Taylor Swift vs. Apple Music: "Schockierend und enttäuschend"
Können diese roten Lippen lügen? Mir egal. Nicht egal ist mir dagegen die Frage, ob Apple tatsächlich vorgehabt hat, in der (wahrscheinlich) ab 30. Juni beginnenden, dreimonatigen Testphase seines neuen Streamingdienstes Apple Music keinen Cent an die entsprechenden Künstler abzudrücken. So wurde es nämlich bislang kolportiert. Während die drei großen Labels Sony, Warner und Universal dieser Vorgabe anscheinend zugestimmt hatten, gingen viele kleinere Firmen auf die Barrikaden. Das war vor fünf Tagen. Von Apple Music: Kein Kommentar.
Gestern erhob dann Taylor Swift ihr Stimmchen. Mit betont mildem, aber bestimmtem Unterton erklärte sie die Hintergründe für den Entschluss, ihr aktuelles Album '1989' dem Apple-Service nicht zur Verfügung zu stellen. Es sei "schockierend und enttäuschend", dass Apple scheinbar vorhabe, die Künstler, deren Songs in der Testphase abgerufen würden, nicht auszuzahlen. Dabei gab sie vor allem jungen Bands eine Stimme und machte sympathischerweise keinen Hehl daraus, dass diese für alle Künstler folgenschwere Apple-Entscheidung aus ihr keinen Sozialfall machen würde.
Erstaunlicherweise dauerte es nun gerade mal einen halben Tag, bis Eddy Cue, der Apple Software-Chef, via Twitter vermeldete, dass sein Unternehmen natürlich sehr wohl ein Herz für Musiker und Komponisten habe und diese daher selbstverständlich auch in der dreimonatigen Streaming-Testphase entlohnen würde. Knickte Apple also vor der Teenie-Pop-Gigantin Taylor Swift ein, wie jetzt viele Medien spekulieren?
5 Kommentare mit 18 Antworten
Glück gehabt, die Geschichte ist viel romantischer und besser vermarktbar als solche Lappalien wie das Interesse der Justizbehörden oder des FTC wegen möglicher Wettbewerbsverzerrung.
Falls das stimmen sollte: Warum spielen die Majorlabels denn bei so einer kackdreisten "Vorgabe" auch noch mit?
Weil sie sich nach der dreimonatigen Ausfallszeit einen Gewinn errechnet haben und das kompensieren können? Die Majors haben in Sachen Streaming grundsätzlich alle Fäden in der Hand, die Mär von der einseitigen Ausbeutungsmaschinerie ist mMn fragwürdig.
Kackdreist ist es tatsächlich für kleine Labels, die vom Volumen her die drei Monate wirtschaftlich schlecht kompensieren, durch den erwartbaren Erfolg/Reichweite der Plattform allerdings auch nicht darauf verzichten können - die haben in derartigen Vertragssachen aber natürlich wenig zu melden.
Die werden das natürlich schon durchdacht haben, aber ich versteh es trotzdem nicht. Gerade die Majorlabels sind doch in ner super Verhandlungsposition; wenn Apple die Musik von ganz Universal fehlen würde, bräuchten sies trotz allem Rumgehype erst gar nicht versuchen. Und auch wenn einige der kleinen Labels fehlen, kacken sie gegen Spotify ab, wie laut hier ja auch schon schreibt. Das mit dem "erwartbaren Erfolg" ist halt irgendwie so ne selbsterfüllende Prophezeiung. Wenn man dem Konzern, der Jahre später in ein Feld einsteigt, das andere längst besetzt haben, von Anfang an den Arsch küsst und das Leben möglichst einfach macht, dann stehen die Chancen tatsächlich nicht schlecht, dass das Produkt auch Erfolg hat. Gegenüber Spotify und Co. wäre doch eine solche Art von vorauseilendem Gehorsam undenkbar, würde ich meinen.
Siehe meinen ersten Beitrag. Natürlich blasen die Majors Apple Puder in den Hintern, weil keine andere Firma im Musikbereich auch nur annähernd an die existierende Verbreitung iTunes und Mobilisierungskraft Apples herankommt. Dazu ist Apple wirtschaftlich stabil und hat ein sehr gutes, teilweise beinahe religiöses Image. Dass hier im Grunde versucht wird, das Freemium-Modell, namentlich Spotify, aus dem Markt zu drängen und auf das diamantene Einhorn überzuspringen, ist mMn nicht sehr weit hergeholt.
Jaaa, dann macht es von mir aus eben Sinn. Es macht mich halt nur so wütend. Hatte ich bisher gegen Apple auch noch nicht, solche Gefühle, die waren mir immer vor allem egal.
