Nach harscher Kritik an Rollins Äußerungen zum Thema Selbstmord bittet dieser um Verzeihung.
Los Angeles (mab) - "Während der letzten neun Stunden habe ich Briefe aus der ganzen Welt beantwortet. Der Ärger ist riesig und meiner Ansicht nach vollkommen angebracht", eröffnet Henry Rollins sein am 22. August veröffentlichtes Entschuldigungsschreiben.
Kritik der Fans nach Angriff auf Robin Williams
Tags zuvor hatte er in seiner wöchentlichen LA Weekly-Kolumne den Freitod Robin Williams' kritisiert. Dieser habe mit seinem Suizid die Verantwortungspflicht gegenüber seinen Kindern verletzt, Selbstmord sei verachtenswert.
Der ehemalige Black Flag-Fronter löste damit eine Welle der Empörung aus. Von verschiedensten Seiten hagelte es scharfe Kritik an der "Ignoranz" des Sängers. Zahlreiche Fans zeigten sich enttäuscht. Schon in der Woche zuvor war Kiss-Chef Gene Simmons mit Kommentaren in Richtung von Depressionspatienten aufgefallen - wenn auch in entgegengesetzter Stoßrichtung.
"Ich wollte niemanden verletzen"
Nun bereut Rollins seine Äußerungen. Auf seiner Homepage versicherte er, dass er niemandem wehtun wollte: "Mein Artikel verursachte großen Schmerz. Es ekelt mich an, so viele Menschen verletzt zu haben. Dies war nicht meine Absicht, doch es war definitiv das Resultat. Ich lese alle Briefe. Einige sind sehr lang und voller Enttäuschung, Unmut und alarmierender Klarheit."
"Ich hatte ein Leben durchsetzt mit Depression. Manche Tage sind entsetzlich. Nach allem, was ich erlebt habe, sollte ich es besser wissen. Offensichtlich war das nicht der Fall. Ich werde unglaublich wütend, wenn jemand auf diese Weise stirbt. Nicht wütend auf denjenigen, sondern wütend auf das, was ihn soweit getrieben hat und dass niemand auf magische Weise erschienen ist, um ihn zu retten."
"Bestraft mich, so lange ihr wollt"
Den Aufruhr könne er inzwischen voll und ganz nachvollziehen. Rollins macht deutlich, dass er sich nicht vor den Anschuldigungen verstecken will: "Ich verlange keine Prügelpause. Zieht mich zur Rechenschaft, so lange ihr möchtet. Wenn ihr nach dem, was ich sagte, fertig mit mir seid, verstehe ich das. Es tut mir aufrichtig leid. Ihr werdet mir das verständlicherweise nicht glauben, aber so ist es wirklich. Es liegt nicht in meinem Interesse, irgendjemandem wehzutun, doch das ist geschehen."
Im Anschluss an die Entschuldigung auf seiner Website veröffentlichte Henry Rollins heute einen weiteren Artikel zum Thema bei LA Weekly. Die Überschrift lautet "More Thoughts On Suicide". Der Spoken Word-Künstler nimmt darin erneut Bezug auf die ihm im Lauf der letzten Woche zugesandte Post und verspricht, seinen Standpunkt grundlegend zu überdenken. Dafür will er sich eingehend mit den Thematiken Suizid und Depression beschäftigen.
3 Kommentare mit 12 Antworten
also ... auch wenn ich der Meinung bin, dass er mit seinen Suizidaussagen grösstenteils daneben gegriffen hat, macht mich doch etwas anderes viel stutziger.
Statt eine "Welle der Empörung" hätte ich mir lieber eine "Welle der Kontroversen Diskussion" gewünscht. Denn in gewissen Dingen, aus gewissen perspektiven lag er nicht überall vollkommen daneben.
Wenn man aber direkt auf Rage-Mode schaltet und den Schreiber angiftelt, verbaut man sich die Möglichkeit über das gesagte nach zu denken. Man hat sich also vom denkenden Menschen zum reagierenden Primaten entwickelt, der doch lieber Steine auf Spatzen wirft, statt die ganze Suizidgeschichte unter verschiedenen Sichtweisen zu analysieren.
