laut.de-Kritik
Die Hip Hop-Immigranten besteigen mit "Aicha" den Rap-Thron.
Review von Stefan JohannesbergEine arabische Prinzessin regiert die Ranglisten. Bereits 1996 war die Dame durch den algerischen Sänger Khaled zu höchsten Chartehren gelangt. Damals noch im königlichen Pop-Gewand, groovt sie heute mit Latin-Styles durch die schweißnassen Clubs. Ihr Palast steht dieses Mal jedoch nicht in Nordafrika sondern in Dänemark - erbaut vom dänischen Wikinger-Trio Outlandish. Vorbei sind die Zeiten von Torfrocks "Renate die Granate" im hohen Norden und wilden, met-trinkenden Blondschöpfen. Coole Hip Hop-Immigranten besteigen mit ihrer "Aicha" den Normannen-Thron und gehen mit dem dazu gehörigen Album auf große Kaperfahrt gen Rapgame.
Die Chancen der "Ausländischen" Isam (marokkanische Roots), Waqas (pakistanische Roots) und Lenny (Honduras) stehen gut, um auch mit eigenen Ideen Europa zu erobern. Ihr tighter Mix aus deepen Bassdrums, Bounce-Rhythmen und eingängigen Cuban Guitar-Melodien erinnert stark an den Sound von Starproduzent Wyclef Jean. Nicht der schlechteste Vergleich, denn auch in Sachen Pop-Appeal haben sich die Drei beim Fugee einiges abgeschaut. Neben "Aicha" zeigen auch das bouncende "Guantanamo", das orientalische "Peelo", der Latin-Soul auf "Walou", das balladeske "If Only" und das französisch-folkig" angehauchte Akkordeonstück "Eyes Never Dry" ordentlichen Ohrwurmcharakter.
Bei solch großem Hitpotential lautet das Motto der Wikinger verständlicherweise: "First we take Europe than we take the US." Erfolgreicher als ihr Wikingervorfahr Erik der Rote möchten auch Outlandish im Hip Hop-Mutterland Fuß fassen, ohne ihre Identität zu verleugnen. Lyrische Querverweise auf US-Hip Hop und Künstler wie Notorious B.I.G. tauchen deswegen genauso selbstverständlich auf, wie hektische Dirty South-Parts ("Fatimas Hand", "Dirty Dirty East"), die hier jedoch als südamerikanische Poncho-Styles fungieren. Sprich: ihre Herkunft durch musikalische Feinheiten nicht verbergen.
Ihre geistigen Befriedigung finden die Jungs aber nicht in seelenlosen Party-Brechern, sondern in den positiven Messages der Native Tongue-Gemeinde. Nas behauptete 1994 "Life Is A Bitch". Outlandish setzen dagegen auf ein mit hypnotischer Panflöte veredeltes "Life Is A Loom" - das Leben ist ein Lichtschimmer. Wie das ganze Album.
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