laut.de-Biographie
Nick Drake
"Safe in the womb / Of an everlasting night / You find that darkness can / Give the brightest light / Safe in your place deep in the earth / That's when you know what you're really worth / Forgotten while you're here." (aus "Fruit Tree", 1970) "Geborgen in Schoße einer nie endenden Nacht entdeckt man, dass Dunkelheit das hellste Licht erzeugt. Geborgen in seinem Raum tief unter der Erde entdeckt man, was man wirklich wert ist. Vergessen, während man hier ist" - als Nick Drake diese Zeilen auf seinem Debütalbum "Five Leaves Left" singt, kann er sich kaum vorstellen, wie gut sie im Nachhinein zu seinem Leben und seiner Karriere passen.
1948 in Burma, dem heutigen Myanmar geboren, ziehen seine Eltern zwei Jahre später nach Tanworth in Arden, einem Dorf zwischen Birmingham und Shakespeares Heimat Stratford upon Avon. Hier spielt sich der größte Teil seines kurzen Lebens ab.
Nachdem er als Kind Klavier lernt, entdeckt er auf dem Internat neben der Musik der Beatles auch den Folk von Joni Mitchell und beginnt, Gitarre zu spielen. Kafkaesk verbringt er seinen Nächte damit, Lieder zu schreiben und mit einem Kassettenrecorder aufzunehmen. Seine Lyrics handeln von Verlust, Einsamkeit und Entfremdung, die Kombination aus seinem einfachen, aber wirkungsvollen Gitarrenspiel sowie seiner tiefen, ruhigen, melancholischen Stimme bringen ihm immer wieder die Möglichkeit ein, kleine Konzerte zu geben.
Nach der Schule zieht er nach Cambridge und nimmt ein Studium der englischen Literatur auf, widmet sich jedoch auch weiterhin der Musik. Bei einem Auftritt in einem Pub wird Ashley Tiger von Fairport Convention auf ihn aufmerksam. Es ist der scheinbare Durchbruch: Mit einen Vertrag in der Tasche begibt sich Drake mit seinem Freund Robert Kirby als Arrangeur ins Studio. Das Ergebnis erscheint 1969 und trägt den Titel "Five Leaves Left"
Das Album besticht durch tiefgründige Lyrics, der Stimme Drakes, seine Akustikgitarre sowie klassisch-inspirierte Orchesterbegleitung und erzeugt eine Stimmung, die zwischen Melancholie und entfernter Hoffnung angesiedelt ist. Die Kritiken sind positiv, die Verkaufszahlen bleiben aber weit hinter den Erwartungen zurück. Die Enttäuschung Drakes macht sich bei seinen Auftritten bei einer Tour mit Fairport Convention bemerkbar: Nach wenigen Konzerten verlässt er die Bühne und begibt sich wieder ins Studio.
"Bryter Layter" (so etwas wie "Sonnigere Zukunft") stellt 1970 den Versuch dar, den kommerziellen Anschluss zu finden. Mit von der Partie ist neben Fairport Convention auch John Cale von Velvet Underground. Das jazzig angehauchte Ergebnis klingt etwas versönlicher, die Erträge verbessern sind jedoch kaum.
Drake fällt in eine tiefe Depression und kehrt zu seinen Eltern zurück. 1972 steht er mit einem Bündel Songs überraschenderweise wieder im Studio. Im Alleingang in nur zwei Tagen aufgenommen, begleitet sich Drake auf "Pink Moon" selbst mit Gitarre und Klavier. Das minimalistische wie zeitlose Ergebnis, mit Texten voller Verzweiflung und dunkler Gedanken, dennoch rührend und tief bewegend, wird zu seinem Vermächtnis.
Denn wieder kehrt Drake der Welt den Rücken und verzieht sich in sein Zimmer im elterlichen Haus, wo er seine Tage damit verbringt, in die Luft zu starren. Im November 1974 stirbt er an einer Überdosis Antidepressiva, die er angeblich mit Schlaftabletten verwechselt.
Der Tod macht aus ihm ein Symbol des verkannten Künstlers. Fans beginnen, zum Haus seiner Eltern zu pilgern, seine Platten werden zum Muss für jeden angehenden Musiker mit poetischen Ambitionen. Das Interesse bleibt groß genug, um seine Alben immer wieder nachzudrucken. Seinen größten Erfolg feiert er aber erst 2000, als Volkswagen seinen Song "Pink Moon" für eine Golf Cabrio-Werbung in den USA verwendet. Seitdem sind seine drei Alben im Nice Price-Bereich in neu abgemischter Fassung und mit der Original-Coverart erhältlich. 2004 erscheint mit "Made To Love Magic" zudem eine Sammlung an überarbeiteten, bis dahin schwer erhältlichen Raritäten.
2023 erhält Drake eine Ehrerweisung in Form von 23 Coverversionen auf "The Endless Coloured Ways: The Songs Of Nick Drake". Als Initiator fungiert Jeremy Lascelles, CEO von Blue Raincoat Music und Chrysalis Records. Über die Zusage der zahlreichen Künstler*innen unterschiedlichster Couleur freut er sich riesig: "Es war wirklich überwältigend, so viele ähnliche Antworten zu erhalten, in denen alle betonten, wie wichtig Nicks Musik für sie gewesen sei und wie gerne sie an diesem Projekt teilnehmen wollten. Als die Ergebnisse nach und nach eintrafen, waren wir begeistert von der Kreativität und dem Einfallsreichtum aller Künstler. Sie hatten genau das getan, was wir uns erhofft hatten - sie hatten den Song zu ihrem eigenen gemacht.". Mit dabei sind u.a. Feist, Fontaines D.C., Bombay Bicycle Club, Guy Garvey und Aldous Harding.
Noch keine Kommentare