Erzkonservativ gibt der Rapper den Edel-Pimp. Er tut nicht einmal mehr so, als böte sein "Zuhältertape 5" irgendetwas anderes als "neunzehn neue Hits, wo's um nix anderes geht, als dass ich Boss bin und du nicht".

Stromberg (dani) - Wer sich 2021 noch für Kollegah interessiert, weiß es längst: Nach seinen mittelmäßig erfolgreichen Ausflügen ins Lifecoach-Unternehmertum besinnt sich der Rapper zurück auf die Stärken seiner Anfangstage und gibt nach Inszenierungen als Boss, King, Imperator nun wieder den Edel-Pimp. Als Erscheinungstermin für sein nunmehr fünftes "Zuhältertape" kursiert derzeit der 8. Oktober, der jüngste Vorgeschmack darauf klingt und sieht so aus:

So originell wie der Titel - "Zuhälteraura" - mutet auch die Bildsprache im Video an. Kollegah recyclet ein weiteres Mal, was man bei ihm inzwischen tausendfach gesehen zu haben glaubt: Man sieht ihn am Roulettetisch, an der festlich gedeckten Tafel oder vor der Geldzählmaschine sitzend, wahlweise auch im Park eines herrschaftlich anmutenden Anwesens, oder er fährt in der schwarzen Luxuskarosse schnurgerade Landstraßen entlang. Wie arg ihn das inzwischen selbst langweilen muss, davon kündet seine durch und durch reglose Miene.

Product De-Placement

Bei alledem trägt Kollegah unterm obligatorisch wuchtigen Pelzmantel abwechselnd schnieke Dreiteiler oder Werbe-T-Shirtle seines Alpha-Empires. In letzteren wirkt er im aristokratischen Setting zwar merkwürdig underdressed - aber was tut man nicht alles für ein bisschen Eigenwerbung? Gepflegtes Product De-Placement stört den Boss, dessen Fußstapfen angeblich Kornkreise im Feld sind, offenbar genau so wenig wie der Umstand, dass er mit seinem Wallebart von Video zu Video mehr wie eine aufgepumpte, dafür ungleich trübsinnigere Version von Toxik Kargoll aussieht.

Erzkonservativ

Musikalisch gerät "Zuhälteraura" ebenfalls erzkonservativ. Johnny Illstrument und Worek schustern ein Instrumental mit wimmernder Violine, das zwar groß und raumgreifend klingt, aber so wenig Alleinstellungsmerkmale mitbringt, dass man es in der Sekunde, in der der Track verklungen ist, schon wieder restlos vergessen hat.

Inhaltlich erwartet noch nicht einmal der Urheber selbst von seinem neuen Album irgendetwas Neues. "Hier, ein Maserati, Mama." Immerhin betreibt er keinen Etikettenschwindel: Kollegah preist "Zuhältertape 5" ungeniert als "neunzehn neue Hits, wo's um nix anderes geht, als dass ich Boss bin und du nicht". Damit erfüllt er vermutlich voll und ganz die Erwartungen und Hoffnungen seiner verbliebenen Fanbase, die sich verzweifelt "den alten Kollegah" zurückwünscht. Nun, hier isser, wirft mit Wie-Vergleichen um sich wie Kollege Johannesberg in seinen dunkelsten Stunden und reimt "Beretta" auf "Vendetta" und "Kirschblütenblätter". Die fallen in Kolles Welt gleichzeitig mit dem Herbstlaub ... well, dass Biologie nicht zu seinen Paradedisziplinen gehört, wissen wir aber ja auch nicht erst, seit er von starken Immunsystemen schwadroniert.

An einer Stelle hat mich Kollegah diesmal aber doch zum Lachen gebracht - und das ist mehr, als er mir seit ziemlich langer Zeit gegeben hat: "Ey, vom aggressiven Youngster zum raffinierten Mobster, doch hab' immer noch Probleme mit dem marinierten Lobster / Komm' mir vor wie Edward mit den Scherenhänden: mit dem Krebs am kämpfen wie Chemo-Patienten" - und dazu der herrlich ratlose Blick auf das kostspielige Krustentier auf dem Teller: Das hat Comedy-Potenzial, davon gerne noch einen Nachschlag.

Fotos

Kollegah

Kollegah,  | © Selfmade (Fotograf: Laion) Kollegah,  | © Selfmade (Fotograf: Laion) Kollegah,  | © Selfmade (Fotograf: Laion) Kollegah,  | © Selfmade (Fotograf: Laion) Kollegah,  | © Selfmade (Fotograf: Laion)

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