Wieso wütend? Apple nutzt seine Marktmacht seit jeher offensiv aus, siehe beispielsweise ihren eBook Stunt gegen Amazon. Das wäre weder neu noch überraschend; seltsam ist nur, dass das scheinbar keine Spuren im Image hinterlässt.
Was war das für ein eBook-Stunt gegen Amazon?
Och Lauti, du kannst doch Google bedienen. In kurz: Zum Release des iPads hat Apple illegale Preisabsprachen mit großen amerikanischen Verlagen getätigt um Amazons Marktherrschaft zu brechen. Flog auf, ging wegen Kartellbildung vor Gericht, Apple zahlte ein paar hundert Mio. zur ag. Einigung. Hier gibt es eine halbwegs vergleichbare Situation.
Aha, Danke. Ist natürlich keine feine Art, aber wer keine Leiche im Keller hat und so..
Juckt mich herzlich wenig, würde bei Gelegenheit jeder Konzern so machen, alles schon zigtausend mal erlebt. Glaube kaum, dass man solche Unternehmen als moralische Instanzen wahrnehmen sollte.
Schön dass du das alles kommen gesehen hast, Tinco, aber für mich ist es halt das erste Mal, dass ich derart mitbekomme wie alle Apple ohne Grund blind hinterherrennen, wahrscheinlich weil mich diesmal das Thema mehr tangiert. Der ganze Applekosmos kam für mich aus anderen Gründen noch nie infrage, da war es mir dann seither auch egal, wer in den Glaubenskriegen rund um Apple denn nun recht hat.
"Wieso wütend?"
Deshalb: "seltsam ist nur, dass das scheinbar keine Spuren im Image hinterlässt."
Jaja, du turbokapitalistischer First-Mover.
Zu deinem letzten Satz könnte ich jetzt seitenweise Polemiken verfassen, wie Unternehmen, allen voran Apple, sich tatsächlich als moralische und sinnstiftende Instanzen präsentieren. Meine eingestreuten Witze bezüglich der Apple-Religion sind nicht so harmlos gemeint, wie sie vielleicht klingen - dein Versuch einer Nivellierung ist ja bereits ein latenter Hinweis.
@Funk: Ich verstehe schon. An meinem ausführlichen Gelaber lässt sich vielleicht auch einsehen, dass mich das ebenfalls weniger kalt lässt als ich das gerne eingestehe. Sieh es als Resignation.
Letzter Beitrag ging natürlich an Lauti.
Tinco.. das alle Unternehmen CSR-Berichte schönen bzw. frei erfinden und greenwashing betreiben ist ebenso völlig klar.
@lauti: Dein obiger Kommentar ist ja wirklich amüsant, warst du es nicht, der Nike aus Empörung mal ein Ultimatum gestellt hat? Aber wenn es um Apple geht: "ja gut, nicht die feine Art", "alle haben Dreck am Stecken", "Konzerne keine moralische Instanz" etc.
Weiter werde ich mich an der aufkommenden Karusselldiskussion übrigens nicht beteiligen.
@Tinco: Alles gut. Nach wie vor formuliert niemand "Ist nun mal leider so." so schön wie du
WENDEHALS ALARM! #keineEhre
Natürlich, Lauti. Allerdings ist es mMn bedenklich, dass im Falle Apples eine extreme Ausrichtung auf "Lifestyle", oder wie auch immer man es nennen möchte, im Bezug auf unternehmerisches Handeln eine carte blanche auszustellen scheint.
DaFunk: Nike selbes Spiel, natürlich. Mein aktuelles Nike-Ultimatum läuft Ende August aus, orginal-getreue Neuauflage des Jordan IV.
Tinco: Weiß nicht wer da was ausstellt, ich nicht. Ich gehe nur mit den Begebenheiten um.
Da im "Wendehals"-Channel Vorwürfe laut werden, ich würde Unterschiede zwischen Musikern und Autoren machen: NEIN - natürlich sollen sowohl Musiker als auch Autoren gerecht enlohnt werden - mir ging es um die Darstellung, dass man halt von Konzernen keine Moral erwarten darf und Apple sich da nicht anders verhält als andere Konzere.
Dass das zu verurteilen ist, iz kla.
Aber wie ist denn dann deine obige Aussage zu verstehen? I smell WENDEHALS!
Aha. Und wie viel genau bekommen die Künstler pro gestreamten Song?
Das macht Apple von der Art der Nutzung abhängig. Wenn jeder bereit ist, sich mit seinen Trinkhallengenossen zum Familienangebot zusammen zu rotten, wird ein gestreamter Song mit 2*10^(-5) Cent belohnt.
Kanadische Cent.
Das Ganze könnte man leicht für einen abgesprochenen Marketing-Gag halten. Tatsache ist aber auch, dass es "1989" tatsächlich und auf Wunsch von T.S. schon länger auf keinem Streaming-Dienst gibt und zwar aus ganz ähnlichen Gründen.