30. Oktober 2017
"Ich könnte ein kleines Land regieren"
Interview geführt von Magnus HesseDass die Wu-Tang Clan-Saga noch nicht zu Ende erzählt ist und zudem jeder Zeit enthoben, hat die Gang mit ihrem letzten Langspieler "The Saga Continues" mehr als bewiesen. Dass sich gleichzeitig in der Heimat von RZA und Mathematics (der die Platte hauptverantwortlich produziert hat) genügend zuträgt, das Gesprächsstoff liefert, das hat vor allem der Boss des Clans zu spüren bekommen, nachdem seine uneindeutigen Aussagen zu Trump Aufsehen erregten.
Wer aber die beiden Herren kennt, der weiß, wie wenig sie sich vom Mundschaum einiger Journalisten (oder auch einer Azealia Banks) aus der Ruhe bringen lassen. Wir haben RZA und Mathematics in Berlin getroffen und uns mit sehr reflektierten Vertretern ihres Fachs unterhalten, die mit dem Wu-Tang Clan Hip Hop seit nunmehr über zwanzig Jahren prägen und ihn so traditionell und zugleich weltoffen leben wie nur wenige.
Unser Redakteur, der "The Saga Continues" besprochen hat, hat euch ein ganz schönes Kompliment gemacht. Er meinte, die Platte hätte gut und gerne auch vor fünfzehn Jahren veröffentlicht werden können, weil sie so zeitlos ist. War das für euch ein Faktor ?
Math: Unser Ziel war es nur, gute Musik zu machen. Und gute Musik ist eben zeitlos. Schön, dass er das so gesehen hat. Ich meine, selbst wenn du zurück gehst zu den Motown-Days findest du da Songs, die kannst du jederzeit überall spielen. Das sind einfach zeitlose Songs. Ich nehme das als großes Kompliment, obwohl wir nie darauf abgezielt haben. Wir wollten nur, dass Leute es wertschätzen.
In Deutschland haben sich in den letzten Jahren immer mehr Musiker etabliert, die Hip-Hop mit Pop zu einem Mainstream-Ding vermischen. Deshalb gibt es hier so was wie eine Debatte, darüber ob das noch "real" ist oder dem Hip Hop eigentlich in seinem Grundgestus widerspricht.
RZA: Ich glaube, Hip Hop ist sehr gewachsen. Trotzdem hast du natürlich die Puristen, die das Fundamentale, Persönliche beibehalten wollen, aber es gibt eben auch diejenigen, die es vermischen wollen. Ich denke, zu Hip Hop gehören immer beide Seiten. Wenn du beispielsweise Wu-Tang nimmst und P. Diddy - wir kommen beide aus der selben Ecke und klar, dann haben wir schließlich auch mal zusammen gearbeitet. Das ist das Schöne an der Musik. Wenn du dir die Rolling Stones anschaust, als eine der größten Rockbands, stellst du fest, dass sie etwas von der Energie von Buddy Waters haben, einem ziemlich unbekannten Blues-Typen. Das heißt, so war es immer schon und das schätze ich auch.
Und jetzt zu Math als Produzent: Er ist ein Hip Hop-Purist, und das spiegelt sich natürlich in seiner Musik wieder. Er versucht also weder mit dem Trend mitzuhalten noch sich rückwärts zu orientieren. Er macht Hip Hop, weil er Hip Hop lebt, und das hört man.
Außerdem steckt ja immer noch genügend Kung Fu in dem, was ihr so macht.
RZA: Man schreibt mir das auf die Fahne, diese Kung Fu-Energie in die Musik getragen und auf dieses Welt-Level gebracht zu haben. Bevor wir bekannt waren auf der ganzen Welt, hat dieser Typ (zeigt auf Math) auch schon Kung Fu-Filme geschaut, er war also auf demselben Kung Fu-Level wie ich. Und das findest du auch bei Ghostface, weil es einfach etwas ist, das wir lieben.
Die Leute meinen, dass mich das zum Wegbereiter gemacht hat, zu dem, der es in Musik integriert hat. Wenn du es liebst, setzt du es ein. Math ist auch ein Liebhaber. Es kann sogar vorkommen, dass er einen Film rauskramt, den ich nicht besitze, oder den ich vergessen habe. So von wegen: "Wo kam das nochmal her ... aah, den Film hab ich ja zehn Jahre nicht mehr gesehen. Hast die DVD?
Math: Das ist verrückt, ich weiß noch als ich das Wu-Tang-Zeichen in dem Stil entworfen hab und irgendwie dachte: Ja man, das ist dope.
Was war denn das Schwerste an diesem Album, jeweils individuell?
Math: Das Schwerste? Ich habe den Prozess eigentlich nie als schwer empfunden. Manchmal hapert es etwas an den Vocals. GZA zum Beispiel braucht immer lange zum Schreiben (RZA lacht), aber wenn du es dann hörst ...
