Der TV-Sender Arte besuchte Punk-Legende Iggy Pop zuhause in Miami. Raw Power? Mitnichten. Eher Tai Chi.
Miami (mis) - Wer macht jeden Morgen Tai Chi, lässt sich von seinem Assistenten die E-Mails zum Lehnsessel bringen und cruist ab und an lässig in seinem roten Ferrari durch Miami? Nein, kein Rapper von der Westcoast, sondern der Godfather of Punk von der Eastcoast.
Für eine 43-minütige Doku des TV-Senders Arte (Sonntag, 23.00 Uhr) öffnete Iggy Pop alias Jim Osterberg sein bislang geheimgehaltenes Altersparadies in Miami Beach. Man darf konstatieren: Für einen Mann, der in Detroit als Sohn eines Lehrers in einer Wohnwagensiedlung aufgewachsen ist, hat er es zu etwas gebracht.
"Bei Koks dachte ich: Jim, das hier ist nicht gut für dich."
Erst recht für jemanden, der vor 40 Jahren Drogen aller Farben einwarf, Exzesse als Bühenshows deklarierte und mit seiner notorisch erfolglosen Band The Stooges das Genre Punkrock maßgeblich mit aus den Angeln hob.
Wie er das alles schaffen oder überleben konnte, weiß Iggy selbst nicht mehr genau. Dafür steht seine Bude voll mit alten Fotos und er erinnert sich durchaus an wichtige Details, etwa seinen ersten Koks-Trip: "Alle um mich herum fingen plötzlich dümmlich zu lachen an, hahaha hahaha. Nur mir war überhaupt nicht danach. Ich spürte im ersten Moment: Jim, das hier ist nicht gut für dich. In meinem Kopf machte es 'klick'." Das sollte es in Zukunft bekanntlich noch häufiger tun.
Erholung vom Job, Iggy Pop zu sein
Die Doku fördert jedoch nicht nur Bonmots zu Tage ("Als ich 50 wurde, schwor ich mir: Von nun an lässt du dich von keinem mehr verarschen!"), sondern porträtiert in erster Linie einen nachdenklichen Mann, der lange gebraucht hat, um zu sich selbst zu finden, der täglich an seine Eltern denkt und diese sogar bei sich im Haus hat.
Seine Wahlheimat, das Rentnerparadies Miami Beach, mag auf den ersten Blick grotesk erscheinen für einen Bühnenberserker wie Iggy. Doch es ist der Ort, der ihn runterbringt von seinem Job, Iggy Pop zu sein.
Übelste mediale Schmähungen
Ein Job, der ihm nicht immer zusagte. Jahrelang für alle immer nur den Versager zu geben und übelste mediale Schmähungen zu ertragen, all das habe ihm zugesetzt. Man merkt: Es ist eine Episode, die ihm wichtig ist, weil er weiß, dass sich die meisten heute nicht mehr daran erinnern.
Mitte der 90er Jahre wendete sich das Blatt für Iggy Pop. Sein alter Song "Lust For Life" veredelte den Soundtrack zum Film "Trainspotting". Seither ist er der Elder Statesman des Punk, beliebt bei einer nachgewachsenen Generation und großen Marketingagenturen.
"Hatte der Kerl überhaupt einen Hit?"
Den Film erwähnt Iggy mit keinem Wort. Stattdessen die Greatest Hits-Platte, mit der er seine Landsleute Ende der 90er Jahre noch einmal mächtig ärgerte: "Alle fragten sich damals: 'Eine Greatest Hits von diesem Stück Dreck? Auf Virgin Records? Hatte der Kerl denn überhaupt einen einzigen Hit?'"
Iggy Pop lächelt. Er weiß, dass er sich nicht mehr rechtfertigen muss. Am Ende des Films sitzt er draußen im Garten und spannt seine lederne Haut. Der Fluss rauscht. Und die nächste E-Mail kommt bestimmt.
"Call Me Iggy - Der verdammt lange Weg des Iggy Pop" (Deutschland 2012, Arte, heute 23.00 Uhr).
13 Kommentare
Scheiße, hab's verpasst.
wieso verpasst, kommt doch erst heute um 23uhr und arte beiträge kann man nach austrahlung meistens eh über mediathekview abrufen.
Wieso, kommt doch erst heute abend, Sonntag den 29.07.^^
ich fands gut...ultra-fertiger Typ irgendwie, aber ist eigentlich ne ganz coole Sau. ^^
alles verpasst
alles verpasst