastisch
Das mit dem Kultfilm wird sich weisen. In jedem Fall aber unterscheidet sich die Filmbiografie von bekannten Werken des Genres. Was vor allem an der wunderbaren visuellen Gestaltung liegt: Surreale und fantastische Sequenzen geben dem Film eine teils märchenhafte Anmutung.
Gainsbourg imaginiert sich als herrlich überzeichnetes Alter Ego mit riesiger Nase, das wohl auch unterstreichen soll, dass der weltberühmte Frauenheld unter seinem charakteristischen Äußeren litt: "Meine Chansons sind eine Sache, meine Fresse ist eine andere".
Natürlich bleiben Klischees nicht aus: So zeigt uns Sfar gleich zu Beginn den noch blutjungen Gainsbourg mit Fluppe zwischen den Lippen. Wenig später erklärt der vorlaute Bub: "Musik interessiert mich nicht!". Dass er sich da gehörig täuschen sollte, zeigt der weitere Verlauf des Films, der sich indes nicht nur auf seine musikalischen Ambitionen kapriziert, sondern (auch dies eine Stärke des Streifens) das zeichnerische und malerische Talent Gainsbourgs nicht ausklammert.
Überzeugende Besetzung
Durchweg überzeugend ist der Cast, allen voran Éric Elmosnino, der Gainsbourg in Habitus und Manier wohl doch recht nahe kommt. Man liest von langen Sitzungen in der Maske – ein Lob auch in diese Richtung. Beeindruckt aber ist man in zunehmenden Maße von all den so toll gespielten Frauenfiguren: Besonders schön inszeniert ist das erste Treffen Gainsbourgs mit der großen Juliette Gréco (hinreißend: Anna Mouglalis), vor dem er sich vor Nervosität fast in die Hose macht.
Es folgen: Laetitia Casta als Brigitte Bardot, die dieser tatsächlich ähnelt und nur vom Schauspielerischen her nicht gänzlich brilliert, schließlich die famose Lucy Gordon, die sich tragischerweise nur wenige Wochen nach Drehende das Leben nahm, als Jane Birkin.
Dass man dafür von Serges Tochter, der nicht minder begabten Charlotte, eher wenig erfährt in diesem Film, wird den einen oder anderen Fan der aparten Dame enttäuschen. Ursprünglich hatte es ja Überlegungen gegeben, Charlotte doch ihren Papa selbst spielen zu lassen. So ist es nicht gekommen, und das ist wohl auch besser.
Alles in allem erinnert "Gainsbourg" mehr an Biopics wie "Falco - Verdammt, wir leben noch!" oder "I'm Not There" (mit Charlotte!) als an "Walk The Line" oder den erst im Dezember startenden, ganz und gar wunderbaren "Nowhere Boy" über den jungen John Lennon. Letztere sind doch um einiges emotionaler als das von Joann Sfar so virtuos inszenierte, fantastische Märchen rund ums französische Nationalheiligtum Serge Gainsbourg.
1 Kommentar
Guter, wenngleich leider nicht großartiger Film.
Gerade in der 2. Hälfte hat man häufig das Gefühl, dass der Regisseur einfach die wichtigsten Episoden abhakt.
Ansonsten aber sehr überzeugende Schauspieler. Und der Soundtrack ist einfach nur großartig.