... hat's sich gelohnt?
Math: Ja, genau. Und ich wusste, es kommt noch. Und als er den Beat das erste Mal gehört hat, habe ich gesehen, wie er drauf abfuhr. Ansonsten hatte ich ja selbst auch genug zu tun. Das Schwerste war daher wohl, mit den unterschiedlichen Zeitplänen zurecht zu kommen. Jeder hatte da seine eigene Einteilung, jeder hat seine eigenen Solo-Projekte, jeder ist unterwegs. Also muss ich Ghost anrufen und sagen: "Hey, ich brauch das und das ..."
RZA: Ich meine, ich war der Executive Producer, deshalb habe ich das Privileg, mir keine Sorgen über all solche Geschichten machen zu müssen. Das Anstrengendste ist wirklich die ganze Business-Sache dahinter. Den Veröffentlichungs-Termin zu bekommen, das Label und alles drumherum in Bewegung zu bringen. Wir haben das Datum ausgewählt und dann hast du noch das Artwork, die Credits, als ein Executive Producer ist das die Herausforderung und das ist es auch jetzt noch. Das Harte ist das Business, nicht die Musik.
Wenn so viele Emcees die Köpfe zusammenstecken kann aber doch nicht immer Konsens herrschen oder?
Math: Das war eigentlich kein Problem, es war ein Segen, dass ich machen konnte, was ich wollte. Ich musste keine Kompromisse eingehen und die Brüder haben mir Vertrauen entgegen gebracht. Und dafür bin ich auch dankbar. Eigentlich musste ich nur cool bleiben und mir sagen, dass ich weiß, was ich da tue.
RZA: Math ist auf seiner eigenen musikalischen Reise, und als er das Gefühl hatte, die Zeit ist reif, kam er zu mir, um sich meine Kritik und meine Anmerkungen anzuhören und was er noch verbessern kann oder was auch schon so gut ist. Das hat den Prozess für mich einfacher gemacht.
Math: Und besser (lacht).
RZA: Ich glaube, eine Herausforderung ist manchmal, und ich glaube, das habe ich noch nicht mit allen geteilt, alle innerhalb der Wu-Tang-Familie in dieselbe Richtung zu trimmen. Es scheint immer noch knifflig zu sein, festzulegen, wer kommt und performt bei dieser Show, wer will sich hier einbringen und so weiter. Das ist seit Jahren ein Thema und wird es immer bleiben.
Das fällt ja dann schließlich doch alles in deinen Aufgabenbereich als Boss ...
RZA: Ja, ich bin der Abbot (lacht).
Du bist zudem auch Filmemacher. Dein Zweitwerk "Love Beats Rhymes" mit Azealia Banks kommt demnächst raus. Im Musikgeschäft bist du bald seit einem viertel Jahrhundert tätig, im Filmumfeld immer noch relativ neu. Bist du derselbe Typ am Set wie im Studio, wenn du mit deinen Homies abhängst?
RZA: Das Filmemachen kostet mich viel mehr Gedankenkraft, sehr viel an extremem Fokus. Denn du musst dich um mehrere Departments gleichzeitig kümmern. Der Regisseur ist derjenige, der gefragt wird: "Du wolltest das Papier in Weiß oder? Okay, gebrochenem Weiß, Eierschalen-Weiß, klarem Weiß oder willst du französisches Weiß?" Und du denkst nur: "Äääääähhhh!"
Egal?
RZA: Nein! Das darfst du nie denken. Es muss dich immer kümmern. Jede Frage kommt zum Regisseur, jede. Und dafür brauchst du eine hohe Konzentration. Diese Erfahrung hat mich zu einem besseren Menschen gemacht.
In welcher Hinsicht?
RZA: Als ich meinen ersten Film gedreht habe "The Man with the Iron Fist" (2012), bei dem vierhundert Leute für mich gearbeitet haben, hat mich das eine Entwicklung als Entität, als Mensch durchmachen lassen. Es hat mir viel Verständnis für mentale Stärke vermittelt, für ... ich könnte jetzt danach wahrscheinlich ein kleines Land regieren. Weil ich jetzt den multivisionären Geist habe, den es dafür braucht.
Brauchst du den nicht auch beim Musikmachen?
RZA: Bei einem Album sind maximal zwanzig bis dreißig Leute involviert. Musiker, Tontechniker, Leute vom Mastering und für Wu-Tang ja noch etliche Künstler zusätzlich. Aber beim Film sind es eben vierhundert. Eigentlich sogar achthundert, wenn du die Statisten dazu zählst. Da geht es vielleicht gerade um eine Figur, die ein Röntgen-Bild bekommen hat und weiß, dass sie vielleicht sterben wird. Dann müssen dabei trotzdem ihre Haare in einer ganz bestimmten Weise hergerichtet sein, sie muss auf eine ganz bestimmte Weise sterben. Jede Frage geht an den Regisseur. Das ist eine Schule. Mich hat das nüchtern gemacht, obwohl ich keine Drogen nehme. Das wäre auch ziemlich schwer, diesen Job gut zu machen, wenn du auf Drogen bist.