Mein Problem? So kommen wir nicht weiter. Diese Reaktionen gibt es immer und überall, und das hier ist nur ein Beispiel. Heute kannst du nix mehr sagen ohne direkt "eine Welle der Empörung" aus zu lösen. Dabei wäre es wünscheswert, wenn die Leute bisschen runterkommen und wieder differenzierter s Denken anfangen.
Dieser Kommentar wurde vor 10 Jahren durch den Autor entfernt.
Hugh, Cafi hat gesprochen.
Im Ernst, deswegen habe ich mich da direkt rausgehalten, weil das Thema zu zweischneidig ist um direkt den Holzhammer rauszuholen und den pösen Rollins zu vermöppen. Vielleicht auch ein wenig aus dem Kontext seiner recht langen Rede herausgerissen, was laut.de hier präsentiert hat.
Amen.
Der ganze Shitstorm (wie auch auf Laut angedeutet) ist doch auch nichts anderes als Ausdruck der Hilflosigkeit, mit dem Thema ernsthaft umzugehen. Rollins erster Brief war eine tief zwiegespaltene Auseinandersetzung (mit Missgriffen in der Formulierung hier und da), bei der es eben kein Schwarz und Weiß gibt. So hinterlässt es den Beigeschmack, dass bei Depression Narrenfreiheit verordnet wird und die political correctness als einfachstes aller Urteile mal wieder wie klebriger Zuckerguss über der Diskussionsmaterie liegt. Empörung um der Empörung willen, bloß nicht den Verdacht erregen, dass es so simpel nicht ist. Denn in dem Fall müsste man ja nachdenken.
Ihr verteidigt hier also einen Text, der Henry Rollins selbst hochpeinlich ist, weil er undifferenziert, schwarz-weiß gezeichnet, unterstellend und verletzend war? Ja, Tinco, eben jener Text war schwarz-weiß. Aufgrund der Empörung ist Rollins heute zu viel differenzierenderen Ansichten gelangt.
Ich habe wenig Lust auf einen Zitate- und Auslegekrieg des ersten Textes. Während es sicher eine sehr unpolierte Ansammlung von Gedanken war, teile ich im Gesamteindruck deine Wahrnehmung nicht.
lies dir bitte nochmal meinen Beitrag durch.
ich habe mir Arg die Mühe gemacht, es so hin zu stellen, dass Rollins' ursprüngliche Aussagen im grossen und ganzen ziemlicher Unfug sind.
so.
das heisst aber nicht, dass man deswegen gleich mal an die Decke gehen muss? Das heisst doch auch nicht unbedingt, dass in diesen überaus "einfachen" Aussagen (um es mal nett aus zu drücken) nicht auch ein Körnchen Wahrheit drinstecken könnte?
Und vor allem ist der Ursprüngliche Text kein Grund, den Kippschalter im Oberstübchen auf "off" zu schalten und dann los zu shit-stormen.
vor allem letzteres prange ich an. Man kann (muss nicht, aber kann) sogar so weit gehen, dass man sagt, dass Rollins als Künstler absichtlich polarisiert hat, um den Menschen damit eins vor den Latz zu knallen um sie zum denken zu animieren. Machen Künstler nämlich gelegentlich.
Das ist fast wie die BH-Verbrennungen in den 60ern oder wann das war. Das ist auch mehr ein Zeichen gewesen, als wirklich ein Befreiungsschlag des Feminismus.
Da interpretierst Du jetzt aber sehr viel rein. Dagegenzuhalten wäre auch, daß er sich entschuldigt hat. Damals wurden ja auch keine BHs verbrannt, sich danach entschuldigt und brav wieder einer angezogen.
Nein, Rollins hat einfach frei von der Leber weg seine einfachen Reaktionen auf Robin Williams Tod aufgeschrieben.
