Mike Patton hat in seiner Karriere schon viele Gesichter gezeigt. Gestern Abend lieferte er aber gemeinsam mit The Roots-Rapper Rahzel eine Show ab, von der andere Musiker nur träumen können.
Zürich (mis) - Anders als bei Mike Pattons Rock-Inkarnationen Tomahawk oder Fantômas wusste dieses Mal niemand so recht, welche Freakshow der Soundwizard mit The Roots-Rapper Rahzel ausbaldowert hatte. Dennoch zog die Alternative-/Hip Hop-Kollabo, die deutsche Clubs kurioserweise ausspart, unerwartet viele Interessierte ins Zürcher X-tra Limmathaus. Die Neugier wurde belohnt: Was in den folgenden 60 Minuten auf der Bühne passierte, kann nur als Stützkurs für Durchgeknallte umschrieben werden.
Rahzel, der sich schon lange vor seinem Einstieg bei The Roots den Titel "The Human Beatbox" erwarb, stand meistens stoisch auf der Stelle und boxte markerschütternde Beats. Derweil grinste Patton beängstigend gut gelaunt im sportlichen Baseball-Aufzug hinter seinem Knöpfchenpult hervor. Mit teilweise ausufernden Ansagen nahm der Wahnsinn seinen Lauf: Rahzel summte und brummte, während seinem Mundraum Beats entfleuchten, die andere auf ihrem Drumcomputer nicht einmal mit Bedienungsanleitung fänden.
"Electronic Acapella Noise" gespickt mit Cover-Versionen könnte man das kredenzte Soundmenü vielleicht nennen. Patton würzte die Vokal-Attacke, die Industrial, Hip Hop, Breakbeats, Downbeat, Soul oder Jahrmarkt-Fanfaren vereinte, mit einigen Samples und Loops. Obendrein führte er sich auf wie eine Mischung aus Robinson Club-Animateur und Cheerleader, was seinen Ruf des ständig unleidigen Zeitgenossens einmal mehr zunichte machte. Anderer Meinung dürfte höchstens der Mann am Mischpult gewesen sein, der sich zur Belustigung des Publikums nach einem kurzen technischen Problem vom Duo verbal arg vorführen lassen musste.
Ehrfürchtig kniete sich Patton dann vor seinem Partner nieder, als der beschloss, Beat-Vortrag und Gesang zu kombinieren. Mit der Zeit konnte sich auch Rahzel, der gegen Ende noch mit schmutzig schönen Soul-Vocals überraschte, den Witzeleien seines Partners nicht entziehen. Beispielsweise wenn der einen Song auf italienisch vortrug, oder mit einem Joint im Mund ins Funkgerät sang. Aus Pattons "Dankescheen" nach einer Nummer kreierte Rahzel einen Beat, was Patton und Publikum zu spontanen Jubelstürmen hinriss.
Nach zwei Zugaben und ca. zwanzig Thank You's seitens Patton verabschiedete sich das aberwitzige Duo zum lautstarken Unwillen der Masse, auf die noch die regelmäßige Montagsclub-Party wartete. Auch Rahzel war darüber informiert: "You must go to the house party now", befahl er zur Verabschiedung, während die Verantwortlichen schwitzend am Bühnenvorhang hantierten. Was für ein Abend.
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