Arda Saatci, Filow, Kianush, Monte und Zarbex hat Streamer Rohat "alle weggewichst", angeleitet von Kollegah. Die Revanche folgte sogleich.

Buxtehude (dani) - Guck' an: Hab' ich doch was mit Kollegah gemeinsam. "Diese Streamingszene ist ja eigentlich nix für mich", sagt er, und zum ersten Mal seit langer Zeit möchte ich einen seiner Sätze voll umfänglich unterschreiben. Dieses ganze Twitch-Universum ist mir ein Buch mit sieben Siegeln. Ich weiß nur, dass da jeden Tag Zigtausende mehrheitlich junge Menschen am Rechner sitzen und andere junge Menschen dabei verfolgen, wie sie ihrerseits am Rechner sitzen, labern und auf Kommentare zu ihrem Gelaber reagieren.

Recht einfach nachvollziehbar dagegen scheint mir, warum es Kollegah in diese Streaming-Szene zieht: Dort wartet, sieht man ja an den Zugriffszahlen, ein riesiges Publikum, das er sich jetzt offenbar mit aller Gewalt erschließen will. Dass sich ein Bilderbuchnarzisst wie er nicht sang- und klanglos aus der Öffentlichkeit zurückziehen würde, lag auf der Hand.

Rap-Rente à la Kollegah bedeutet: Er macht jetzt halt "den übelsten Battle-MC" aus einem Streamer namens Rohat. Wie das vonstatten geht, kann man in Kollegahs jüngstem "Sidequest"-Video beäugen:

Zuvor hätte man ihm bei seiner täglichen Dosis "Bosstransformation" zuschauen können, und bei einer seiner gönnerhaften Selbstinszenierungen, diesmal als Retter der Waisenkinder. Klar sind Geschenke, ein Spendenaufruf und Öffentlichkeit für eine ehrenamtliche Organisation, die trauernde, traumatisierte Kinder betreut, wahrscheinlich Gold wert. Wenn man Kollegah da wie eine Weihnachtsmann-Karikatur im Stuhlkreis sitzen und Geschenke verteilen sieht, bleibt trotzdem ein unangenehmer Beigeschmack, als nutze er das Leid anderer als Bühne für sich selbst.

Dieses G'schmäckle fehlt bei seiner Koop mit Rohat zum Glück, hierbei geht es, vollkommen unverschleiert, beiden rein darum, die Reichweite des jeweils anderen auszunutzen. Nur deswegen besuchte Rohat Kollegah im Studio und ließ sich von ihm einen Disstrack schreiben. Gegen seine Streamerkollegen, deren Namen ich zum überwiegenden Teil noch nie gehört habe. Kollegah aber ja auch nicht, es kann also nicht so furchtbar wichtig sein. Ist ja alles eh nur Spaß, zwinkerzwinker.

Irgendwer wird schon antworten

Der Track, der dabei rausgekommen ist, gehorcht brav Schema F: Auf langweiligem Bombastbeat, wie sie Kollegah ja immer pickt, beschwört Rohat erst einmal seinen eigenen Erfolg, den er - worin auch sonst? - in Zugriffszahlen und Geld bemisst. Als Zielscheiben dienen hernach diverse Streamer-Kolleg*innen, in der Reihenfolge ihres Auftretens: Ediz, Rose, Max Schradin, Hamedloco, Mert Abi, Zarbex, Veni, Monte, Trymacs, Tim Gabel, Elotrix, Arda Saatci, Kianush, BastiGHG, Papaplatte, Reeze, Krokoboss, Hungriger Hugo, Willy, Sidney, Filow und Eli.

Wer sind diese Menschen? Wumpe, der eine oder andere wird schon blöd oder schlicht berechnend genug sein, um auf die Auftragsarbeits-mäßig zusammengeschusterten Lines zu reagieren, sich idealerweise selbst einen Rapper ins Boot holen und "zurückdissen" (ich las bereits, Schradin wolle für eine Antwort Sido rekrutieren). Irgendjemandes Fanbase wird hämisch lachen, eine andere Seite sich aufregen, alle haben Traffic generiert, juhu.

Wenn sich Kollegah und Rohat jetzt noch die tragisch schlecht geschauspielerte Rahmenhandlung der Entstehung dieser Zusammenarbeit verkniffen hätten, es wäre vollends eine ehrliche Angelegenheit geworden. Aber das ist wohl wie im Porno, da kleben sie ja auch irgendeine hahnebüchene Story rund ums Fickificki, auch wenn die wirklich niemanden interessiert. Irgendwie muss der Scheiß wohl trotzdem eine gewisse Form wahren. "Alle weggewichst", lautet passenderweise dann auch Kollegahs Fazit. Was seltsam treffend erscheind, wienert er damit im Grunde ja auch nur wieder das eigene Ego.

Gegenbesuch mit Aluhut-Talk

Fehlte nur noch der Gegenbesuch in Rohats Stream, den könnt ihr hier verfolgen. Immerhin zweieinhalb der (wtf?) sechseinhalb Stunden war Kollegah am Sonntag anwesend und beantwortete Zuschauerfragen. Vorausgesetzt, sie drehten sich nicht um Rap. Damit habe er nämlich nichts mehr zu tun, so der Boss einmal mehr. "Ich bin jetzt in einer neuen Welt". Wie sehr das der Wahrheit entspricht, zeigte sich umgehend. "Das braucht schon Eier, dass man da seine Meinung auch kundtut", hieß es salbungsvoll, als die Rede auf "Aluhut-Talk" und "Verschwörungstheoretiker-Scheiß" kam.

Weil, wer der Boss sein will, über die erforderlichen Eier selbstverständlich verfügen muss, dozierte Kollegah im Folgenden über den Einsatz von Riesen beim Pyramidenbau, zog Parallelen zwischen Nahtod-Erlebnissen, den drei großen Weltreligionen und Astralreisen, sprach über Free Energy und die Erschaffung des menschlichen Körpers aus Lehm. Deswegen empfahl er von der Natur mineralisiertes Quellwasser, das beste, "auch von der Molekularstruktur her", ganz anders als in Plastikflaschen abgefülltes Wasser. "Eine Zellmembran kann auch nur Dinge aufnehmen, die auf sie ausgerichtet sind." Füllt man es in Kupferbehälter, kann man übrigens die Molekularstruktur des Wassers über die Schwingung wieder herstellen, hätten Sie's gewusst?

Kollegah hat danach sicher noch ein paar weitere Naturphänomene erklärt und andere erstaunliche Erkenntnisse geteilt. Leider, leider musste ich an dieser Stelle abbrechen und ein Feuer löschen fahren. Spontane Selbstentzüngung. Zu Hause war mein Biophysik-Diplom in Flammen aufgegangen.

Fotos

Kollegah

Kollegah,  | © Selfmade (Fotograf: Laion) Kollegah,  | © Selfmade (Fotograf: Laion) Kollegah,  | © Selfmade (Fotograf: Laion) Kollegah,  | © Selfmade (Fotograf: Laion) Kollegah,  | © Selfmade (Fotograf: Laion)

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