Dabei hattest du dieses Mal weniger zu tun als bei deinem Debüt, bei dem du zusätzlich noch mitgespielt hast und am Drehbuch beteiligt warst. War das eine Erleichterung, dieses Mal "nur" Regie zu führen?
RZA: Oh ja, absolut. Sie hatten mich nämlich sogar gefragt. Es gibt einen Charakter im neuen Film und sie wollten, dass er von einem Prominenten gespielt wird und wollten mich dafür. Aber ich habe nein gesagt. Ein Regisseur ist eine Autoritätsfigur im Mittelpunkt. Und ich wollte nicht im Make-Up-Stuhl sitzen und mir mein Make-Up und meine Haare machen lassen, wenn es Leute gibt, die mich immer in einer autoritären Haltung wahrnehmen müssen. Es wäre nicht weise, mich ihnen so zu zeigen, verwundbar wie ein Schauspieler. In "The Man with the Iron Fist" habe ich es erzwungen, da gab es auch ein höheres Budget und mehr Vorbereitungszeit. Da hatte ich vierzehn Wochen Zeit vorher. Und das ist viel. Und mit Coco (Azealia Banks) hatte ich vielleicht acht Wochen. In diesen vierzehn Wochen damals hatte ich Zeit, um einen privaten Make-Up und Haare-Stylist zu bekommen und musste mich nur mit dieser Person in einem privaten Setting treffen, bevor ich zum Set kam. Aber dann kam es vor, dass ich mitten in der Szene war und mir gleichzeitig über die Kamera Gedanken machen musste. Oder ich spiele gerade und auf einmal schlägt es Mitternacht und du musst schnell zum Monitor und die Leute dirigieren: "Okay, du machst jetzt das, du gehst da lang, du hier". Meine Stimme verändert sich dann, ich rede schnell, sie klingt höher und dann musst du wieder in den Schauspieler-Modus zurück. Es ist nicht einfach. Aber ... Clint Eastwood hat es geschafft. Und wenn ich weiß, er hat es geschafft, dann kann ich es auch.
Ist er ein großer Einfluss?
RZA: Clint Eastwood?! Aber sowas von! Wir alle lieben Clint Eastwood. Als ich Film-Vorführungen gemacht habe, habe ich "Die 36 Kammern des Shaolin", einen Kung Fu-Film, gezeigt, aber auch "Zwei glorreiche Halunken". Ich zeige das immer unterschiedlichen Leuten, die den Film vielleicht noch nicht gesehen haben.
Math: Mit dem "Mann ohne Namen" (lacht).
"Wir als Hip Hop sind stolz auf Eminem!"
Du meintest eben, du könntest ein kleines Land regieren. Was würdest du anders machen als der Typ, der diesen Job momentan macht, wenn du die USA regieren könntest?
RZA: Ich würde nicht nur unser inneres Bild schützen, sondern auch unser Bild nach außen. Im Laufe der letzten Jahrhunderte sind die USA zu einer Art Leuchtfeuer, einem Vorbild-Land geworden. Wir inspirieren eine Menge Länder auf der ganzen Welt. Wenn ich wüsste, dass das mein Job ist, würde ich dieses Image immer schützen. Das heißt, wenn ich eine Analogie verwenden darf, würde ich sagen: Nie würde ich mich mit unsauberen Klamotten in der Öffentlichkeit sehen lassen. Die Leute schauen dich an, also würde ich darauf immer achten. Amerika hat wegen der momentanen politischen Lage die Maxime "America first" ausgerufen. Und ich verstehe das, jedes Land sollte das eigene Land an erster Stelle sehen. Aber gleichzeitig solltest du dich nicht selbst bemitleiden, und auch wenn du dein Zuhause als erste Priorität beschützen musst, solltest du trotzdem deine Nachbarn und deren Zuhause nicht vergessen. Denn wenn das Haus meines Nachbarn Feuer fängt, könnte auch mein Haus anbrennen. Deshalb sollte man beides berücksichtigen. Ich denke, wenn ich ein Politiker wäre, der in der Regierung ist, würde ich immer auch an meinen Nachbar denken. So steht es auch in einem ganz guten Buch geschrieben: "Liebe deinen Nächsten".
Ich frage auch, weil viele verwundert waren über deine Aussagen zu Trump und deine Sympathien für ihn als New Yorker und weil er "real" wäre, während du ihn später in einer Kollaboration ("No Refugees" mit Parisi) ziemlich angegriffen hast. Oder war das gar nicht so gemeint?
