laut.de-Kritik
Von Liebe, Hoffnung, Mördern und Bruce Lee.
Review von Artur SchulzRelativ unauffällig und doch von stetig wachsendem Bekanntheitsgrad flankiert, macht der Wahl-Hamburger von sich reden. 2006 gab Ingo Pohlmann mit dem Longplayer "Zwischen Heimweh Und Fernsucht" sein Debüt und konnte mit der Single-Auskopplung "Wenn Jetzt Sommer Wär" einen kleinen Hit verbuchen. Der vorliegende Zweitling "Fliegende Fische" ist fraglos Pohlmanns gelungeneres Werk.
Also jenes oft so gefürchtete zweite Album, das schon manche Shootingstar-Karriere ungeahnt rasch beendete. Aber Pohlmann geht den umgekehrten Weg, der für ihn von jeher besonders persönliches Wachsen und Lernen beinhaltet. Da ist kein arroganter, fremdproduzierter Naseweis, der meint, sich nach nur einer erfolgreichen Plastik-Single bereits im höchsten Pop-Himmel zu bewegen.
Doch in welche Schublade soll Pohlmann nun hinein? Da bieten sich vordergründig einige an: Die des klassischen Singer/Songwriters etwa, manchmal auch des Liedermachers im Stile der späten sechziger und frühen siebziger Jahre der Alt-Bundesrepublik. Lagerfeuer-Romantik mit Neo-Hippie-Zügen? Protestsong-Schreiber?
Nein, natürlich nicht, und Pohlmann gibt auch nicht den harten Rocker, selbst wenn mit Christian Neander ein Selig-Mitglied auf dem Produzenten-Stuhl saß. Vielleicht ist er auch nur schlicht ein fähiger Geschichten-Erzähler, dessen "Fliegende Fische" mit gefühlvollen Kompositionen und guten Text-Momenten aufwartet.
Die Selbstreflexion "Musik" bestreitet Pohlmann als sympathische Wanderklampfen-Nummer: "Und wir leben in den ältesten Liedern / Unsere neuesten Träume". Als Mutmacher für schwierige Zeiten fungiert das temporeiche "Wenn Es Scheint, Dass Nichts Gelingt". Bei diesen beiden Titeln steht seine Akustikgitarre deutlich im Vordergrund.
Die Ballade "Flüchten" berührt als Suche nach den wahren Dingen, hier werden Pohlmanns Zeilen von verhalten im Hintergrund agierenden Streichern umrahmt: "Ich bin so süchtig / Nach ein bisschen Wirklichkeit". Folgerichtig ist dann "Die Liebe" zentrales Thema des nächsten Songs. Und das gute alte, für Kitschunfälle anfällige Thema erweist sich bei ihm in guten Händen: "Die Liebe lässt so gern auf sich warten / Nur die Geduld/ Hält sie in Atem". In "Das Glück" erkennt er ergänzend dazu: "Das Glück ist immer nur / Ein paar Tränen von dir entfernt".
"Bitte Folgen Sie Dem Licht" nimmt wieder mehr Fahrt in Sachen Tempo auf. Das dem Leben ausgeliefert sein-Gefühl findet seine Entsprechung in einer metaphorischen Flugzeug-Reise. Der bereits im Februar veröffentlichte Beitrag zum Bundesvision Song Contest, "Mädchen Und Rabauken", langweilt hingegen noch immer als unbedarft schnarchige Pfadfinder-Appeal-Nummer.
Dafür begeistert "Bruce Lee" als im Arrangement spannend aufgebautes Kleinod um zugeraunte Weisheiten des unvergessenen Kung Fu-Heroen der frühen siebziger Jahre. Melancholisch-desillusioniert, doch stets den speziellen Funken Hoffnung in sich tragend, funktioniert zum Ausklang der originelle und berührende "Mördersong". Der Titel fasziniert durch seine textlich ausgefeilte Gegenüberstellung der ewigen Themen Liebe und Hass.
Ingo Pohlmanns Songs leben von der Glaubwürdigkeit und persönlichen Überzeugung des Künstlers, der dann und vielleicht mal übers Ziel hinausschießt: Allerlei banale Momente schleichen sich in die Lyrics ein. Unterm Strich bietet das Album aber eine große Handvoll sympathisch wärmender Lebens-Momentaufnahmen mit anrührenden Melodien und klassischer Arbeit an der Akustischen.
Irgendwie heimelig und old fashioned, doch niemals angestaubt oder gar von der Zeit überholt. Und somit eignen sich Pohlmanns Lieder passend für die Lagerfeuer-Romantik im heimischen Wohnzimmer, wenn mangels Gelegenheit für offenes Feuer nur ein paar Kerzen übrig bleiben.
3 Kommentare
der vorgänger hieß jedoch "Zwischen Heimweh und Fernsucht"
So steht das da auch!
...mittlerweile.
Sorry für den Patzer.
nette review
mir persönlich gefällt es auch ganz gut
songs wie *flüchten*... mMn große klasse
doch trotzdem hatte die erstauskopplung
etwas mehr, weis auch nicht warum