Ich kann auch nicht ganz erkennen, inwiefern die Reaktionen auf den Artikel mit dem "Off"-Schalter verfasst wurden. Die meisten Antworten müssen vielmehr umsichtig kritisierend gewesen sein, sonst hätte Rollins wohl kaum so einsichtig reagiert. Auch auf der guten alten Troll-Seite laut.de gab es sinnvolle Kritik.
Gegen blinde und vertrottelte Empörung habe ich sicherlich auch was, aber das wird hier wohl kaum der Fall gewesen sein...
dann sind wir uns nichtmal so uneinig.
Ich meinte nur vor allem, dass Rollins Text eben nicht soooo schwarz/weiss und undifferenziert ist.
naja. mir tut williams leid. ich glaube, er hat gelitten wie ein hund. aber bei aller sympathie und mitgefühl, rollins hat in einem punkt recht. wenn du elternteil bist, gibt es einfach dinge, die größer und wihctiger sind als dein wohlbefinden und dein ego. und das ist nun mal dein kind. insbesondere wenn es noch kleinere kinder sind. klingt hart... ist aber so. zumal williams kein armer mann war. klar, geld macht nicht glücklich aber mit genügend cash kann man schon ne menge glücklichmacher kaufen
"klar, geld macht nicht glücklich aber mit genügend cash kann man schon ne menge glücklichmacher kaufen."
richtig, es geht aber um depressionen, nicht um mid-life-crisis.
sicher kann man dafür argumentieren, dass eltern ihr ego für ihre kinder zurückschrauben sollten. aber depressive sind in gewisser hinsicht ertrinkende auf weiter see - wenn die irgendwann zu erschöpft sind, um weiterzustrampeln, ist kein spielraum mehr für moralische appelle.
vielleicht hätte er sich mehr dafür anstrengen sollen, therapie zu bekommen? vielleicht sollten ertrinkende lauter rufen.
also ich weiss, dass z.B. ein wildes gemisch aus brauereiprodukten+xanax+Clomipramin+lyrica sehr wohl glücklichmachende wirkung hat. auch bei depression
die möglichkeit, dass er sich C und Opiate mit all seiner kohle kaufen kann, mal außen vorgelassen
Ich find es ja eine äußerst ungute Praktik, immer wieder von dem zurück zu treten, was man gesagt, nur weil man eine Welle der Empörung los getreten hat, das machen die sogenannten Prominenten ständig, bloß keine eindeutige Position beziehen, es bloß immer allen recht machen. Kein Wunder, dass alle glatt gebügelt und schmalzig sind, wenn es bei jeder klaren Ansage immer gleich Protestbriefe und Boykottaufrufe hagelt. Lasst den Menschen doch ihre Meinung, dafür ist eine Diskussionskultur doch da.
Und seine Aussagen sind zwar etwas undifferenziert, aber im Kern wahr. Wenn man Kinder hat, muss man sich eben den Arsch aufreissen, aber wenn man es eben nicht schafft, ist es auch okay. Ein schaler Beigeschmack bleibt dennoch immer, wenn sich Leute das Leben nehmen, denn die die zurück bleiben, leiden meistens ihr restliches Leben lang.
Finde ich auch. Man sollte sich genau überlegen was man sagen will und dann dazu stehen. Vielleicht noch 'ne Nachfolgemeldung, um einige Dinge klarzustellen, die vielleicht nicht richtig rübergekommen sind, aber im Grossen und Ganzen dazu stehen. Dieses was sagen und dann sich entschuldigen und man hätte es nicht so gemeint, man hätte niemanden beleidigen wollen und blubb und bla ist einfach nur erbärmlich und peinlich.
Und ja, wenn man Kinder hat, hat man eine Verantwortung. Sich da durch Selbstmord davon zu stehlen ist egoistisch und erbärmlich. Denn die Kinder werden ein Leben lang darunter leiden, siehe z.B. Peaches Geldof.
PS: Zu oben gesagtem stehe ich und werde mich bei niemandem entschuldigen, der meine Meinung nicht teilt.