Auf Nostalgiereise: Die Band aus Kalifornien reiht grundsympathisch, aber bewegungsarm Hit an Hit.
Hamburg (dük) - In einem Punkt unterscheide ich mich vermutlich vom Großteil des Publikums beim Weezer-Konzert in Hamburg: Ich bin nicht mit Weezer aufgewachsen, also kein Fan der ersten Stunde. der Vergleiche zwischen Konzerten ziehen, die Stimmentwicklung des Leadsängers beurteilen oder das eklatante Fehlen eines bestimmten Songs in der Setlist bemängeln kann. Ich bin ein Musikfan, der - wie wahrscheinlich jeder andere - eines Tages über die Musik der Kalifornier gestolpert ist.
Meine erste bewusste Begegnung mit der Band geht auf ein Video eines damals sehr erfolgreichen amerikanischen YouTube-Kollektivs namens Funhaus zurück: Das waren Menschen, die sich dabei filmten, wie sie Computerspiele zockten (eine Art amerikanisches Rocket Beans), und einer von ihnen konnte überraschend gut singen. Jedenfalls legte er in einer Folge ein wirklich beeindruckendes Cover von "Say It Ain't So" mit abgewandeltem Text hin. Grund genug, mich mit den Urhebern des Songs zu beschäftigen.
Ein Teenie-Traum
Weezers Musik wirkte zunächst einmal so wie jene von unzähligen Amateurbands noch ohne nenneswertes Publikum: Nicht so wirklich professionell, nerdig mit Ecken und Kanten, authentisch, handgemacht und nicht glattgebügelt. Stelle ich mir einen Teenie in den 90ern vor, dann hört dieser Teenie in meiner Vorstellung Weezer. Und zählt 30 Jahre später vielleicht zum Publikum in der Hamburger Sporthalle.
Der Altersdurchschnitt lässt auf jeden Fall die Annahme zu, dass die Mehrheit des Publikums Weezer schon entdeckt hat, bevor es das Internet überhaupt gab. Sie sind gekommen, um die Helden ihrer Jugend wieder zu treffen. Entsprechend heroisch klingt die Einlaufmusik, zu der die vier Kalifornier die Bühne betreten. Optisch sehen sie allerdings so überhaupt nicht nach Superhelden aus. Frontmann Rivers Cuomo erscheint stilecht im Pollunder – wer die Band nicht kennt, stellt sich einen Rockstar vermutlich anders vor.
Geradezu schüchtern wirkt Cuomo auf der Bühne – bis zur ersten Interaktion mit den Fans dauert es ganze drei Songs: die zaghafte Animation doch bitte mitzuklatschen. Seine in Richtung Publikum ausgestreckte Zunge zwischendurch wirkt dagegen eher wie eine Parodie. Weezer gebeen sich in der Kommunikation mit ihren Fans grundsympathisch. Völkerverständigung geht vor: Cuomo stellt seine Bandkollegen auf Deutsch vor, stellt fest, dass sie sich bei der Größe der Venues im Hamburg gesteigert hätten und demnach wohl irgendwas richtig machen müssten. Zudem verrät er, was die Band sonst so in der hansestadt getrieben hat: So sei vor der Show unter anderem ein Besuch im Miniaturwunderland drin gewesen – klassisches Touriprogramm.
Nostalgie pur
Im Gegensatz zur durch die Grgend springenden und dem Publikum ganz schön einheizenden Vorband Bad Nerves verzichten die vier Kalifornier beinahe stoisch auf jegliche Mobilität, worunter die Bühnenpräsenz doch ein wenig leidet. Ohne besondere Vorkommnisse reihen Weezer Hit an Hit und spielen ihren Stiefel herunter: "My Name is Jonas", "Undone – The Sweater Song", "Hash Pipe", "Island In The Sun", "Say It Ain't So", "Only In Dreams", "Beverly Hills", "Buddy Holly" ... Nostalgie pur.
So richtig anzumerken ist dem Publikum die nostalgische Euphorie gleichwohl nicht. Es nimmt die beeindruckende Zeitreise durch 30 Jahre Bandgeschichte größtenteils wohlwollend zur Kenntnis, ohne ausgiebig mitzuwirken. Smartphones sind so gut wie keine zu sehen, zumindest nicht zum Aufnehmen für Social Media-Zwecke. Dafür ist während der Pausen auf dem einen oder anderen Bildschirm die Facebook-App zu sehen. Ein Zeichen, dass die meisten Fans mit der Band mitgealtert sind?
Der Nachwuchs ist da!
Um die nächste Generation Weezer-Fans müssen wir uns aber kaum Sorgen machen: Viele Eltern haben ihren Nachwuchs gleich mitgenommen – richtig so! Und sogar die Gen Z scheint zufrieden, Emma, 24 Jahre alt, erzählt: "Ich fands großartig. Es war super-schön nerdig. Ich fand die Gitarrenriffs toll, und ich mochte, dass sie einfach Spaß hatten. Man hat gemerkt, dass sie gefühlt haben, was sie gemacht haben."
Für den 22-jährigen Christoph war es schon das zweite Weezer-Konzert, allerdings hat er vom Publikum ein wenig mehr erwartet: "Nur weil es etwas ruhigerer Rock ist, muss man nicht auf der Stelle stehen, finde ich." Die Vorband lobt er explizit: "Bad Nerves hat echt geil geliefert, mit ihrer Performance, musikalisch, Bewegungen, Ansprache, das war schon echt 'ne geile Stimmung."
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