laut.de-Biographie
Ultramagnetic MCs
Sie zählen nicht unbedingt zu den Künstlern, die einem als erste in den Sinn kommen, wird man Pionieren der Hip Hop-Kultur gefragt. Bei eingehender Betrachtung hinterlassen die Ultramagnetic MCs in der New Yorker New School jedoch Fußstapfen wie Krater: Pharoahe Monch oder Wu-Tangs Ghostface Killah zählen den Rapstil Kool Keiths zu ihren Einflüssen, und ob KRS-Ones Boogiedown Production mit "Criminal Minded" auch ohne die Beteiligung Ced Gees an den Reglern ein vergleichbarer Meilenstein geglückt wäre? Es darf gezweifelt werden.
Mit ihrem ersten Lebenszeichen gelingt den Ultramagnetic MCs 1986 sofort ein großer Wurf: Gleich die Debüt-Single "Ego Trippin'" soll sich zum Klassiker entwickeln. Das verwendete Drumbreak erfreut sich fürderhin immenser Beliebtheit. Ced Gee unterlegt seine eigenen und die Reime Kool Keiths, TR Loves und die Arbeit DJ Moe Loves an den Plattentellern mit samplebasierter Produktion, die ihrer Zeit mehr als eine Nasenlänge voraus scheint. Das Quartett operiert bereits seit zwei Jahren in genannter Besetzung: Die Wege der vier kreuzten sich 1984.
Eine Runde partytauglicher, weniger komplex, aber nach wie vor hochgradig fortschrittlich produziert erweisen sich die Nachfolge-Nummern "Travelling At The Speed Of Thought" und "Mentally Mad" aus dem Jahr 1987: Ced Gee baut seinen Status als Vorreiter der eben erst im Entstehen begriffenen Sampling-Technik weiter aus. Hiervon zeugt besonders das auf der B-Seite von "Mentally Mad" verborgene "Funky": Das Piano-Sample aus Joe Cockers "Woman To Woman", das Dr. Dre und 2Pac mittels "California Love" in jedermanns Gehör bringen sollen, findet bereits hier exzellente Verwendung.
Zwei weitere Singles später hat das verzweifelte Warten ein Ende: Die Ultramagnetic MCs bringen mit "Critical Beatdown" endlich ihr Debüt in Albumlänge auf den Markt. Tiefschürfende Botschaften oder knallharte Battlestyles sucht man bei dieser Crew vergebens: Hier beschreitet man einen anderen Weg. Ced Gee setzt neue Maßstäbe in punkto Produktion. Als einer der Ersten verwendet er "chopped samples", aus dem Zusammenhang gerissene und in einen neuen Kontext gestellte Zitate. James Browns Werk bietet für diesen Zweck eine wahre Fundgrube.
Nahezu jeder Track aus "Critical Beatdown" ist als Auskopplung erhältlich. Für Club- und Radio-DJs werden spezielle Editionen, Remixe und Instrumentals heraus gegeben. Wie so oft verbirgt sich eine wahre Perle auf einer der weithin verachteten B-Seiten: in "A Chorus Line" hat Tim Dog seinen ersten Auftritt in den Reihen der Crew.
Um 1990 ranken sich Trennungsgerüchte um die vier aus New York. Tatsächlich wagt das Quartett allerdings den Schritt auf ein neues Level: Die Ultramagnetic MCs verlassen ihr Label Next Plateau und unterschreiben bei Mercury. 1991 kündigt "Make It Happen" das nächste Album an: Dies folgt unter dem Titel "Funk Your Head Up" im Jahr darauf.
Auf Betreiben von Mercury werden zahlreiche Remix-Versionen der Albumtracks auf den Markt geworfen. Viele Fans aus den Anfangstagen sehen in dieser Politik ein deutliches Zeichen eines Ausverkaufs und reagieren enttäuscht auf die Anbiederung an den Geschmack der Massen. Nichtsdestotrotz entwickelt sich "Poppa Large" in einer von Da Beatminerz durch den Wolf gedrehten Fassung zu einem mörderischen Hit.
