Der Justitiar der Landesgruppe des Verbands der Tonträgerhersteller stellte deutschen Musik-Seiten ein mit Fehlern gespicktes Ultimatum.

Konstanz (joga) - Gründlich daneben gegangen ist der Versuch der deutschen Landesgruppe der IFPI, mit Hilfe der einstweiligen Verfügung gegen Napster einige deutsche Musikseiten einzuschüchtern. Am Freitag Mittag vergangener Woche - da hatte sich die Nachricht von der einstweiligen Verfügung gegen Napster herum gesprochen, aber noch nicht, dass auch die Verfügung wieder aufgehoben wurde - erhielten Musikseiten wie www.mpex.net, www.zdnet.de oder www.gnutella.de einen Brief von Clemens Rasch, dem Justitiar des Verbands der Tonträgerhersteller. Darin heißt es u. a.:

"In Zusammenarbeit mit unseren internationalen Schwesterorganisationen wird von uns regelmäßig das Internet auf nichtautorisierte Musikinhalte überprüft. Dabei haben wir festgestellt, daß auf Ihrem Server unter der URL ... der Dienst der Firma Napster.com zugänglich gemacht wird. Wie Sie den Medienveröffentlichungen entnommen haben werden, hat das Distrikt Gericht in San Francisco, Kalifornien den Dienst von MP3.com(!) per Einstweiliger Verfügung verboten, weil durch die Verbreitung von Musikaufnahmen die Urheber- und Leistungsschutzrechte unserer Mitgliedsfirmen und der ihnen verbundenen ausübenden Künstler an diesen Aufnahmen verletzt werden. Auch die Verfügbarmachung des Dienstes von Napster.com per Hyperlink ist rechtsverletzend."

Weiter fordert der Brief per Ultimatium dazu auf, alle Seiten, von denen Napster erreicht werden kann, zu löschen: "Wir haben Sie daher aufzufordern, bis 29.07.00 17:00:00 die unter der oben aufgeführten URL nebst ihrer Untersites verfügbar gemachten rechtsverletzenden Angebote zu speeren und von Ihrem Server zu löschen bzw. löschen zu lassen."

Peinlich, peinlich, denn dieses Ultimatum enthält nicht nur Rechtschreibfehler. Vielmehr zeigen die unhaltbare Behauptung, allein die Verlinkung von Napster sei bereits strafbar, sowie die Verwechslung von Napster mit MP3.com, wie leichtfertig auch bei den Labels mit hohem Rechtsgut umgegangen wird.

Unterdessen wurde bekannt, dass die amerikanische IFPI am Wochendende das FBI zu Hilfe rief, weil es von aufgebrachten Napster-Fans Todesdrohungen gegen Mitarbeiter gegeben habe. Auch wird immer deutlicher, dass sich die Labels mit ihrer Klage gegen Napster selbst ein Bein stellen. Vergangene Woche überholte der Anbieter von Software zum MP3-Tausch erstmals Real.com und war damit die meistbesuchte Entertainment-Seite der Welt. Allein am Wochenende wuchs dank der vielen Schlagzeilen die Zahl der Napster-User um 10% auf 22 Millionen.

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