laut.de-Biographie
Ramblin' Jack Elliott
"Ich hätte Trucker werden sollen. Ich hätte einen guten, sicheren Job als Müllwagenfahrer haben können, aber die Gitarre war stets mein Ruin", sagt Ramblin' Jack Elliott über sich selbst. Ob am Steuer oder am Griffbrett: So oder so hat er in seinem Leben unendlich viele Meilen hinter sich gebracht.
1931 kommt er als Elliott Charles Adnopoz "on a 45.000 acre ranch in the middle of flatbush" auf die Welt - womit er den New Yorker Stadtteil Brooklyn meint. Sein Vater ist ein angesehener jüdischer Chirurg, doch anstatt in seine Fußstapfen zu treten, wie es sich seine Familie wünscht, büchst er mit vierzehn aus und schließt sich einer wandernden Rodeo-Truppe an. Er möchte Cowboy werden. Durch einen Clown, der abends Gitarre spielt, entdeckt aber den Folk.
Nach einiger Zeit on the Road lässt sich Ramblin' Jack überzeugen, wieder zu seinen Eltern zurück zu kehren und seinen Schulabschluss zu machen. 1950 ist er jedoch wieder unterwegs, diesmal mit Woody Guthrie, der zu diesem Zeitpunkt ebenfalls in New York lebt. In den folgenden fünf Jahren hängt Ramblin' Jack an den Fingern und Lippen seines Vorbildes und eignet sich seinen einfachen, aber ausdrucksstarken Stil an. Sein Spitzname stammt aus dieser Zeit – "Rambling" bedeutet sowohl schwafeln als auch wandern, was beides zutrifft.
Gemeinsam reist das Duo nach Kalifornien, aber auch in New York hat es eine gute Zeit. Ramblin' Jack kommt mit der Beat-Szene in Verbindung, spannt deren Mitgliedern die Freundinnen aus und lässt sich von Jack Kerouac das Manuskript von "On The Road" vorlesen, was nach eigenen Angaben drei Nächte sowie einige Flaschen Wein dauert.
Auf Reisen lernt er James Deans Freundin June kennen und heiratet sie. 1955 zieht das Paar nach England und erwischt genau den richtigen Zeitpunkt: Mit Elvis schwappen auch der US-Folk und Blues über den Ozean und bescheren Ramblin' Jack einen fast legendären Status. Obwohl er im Heimatland so gut wie unbekannt ist, zählen ihn Jahre später Beatles und Rolling Stones zu ihren großen Einflüssen.
In England beginnt auch Ramblin' Jacks Studiokarriere, wobei er sein Leben lang fast ausschließlich Coverversionen aufnimmt, mit einem starken Anteil an Guthrie-Stücken. Seine Originalität beweist er auf der Bühne, wo er das Publikum schmeichelt und brüskiert und sich in lange Monologe zwischen den Liedern stürzt, was ihm den Titel "erster Cowboy Folk-Rapper" einbringt.
Anfang der 60er Jahre kehrt er endgültig in die USA zurück und schlägt sich im New Yorker Viertel Greenwich Village durch. Wieder hat er Glück: Er findet in der hippen Folk-Szene seinen Platz und lernt am Krankenbett Guthries einen jungen Sänger aus Minnesota kennen, der sich als Bob Dylan vorstellt. So, wie Ramblin' Jack seine Technik von Guthrie abgekuckt hat, verfeinert Dylan seinen Auftritt bei Ramblin' Jack – sagen zumindest Fans des weniger bekannten der beiden. Sicher ist, dass sie oft im selben Lokal auftreten.
Die erste Hälfte der 60er Jahre bildet den Höhepunkt von Ramblin' Jacks Karriere. Während sich die Folk-Szene zunehmend elektrisiert, geht er Pete Seegers Weg und verschwindet rasch von der Bildfläche. Doch zunächst kommt das hoch gelobte Album "Jack Elliott" (1964), das ihm einen Vertrag mit Warner Brothers einbringt. "Young Bringham" (1967) und "Bull Durham Sacks And Railroad Tracks" (1970) beweisen jedoch, dass sich der Musiker nicht in ein Majorkorsett zwängen lässt.
Er kehrt der Musikindustrie den Rücken und beschränkt seine Karriere auf Liveauftritte. Nebenbei beschäftigt er sich mit Trucks und der Restaurierung alter Segelschiffe, was sich in den 80er Jahren zu seiner Haupttätigkeit entwickelt. 1975 gerät er noch mal ins Rampenlicht, als ihn Bob Dylan auf seine berühmte "The Rolling Thunder Review" mitnimmt, an der auch Joan Baez, Gordon Lightfoot und der Beat-Poet Allen Ginsberg.
Ansonsten tritt er musikalisch wenig in Erscheinung. Bis ihm Produzent Bob Feldman 1995 vorschlägt, wieder ins Studio zu gehen und eine neue Platte aufzunehmen. Auch dank des Erfolges von Rick Rubin mit Johnny Cash sind ehrwürdige alte Herren wieder gefragt, und so gerät Ramblin' Jacks Rückkehr ins Studio zum Triumph: Für "South Coast" erhält er den Grammy in der Kategorie "Best Traditional Folk Recording".
Neben weiteren Studioaufnahmen begibt er sich auch vor die Kamera. 2000 entsteht unter der Regie seiner Tochter Aiyana der dokumentarische Streifen "The Ballad of Ramblin' Jack", für den er auch den Soundtrack aufnimmt. Ein Jahr später ist er in "Songs and Guitar of Ramblin' Jack" mit Woody Guthries Sohn Arlo zu sehen. Die alten Weggefährten unterhalten sich über ihre Karrieren, nebenbei verrät Ramblin' Jack seine Tricks an der Gitarre.
Erst 2006 begibt sich Ramblin' Jack wieder ins Studio. Das Liedgut auf "I Stand Alone" stammt wie gewohnt aus dem reichen Fundus US-amerikanischer Folkmusik, die Begleitung stellen Red Hot Chili Peppers-Bassist Flea und X-Schlagzeuger DJ Bonebrake. Als Gäste treten Lucinda Williams, Corin Tucker und David Hidalgo von Los Lobos in Erscheinung.
Ein Rezept, das er mit "A Stranger Here" (2009) wiederholt, diesmal unter der Regie von Joe Henry und in Begleitung, unter anderen, von Van Dyke Parks.
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