Die Ehe mit Mercury soll nicht lange halten: Vom Label quasi auf die Straße gesetzt, finden die Ultramagnetic MCs bei Wild Pitch eine neue Heimat. "The Four Horsemen", ihr neues Album von 1993, weist allerdings deutliche Spuren der durchlittenen Turbulenzen auf: Der Sound geht in eine dunklere, jazz-lastigere Richtung. Neben Ced Gee sitzt Godfather Don an den Reglern, der bereits 1992, als dieser sich erstmals im Alleingang versuchte, Solo-Tracks für Kool Keith produzierte. "Raise It Up" gilt weithin als das "Ego Trippin'" dieses dritten Albums.
So weit, so gut. Ab 1994 wird die Sache kompliziert: Die Wege der Ultramagnetic MCs trennen sich. Kool Keith beschreitet Solo-Pfade, entwickelt einen äußerst abstrakten Rap-Stil und bevölkert die Szene mit zahlreichen Alter Egos, darunter Dr. Octagon, Mr. Nogatco und Dr. Doom. Häufig thematisiert er in seinen Lyrics seine Zeit als Patient in einer psychiatrischen Klinik, in der er wegen Depressionen behandelt wurde.
Ohne Wissen und vor allem ohne Zustimmung der restlichen Crew-Kollegen veröffentlichen Ced Gee und Moe Love einige Demobänder auf Tuff City. Hieraus resultieren die Alben "The Basement Tapes 1984 - 1990" (1994) und "New York What Is Funky" (1996). Böse Zungen - darunter die Tim Dogs - behaupten später, Ced Gee habe die Aufnahmen nur deswegen an Tuff City verhökert, weil er das Geld zur Finanzierung seiner Cracksucht benötigt habe.
Vermutlich gibt ein gutes Stück Empörung über Ced Gees Verhalten bei Kool Keith den Ausschlag, sich wieder mit Tim Dog zusammen zu tun: Gemeinsam bringen sie unter dem Namen Ultra 1997 das Album "Big Time" heraus. Vordem angedachte Ultramagnetic MCs-Live-Aufnahmen unter dem Titel "Brooklyn To Brixton" werden dagegen niemals realisiert. Auf Next Plateau erscheint (der Titel lässt vermuten, womit man es zu tun bekommt) im gleichen Jahr "The B-Sides Companion". Nach "Smack My Bitch Up" von 1998 wird es allerdings wirklich ruhig um die Ultramagnetic MCs.
Erst 2001 weckt die Single "Make It Rain" wieder Hoffnungen auf eine Wiederbelebung der fast schon in Vergessenheit geratenen Truppe. Die Geduld der Fans wird aber weiterhin auf eine harte Probe gestellt. Bis Kool Keith in einem Interview verlauten lässt, es sei tatsächlich ein neuer Longplayer in Arbeit, ist das Jahr 2005 fast schon verstrichen. "Back To The Future - The Bronx Kings Are Back" wird für Februar 2006 angekündigt.
Derartige Versprechungen laufen jedoch ins Leere. Immerhin: Die Ultramagnetic MCs bleiben in freundlicher Erinnerung. In Videospiel-Erfolgen wie "Grand Theft Auto: San Andreas" oder "Def Jam: Fight For New York" ertönen ihre alten Hits. The Prodigy bedienen sich gleich zweimal: Aus "Critical Beatdown" wird "Out Of Space", und auch "Give The Drummer Some" findet Verwendung. Darüber hinaus steuert Kool Keith Lyrics zu "Fat Of The Land" bei.
2007 - wer hätte das gedacht? - werden Träume dann doch noch wahr: Mit Kool Keith, Ced Gee, TR Love und Moe Love begibt sich das Original-Lineup an den Start. Schlappe 23 Jahre nach ihrer Gründung erscheint mit "The Best Kept Secret" das Reunion-Album der Ultramagnetic MCs.
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