Public Image Ltd

Die Post-Punk-Band Public Image Ltd, kurz PiL, veröffentlichte seit ihrer Reunion 2009 mit "This Is PiL" und "What The World Needs Now..." zwei von den Kritikern größtenteils wohlwollend aufgenommene Alben. Dabei hat sich das Line-Up, bestehend aus Sänger John Lydon, Gitarrist Robert 'Lu' Edmonds, Bassist Scott Firth und Drummer Bruce Smith, als erstaunlich stabil bewiesen. Nun legt das eingespielte Team mit "End Of World" nach.

Auf der Platte schlagen Public Image Ltd die Brücke von der Experimentierfreude der Frühwerke über die poppigen Qualitäten der 80er-Alben bis hin zur organischen, stilistisch freien Gegenwart. Textlich gibt es neben gewohnt viel Gezeter überraschend intime und persönliche Töne. Das Album ist nämlich Nora Forster, der Frau von John Lydon gewidmet, die nach langer Alzheimer-Krankheit am 5. April 2023 verstorben war. Im Oktober sieht man die Band in Deutschland auf ihrer "End Of World"-Tour.

Wir haben dem PiL-Mastermind, der schon seit mehr als zwei Jahrzehnten in Kalifornien lebt und sich in der Vergangenheit mit seiner direkten Art und seinen kontroversen politischen Statements nicht nur Freunde gemacht hat, via Zoom ein paar Fragen über das neue Album, über Lampenfieber und Inspiration gestellt.

Hallo John. Fantastisch dich zu sehen. Die Platte habt ihr erneut in den Cotswolds, im Herzen Englands, während der lockdownfreien Periode zwischen 2020 und 2021 aufgenommen. Was kannst du mir über den Entstehungsprozess sagen? Die Videos zu "Penge" und "Car Chase" geben ja einen kurzen Einblick in die Aufnahmesessions.

Das Album, von dem ich in anderen Interviews fälschlicherweise sagte, es sei in den Cotswolds aufgenommen worden, haben wir tatsächlich zuerst nahe einer Stadt namens Chelmsford und dann draußen auf dem Lande eingespielt. Ich liebe das britische Land. Es ist voll von alter Geschichte und Tieren, und ich habe eine Vorliebe für Schafe.

Wir haben dort jetzt drei Alben gemacht, und das hat uns als Freunde auf eine ganz hervorragende Weise zusammengebracht. Das war sehr schwierig, bis wir unser eigenes Plattenlabel hatten. Jetzt sind wir unabhängig von den Anforderungen eines Unternehmens. Deshalb ist das Musikmachen ein Vergnügen. Nicht als finanzielles Geschäft.

PiL haben seit ihrer Reunion 2009 ein ziemlich stabiles Bandgefüge. Wie fühlt sich das nach all der Zeit an, nach einigen personellen Veränderungen in der Vergangenheit?

Ja, es ist erstaunlich. Und es ist wunderbar, dass wir jetzt eine beständige Band sind. Das hilft uns. Es hilft uns, sehr tiefe Freundschaften zu schließen, was der Musik zugute kommt.

"Public Image ist eine Band, die ständig experimentiert."

Das Album atmet mit repetitiven Schlagzeugrhythmen, dynamisch verspielten Saitenklängen, gelegentlicher Elektronik und schrägen Vocals den Spirit früherer Werke wie "Metal Box". Sogar einige Dub-Elemente der Frühzeit findet man wieder. Wolltet ihr mit der Scheibe wieder mehr zum klassischen PiL-Sound zurück?

Entschuldige. Ich bin der Gründer von Public Image. Es ist nicht für dich oder irgendwelche Journalisten. Sag mir, was sind die klassischen Public Image? Public Image ist eine Band, die ständig experimentiert. Wenn ich zurückgehen und nachahmen würde, was ich vor 30 Jahren gemacht habe, würde ich nicht experimentieren. Es wäre ein Kopieren. Das tue ich nicht. Ich entwickele mich vorwärts und erweitere meinen Horizont. Aber im Grunde genommen war es immer mein Interesse, die Popmusik als Ausgangspunkt zu nehmen.

"Pretty Awful" erinnert mich an die zugänglichen, fast schon poppigen Sachen von PiL Mitte der 80er. Würdest du mir da zustimmen?

Ja. Ich liebe Popmusik. In einem Popformat kann man mit weniger Worten viel genauer echte Gedanken ausdrücken. Popmusik kann super sympathisch und zugänglich sein. Das ist eine wunderbare Sache. Popmusik ist die Kultur, aus der ich komme.

"The Do That" swingt geradezu vor sich hin. Wie kam die Idee zu dem Song?

Es ist eine Verehrung für alles, was mit der Mod-Musik in Großbritannien zu tun hat.

"Penge" beschreibst du als "eine Art mittelalterliches Wikinger-Epos". Auf jeden Fall kann ich mir den Songs als Livetrack sehr gut vorstellen. Hält der Song auch Einzug in die Setlist? Ihr geht ja ab September auf "End Of World Tour" in UK & Europa.

Eventuell. Wer weiß? Aber ich weiß, dass ein Großteil des neuen Albums live zu hören sein wird.

"Ich sitze da und habe Panik"

Du hattest früher in Interviews gesagt, dass du vor jedem Auftritt Lampenfieber verspürst. Ist das immer noch so und wenn ja, wie gehst du damit um?

Ich sitze da und habe Panik. Ich habe gelernt, mich daran zu gewöhnen und es als einen Prozess zu akzeptieren, den man durchlaufen muss. Andernfalls wird man ohne diese Angst, die Sorgen und die Selbstzweifel niemals das Durchhaltevermögen und die Kraft haben, live aufzutreten. Es zeigt, dass ich es kann. Das ist es, was es bewirkt. Und deshalb weiß ich es zu schätzen. Ich spreche vor allem mit vielen Sängern, und die machen das alle durch. Genug, um es sich einzugestehen.

Die kanadische Metal-Band Voivod veröffentlichte letztens eine Coverversion von "Home". In der Vergangenheit coverten Pearl Jam oder Feeder den Song "Public Image". Wie sehr ehrt dich das, wenn andere Künstler PiL ihre Ehre erweisen oder die Band als musikalischen Einfluss heranziehen?

Es ist in Ordnung, wenn sie das Geld für die Lizenzgebühren zahlen. Wenn sie es als Auszeichnung tun, ist das für mich wunderbar. Andererseits bist du ein Dieb, wenn du coverst, und ich würde jeder Band empfehlen, zuerst einen eigenen Song zu schreiben.

Lässt du dich selbst von anderen Künstlern beeinflussen oder versuchst du einfach nur das zu machen, was du am besten kannst?

Ich werde von allem beeinflusst, was ein Mensch erschafft. Konstant. Deshalb werden mir die Ideen nie ausgehen. Das gilt nicht nur für die Musik, sondern auch für das Leben. Alles. Ich sauge alles auf wie ein Schwamm. Ich werde nie aufhören zu lernen, wie schön und erstaunlich die menschliche Spezies ist.

Letzte Worte – möchtest du noch etwas loswerden?

Sammel nach Covid Erfahrungen mit richtigen Menschen.

Ok, das ist eine gute Sache.

Yeah! Benutze deine Augen, deine Ohren, deine körperliche Präsenz. Habe Spaß! Teile! Teile mit wertvollen Menschen!

Danke für das Gespräch. Es war mir eine große Freude.