laut.de-Biographie
Reptant
Reptant ist, man mag es kaum glauben, nicht wirklich eine Eidechse. Hinter dem Alias verbirgt sich Lou Karsh, ein junger Producer und DJ aus Melbourne, der Acid-Sounds und Electro verfallen ist. Sich als Anhänger dieser elektronischen Spielarten einen Mythos zu überlegen, der die eigenen sonischen Exkurse stützt, leuchtet ein.
Die afrofuturistische Ermächtigung Drexciyas oder die robotische Dogmatik Kraftwerks kann und möchte Reptant als aufstrebender, weißer Künstler gar nicht leisten. Ein bloßes Gimmick ist die schuppige Zeichenwelt aber keineswegs, unterfüttert Karsh sie doch mit großem Aufwand. Track- und Albennamen, Cover und kleine Texte auf den Socials, alle aus pseudowissenschaftlicher Sicht verfasst, nähren den Mythos des Electro-Reptiloiden.
Grenzen, über die sich hinaus Karsh nicht zu entblöden bereit ist, gibts aber durchaus: "Ich würde nie so weit gehen, mir eine Echsenmaske aufzusetzen oder so", sagt der zu diesem Zeitpunkt noch als Newcomer gehandelte Künstler der Plattform hyponik Anfang 2020 – überbordendes künstlerisches Gehabe scheint ihm ebenso fremd wie ein übersteigertes Geltungsbedürfnis.
Karsh zieht es vor, mit seiner Musik zu überzeugen. Die arbeitet sich an den großen Vorbildern ab, ohne Malen nach Zahlen zu betreiben. Unheimlich viele Details finden sich in seinen Tracks, die mal geradeaus, meist aber im Electro-Korsett vorwärts preschen. Reptiloid, insektoid, amphiboid klingt daran vieles, Störsignale machen sich bemerkbar, die blubbernde Laboratmosphäre verfrachtet direkt auf den Echsenplaneten, auf den Karsh Anfang 2021 mit seinem Debütalbum "Return To Planet X'trapolis" zurückkehrt.
Der als DJ und Live-Act aktive Karsh nennt erwartungsgemäß Hip Hop und House als Genres, mit denen er sozialisiert wurde. Aufhorchen lässt, erneut im Interview mit hyponik, aber das Stichwort Ratchet & Clank. Das Videospiel, das 2002 für die Play Station 2 erschien, "hatte einen wirklich beeindruckenden Soundtrack (...), der die Genres vereinte, die ich heute am liebsten mag: 90er-Breakbeat, Ambient, Acid, Prog, alles gemischt mit einer Prise Sci-Fi. Man merkt, dass er mit Hardware produziert wurde."
So bricht Karsh, der hin und wieder auch unter Klarnamen veröffentlicht, die Formel herunter, die für ihn auch auf der Producing-Ebene gute Musik ausmacht: Reptant produziert vornehmlich mit Hardware, was hat ein Echsenwesen auch am Laptop zu schaffen?
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