Eine Geburtstagsfeier der unrühmlichen Art: Neonazis mieteten sich unerkannt in einem Partytempel auf der Reeperbahn ein und provozierten erbitterte Proteste. Ein Großaufgebot von Polizeibeamten schützte die Veranstaltung.

Hamburg (art) - Krawall auf Hamburgs Reeperbahn. In der Nacht zum Sonntag führte eine als Geburtstagsfeier getarnte Neonazi-Party im alten C&A-Gebäude zur Eskalation der Gewalt. Ein Großaufgebot von Polizeibeamten stand zwischen den beiden Fronten. Das ehemalige C&A-Gebäude am Nobistor beherbergt bekannte Szene- und Veranstaltungsorte wie die "Weltbühne", "Echochamber", "Click" und "KDW". Andere Räumlichkeiten dort stehen zur freien Anmietung, und dies machte sich Neonazi Torsten Klebe, Mitglied des rechten Netzwerks "Blood + Honour", zunutze.

Getarnt als private Geburtstagsfeier wurde am Wochenende eine rechtsradikale Party durchgeführt, bei der mehrere Bands auftraten. Vermieterin Nicola Tyszkiewicz hatte die im zweiten Stock zwischen "Weltbühne" und "KDW" gelegenen Räume dem Rechtsradikalen nichtsahnend zur Verfügung gestellt: "Er wirkte höflich. Ich hätte nie im Leben geglaubt, dass das ein Nazi ist."

Gegen 18:30 Uhr sammelten sich die Neonazis am S-Bahnhof Hammerbrook und fuhren weiter in Richtung Reeperbahn. Der Partybeginn mit etwa 300 Teilnehmern war auf 20 Uhr angesetzt. Rasch ertönten rechtsradikale Parolen und "Heil Hitler"-Rufe, die weithin hörbar waren. Musik der laut aufspielenden Rechtsrock-Bands drang ebenfalls aus dem Haus. Mitglieder der autonomen Szene erfuhren so sehr zügig, was am Nobistor vor sich ging. Bereits gegen 21 Uhr hatten sich ca. 500 Gegendemonstranten vor dem Veranstaltungsgebäude versammelt und skandierten "Nazis raus". Die Besucher der rechten Veranstaltung begannen, die Demonstranten zu provozieren: Durch die geöffneten Fenster drang immer lautere Musik. Menschen auf der Straße wurden mit Gegenständen beworfen. Einige Autonome beantworteten die Attacken ihrerseits mit Stein- und Flaschenwürfen gegen das Gebäude. Einige Personen stürzten ein Auto um.

Erst jetzt griff die von der Eskalation offenbar überraschte Polizei mit Wasserwerfern ein und riegelte das Gebäude ab. Inzwischen erfuhr auch die Vermieterin, welche "Gäste" sich bei ihr eingeladen hatten und wies die Polizei an, die Veranstaltung zu beenden. Eine nicht durchführbare Aufforderung, wie Polizeisprecher Andreas Schöpflin erläutert: "Die Rechten haben keine Straftaten begangen. Wir hatten keine Handhabe, weil sie einen gültigen Mietvertrag besaßen." Dem steht die Aussage der Vermieterin entgegen, die einen Vertragsbruch seitens der Rechtsradikalen erkannte. Ihr sei vorher nicht mitgeteilt worden, dass auf der Veranstaltung auch Bands aufspielen würden, was allein schon aus Schallschutzgründen nicht gestattet sei.

Gegen 1 Uhr am Sonntagmorgen war die Neonaziparty beendet. Die Teilnehmer verließen den Veranstaltungsort mit HVV-Bussen, die von aufgebrachten Demonstranten erneut mit Steinen und Flaschen beworfen wurden. Dabei wurden ein Rechtsradikaler und ein Polizist verletzt. Zwei Autonome wurden in Polizeigewahrsam genommen.

Nun üben die Hauptmieter des C&A-Gebäudes massive Kritik an der Vorgehensweise der Polizei. Denn durch die Absperrungen der Polizei war es den Besuchern der anderen im Gebäude befindlichen Clubs nicht möglich, diese zu erreichen. Clubchef Wolf von Wadenfels: "Ein Skandal. Die Nazis dürfen feiern, unsere Clubs aber bleiben dicht". Durch die Absperrungsmaßnahmen der Polizei mussten die regulären Clubbetreiber erhebliche finanzielle Einbußen hinnehmen: Ihre Konzerte und Partys begannen mit mehrstündiger Verspätung, oder fielen, wie das Konzert der Golden Heart Boutique, ganz aus.

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