laut.de-Biographie
Stefan Gwildis
Manchmal belohnt das Leben spät, doch dann umso nachhaltiger. Gerade, wenn man nach Nackenschlägen trotzdem stets am Ball bleibt und Beharrlichkeit aufweist. Diese Einschätzung trifft besonders auf den im Oktober 1958 geborenen Hamburger Soul-Sänger Stefan Gwildis zu. Das Elternhaus ist dem handwerklichen Milieu verbunden: Gwildis wächst als Sohn eines Reifenhändlers und einer Hutmacherin auf.
Als junger Teenager bekommt er seine erste Gitarre und beginnt, bekannte Songs, etwa Simon & Garfunkel-Titel, nachzuspielen. Erste kleine und überschaubare Bühnenauftritte folgen. Stefan zeigt sich immer mehr vom künstlerischen Leben fasziniert und probiert Verschiedenes aus. 1979 absolviert er eine Ausbildung am Hamburger Thalia-Theater im Bereich Stunts und Fecht-Szenen.
Das Hauptmerk legt der Künstler allerdings stets auf den Bereich Musik: Gwildis belegt Seminare, feilt an seinen musikalischen Fähigkeiten und gründet zusammen mit Rolf Clausen das Musikduo Aprillfrisch. Von der Kunst allein zu überleben, erweist sich noch als schwierig - Nebenjobs, um sich über Wasser zu halten, sind angesagt. Hier betätigt sich der Hamburger in verschiedensten Bereichen, beispielsweise als LKW-Fahrer, Hilfsarbeiter, Straßenmusiker und Sonnenbankaufsteller.
1984 glänzt er als Zelttheater-Künstler im Programm "Herrchens Frauchen". In Hamburgs Schmidt-Theater gestaltet er gemeinsam mit MäGäDäm, Schwarz und Aprillfrisch das Comedy-Musical "Wuttke II". Werke wie "Vanessa V" und "Ganz Oben" folgen. Von 1992 bis 1995 arbeitet Gwildis als Gitarrist und Sänger in der Formation Strombolis, bevor er 1998 seine erste eigene Band gründet: Stefan Gwildis & Die Drückerkolonne. Das erste Album "Komm's Zu Nix" erscheint im Jahr 2000.
Eine weitere CD unter dem Titel "Wajakla" folgt 2002. Stets bei allen Projekten mit dabei: Michy Reincke, Stefans alter Freund seit Gymnasialzeiten. Gemeinsam mit Christian von Richthofen initiiert der Künstler ab 2000 die Rhythm'n'Crash-Show "Auto Auto!". Gwildis entwickelt in diesen Jahren ein vielseitiges künstlerisches Repertoire. Der Bogen spannt sich dabei über Jazz und Chanson bis hin zu Comedy.
Eine ganz spezielle Liebe begleitet ihn stetig und zu allen Zeiten: Soul. Mit Seele und Hingabe interpretiert der Künstler die Songs von Vorbildern wie Marvin Gaye, Otis Redding und Billy Paul, und Jazzsoul-Sängerin San Glaser rekrutiert er als Studio- und Chorsängerin. Nach dem Wechsel zum Plattenlabel 105music veröffentlicht er 2003 das Album "Neues Spiel", das, mit brandneuen, deutschsprachigen Texten versehen, eine breite Palette von Gwildis' Interpretationen amerikanischer Soulklassiker präsentiert. Diese CD bringt den Wendepunkt.
Ist er bereits seit Jahren zumindest im norddeutschen Umfeld durch seine unzähligen Konzerte in kleinen und mittleren Clubs mehr als ein Geheimtipp, mausert sich "Neues Spiel" ohne kostspieligen Promotion-Hype bundesweit zu einem Erfolg und belegt insgesamt dreizehn Wochen lang Platzierungen in den Charts. Der Sänger kommt immer stärker ins Gespräch und absolviert erste TV-Auftritte.
Die Konzerthallen werden größer, zum Teil sind gar Zusatzveranstaltungen notwendig. Dennoch bleibt der Musiker stets seinen Wurzeln treu: Nach wie vor gibt er Gigs in kleinen Clubs in kleinen Städten. Seine Arbeit wird mit der Goldenen Stimmgabel für den "Aufsteiger des Jahres" bestätigt. Das 2005 erscheinende Album "Nur Wegen Dir" führt den Weg erfolgreich fort, enthält aber mehr Eigenkompositionen als sein Vorgänger.
Gwildis füllt inzwischen größte Hallen, und bei Open-Air-Veranstaltungen wie der Kieler Woche oder im Hamburger Stadtpark drängen sich tausende von Menschen. Seine Entertainer-Qualitäten, unterstützt von versierter musikalischer Begleitung, begeistert sein Publikum. Mit der Single-Auskopplung "Wunderschönes Grau" nimmt er am deutschen Vorentscheid zum European Song Contest teil.
Im Januar 2007 stellt der Sänger auf der CD "Heut Ist Der Tag" erstmals überwiegend Eigenkompositionen vor. Lediglich fünf der insgesamt 13 Titel sind Soulklassiker-Cover. In Sachen Interpretation und musikalischer Ausführung beweist der Sänger eine stetige Weiterentwicklung, was Dichte und persönliche Authentizität angeht.
Als nicht abgehoben und bodenständig geblieben beweist sich Stefan Gwildis nicht nur als Bühnenstar und Künstler, auch soziale Belange sind ihm ein Anliegen. Davon zeugt etwa sein Engagement für die Verbrechens-Opferhilfe Der Weiße Ring. Das von Gwildis selbst ins Leben gerufene Institut Für Lösungen verfolgt das ehrgeizige Ziel, Kindern und Jugendlichen aus schwierigen sozialen Bereichen mittels Musik-Therapie Auswege anzubieten.
So lässt sich der Hamburger nach wie vor nie in eine Schublade stecken. Im Bremer Beitrag "Schwelbrand" zur TV-Reihe Tatort gibt er im Januar 2007 sein Schauspiel-Debüt in einer kleinen Nebenrolle als Musiker gegen Rechts. Nach Möglichkeit nicht nur ein einmaliges Film-Gastspiel, wie Stefan augenzwinkernd zu Protokoll gibt: Die Rolle eines Bond-Bösewichts wäre für ihn ebenfalls sehr reizvoll. Da sei er sehr offen für Anfragen.
Die Tour 2007 erweist sich als Riesenerfolg, erneut sind Zusatzkonzerte nötig. Als Dokumentation von Gwildis' Live-Qualitäten erscheint Ende August das Box-Set "Let's Did It!", üppig mit zwei CDs und einer DVD ausgestattet.
Die Folgejahre sind gefüllt mit regelmäßigen Tourneen, bei denen er zum Teil auch in kleiner akustischer Besetzung vors Publikum tritt. 2012 erscheint mit "Frei Händig" ein Album, das wie in den Anfangstagen fast ausschließlich eigene Songs enthält. Mit der NDR Big Band beweist er 2013 für "Das Mit Dem Glücklichsein" ein Händchen für eingedeutschte Klassiker aus dem American Songbook. 2015 erweitert Stefan für "Alles Dreht Sich" erneut sein Repertoire selbst geschriebener Songs.
Längst hat sich der Hamburger einen festen Platz in der deutschen Musikszene erobert und gehört unverrückbar in die hiesige Funky Family mit Künstlern wie Edo Zanki, Xavier Naidoo, Jeff Cascaro oder Joy Denalane. Die Vorgehensweise, eigene Songs und Klassiker miteinander in deutscher Sprache zu verknüpfen, hat sich als höchst spannendes und voll geglücktes Unterfangen erwiesen.
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