"Felder" vs. "Exeter"
Das Buch: Jürgen Becker - "Felder"
Das Album: Bladee - "Exeter"
Warum passt es?
Wenn ich in meiner Wissenschaft des Buch-Album-Wingman-Seins etwas gelernt habe, dann, dass der erste Eindruck oft trügt. Man will seine Freunde oft anhand von oberflächlichen, einleuchtenden Gemeinsamkeiten verkuppeln, aber die tieferen Verbundenheiten führen manchmal an seltsame, aber viel witzigere Orte. Ich wollte diese nächste Suhrkamp-Ausgeburt erst bekämpfen, indem ich sie mit sperrigem Jazz oder Industrial bestätige. Weil Beckers Beginn der "Felder"-Trilogie auch ein fragmentierter, sperriger Text ist. Aber Blödsinn: Die 68er-Literaten Deutschlands wie Becker und Heißenbüttel sind insgeheim nur die Drain Gang der 60er, und schwedischer Cloud Rap begleitet sie absolut perfekt. Genau wie Jürgen Becker hier ist auch Bladee ein wirrköpfiger Mensch aus einer anderen Welt, dessen Schaffen bizarr seiner eigenen Logik folgt. "Exeter" und "Felder" haben Chemie in ihrer Desorientiertheit, aber auch in ihrer Liebe, das Verstrahlte im Alltäglichen zu sehen. Es ist die Welt durch Outsider-Augen.
Leseprobe:
Sie können ruhig jemand besuchen gehen; man wird Ihnen sagen, dass niemand zu Hause ist. Später, bei zufälliger Begegnung auf der Straße, wird man Ihnen Vorwürfe machen, dass Sie nicht rufend und singend ins Haus eingedrungen sind. Stumm bleiben fällt leicht hier. Niemand verlangt auch, dass sie irgendetwas anders machen. Nichts stinkt. Vergangenes ruht. Wenn ihnen Nichts zustößt, ist es Ihr Verdienst. Der Winter ist hier die Ausnahme, der Sommer auch, alles mild, wie alles, was das Gleichmaß des Befindens stören könnte. Es gibt Leute hier, die in Ruhe verstummen. Abwechslung kommt von der Straße genug; immer zieht ein Mann umher, der plötzlich zuckt, schreit, in die Luft schlägt. Sie sehen, dass man jeden hier gewähren lässt; Unterschiede schmücken die Welt.
Sie können auch durchaus einer Meinung sein; auch darin lässt man Ihnen freie Hand. Indem man die Leute reden lässt, erspart man ihnen, etwas zu tun. Viel wird geichwohl getan. Neues breitet sich aus, ohne dass Sie es merken; und stets steckt ein Kern noch vom Alten darin. Man lässt sich drängen von nichts; Pläne reifen und liegen hier wie Wein. Von Eingriffen wird nichts bekannt. Gefährlich wird manchmal der Wind hier; dann saust das Laub durch die Straßen, und von den Küsten wird Unglück gemeldet. Wild sind in den Schrebergärten die Vögel. Schnecken wüsten im Salat. Schweigend steht der ferne Wald. Nachts liegen Sie, wie überall, Im Dunkel; den Lichtschalter wissen Sie doch in der Nähe. Und zuverlässig kommt jeder Morgen mit der sauberen Zeitung, mit der ruhigen Post. Niemand hindert Sie, müde oder blind zu sein. Das sind viele Leute hier, ohne dass sie wollen, dass sie davon wissen. Und es kommt nur aus der Luft, glauben Sie es, nur aus der Luft. Der Regen ist echt. Schnee ist Schnee, Hier atmet jeder die gleiche Luft. Sie dürfen flattern. Niemand kommt hier zu Fall, der nicht stolpert.
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