RZA: Doch, ich wollte konkret diese Politik kritisieren. Aber schau, es sind gute und schlechte Tage in jedem. Ich erinnere mich, wie ich Donald Trump einmal im Fernsehen gesehen habe und er Folgendes gesagt hat. Vielleicht hat er es auch nur von einem Prompter abgelesen, keine Ahnung: "Was wir tun werden ist, wir werden Milliarden von Dollar in Schulen stecken. Wir werden die Kinder von der Straße holen und in die Schule bringen. Dieses Geld wird einem Kind den ganzen Weg vom Kindergarten bis zur zwölften Klasse ermöglichen. Das Geld wird die Familie unterstützen, damit das Kind in einer Schule bleiben und aufwachsen kann."
Viele arme Familien müssen ständig umziehen und die Kinder die Schule wechseln und es ist einfach schwierig, weil das Kind den Fokus verliert, weil es ständig neue Freunde hat. Ich war ein solches Kind. Ich hatte Freunde in der dritten Klasse, dann musste meine Familie umziehen und in der vierten Klasse waren es also wieder andere Leute. Das ist kein Lernen in einer festen Community. Und Trump wollte Geld in dieses Projekt stecken und Familien so helfen und das halte ich für eine gute Idee. Das ist eine gute Idee. Mir ist egal, wer es sagt.
Und dann kommt er aber und sagt, wir bauen eine Mauer und wir kicken die Immigranten alle raus. Das ist eine schlechte Idee, mir egal, wer es sagt. Ich bin immer für die beste Kalkulation, dafür stehe ich. Und in dem Fall ist es so, wie ich es in meinen Lyrics sage: "I don't understand how you can ban a man from a land that was said to be a beacon of light for all men, who are escapin' the plight of tyranny".
Das ist der Grund, warum dieses Land existiert. Weil Leute aus anderen Ländern zusammenkamen, die geflohen sind. Und jetzt sind sie diejenigen, die dir sagen, du musst hier raus?! Das macht nicht wirklich Sinn in meinen Augen. Man hört mich den Mund aufmachen, wenn etwas keinen Sinn macht und wenn es Sinn macht, dann ist mir egal, von wem es kommt. Ich meine, Wu-Tang ist auch für die Kids, für die Babies oder? Und wenn Trump dann etwas vorschlägt, das den Kindern hilft, dann bin ich damit einverstanden. Lass es so machen!
Das Eminem-Video hat ja diese Frage, ob man für oder gegen Trump ist, erst jüngst neu entfacht. Unterstützt ihr das?
Math: Auf jeden Fall, sowas unterstütze ich immer. Das ist Hip Hop. Hip Hop ist eine Ausdrucksform und eine Möglichkeit, Dinge auszusprechen und gehört zu werden von Leuten, die dir vielleicht sonst kein Gehör schenken würden. Eminem hatte die Plattform und er hat sie genutzt, um seine Gefühle zu dem Thema rüberzubringen.
Würdet ihr auch so weit gehen und diese Linie ziehen? Würdet ihr euren Fans genau so klar sagen, dass sie sich entscheiden müssen, ob sie euch oder ihn unterstützen?
Math: Das ist das, was er macht. Ich glaube, ich müsste dazu in einer vergleichbaren Situation stecken und seinen Gedankengang oder Hintergrund haben. Denn als er es geschrieben hat, war es sein Empfinden, seine Ausdrucksweise. Er hat einfach gesagt: "Scheißt auf mich oder scheißt auf ihn! Beides geht nicht!" Das ist sein Standpunkt.
RZA: Das hat eine biblische Referenz. Wenn ich eine Linie ziehen müsste, würde ich das auch tun. Manchmal musst du genau das machen. Er war motiviert, das zu tun und das empfehle ich jedem anderen auch.
Und wo genau ziehst du sie?
RZA: Naja, was falsch ist, ist falsch. Ich muss nichts verteidigen, was falsch ist. Du musst es nur immer in Relation sehen. Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit ist das Verdienst oder die Strafe deines Handelns. Wenn du viel Scheiße baust wirst du bestraft, wenn du Gutes tust, wirst du belohnt. Deshalb bin ich dafür, das Gute anzuerkennen und das Böse zu verurteilen. Und Trump hat zu dieser Zeit einfach kontinuierlich falsch gehandelt. Ich meine, die "three strikes" sind mittlerweile wohl überschritten (lacht). Und wenn das ein Schwarzer sagt, passt das nur in das altbekannte Schema, dass Schwarze sich immer nur beschweren, aber jetzt wo es ein Weißer sagt, wird es ernst. Jetzt geht es nicht mehr nur um Schwarz oder Weiß, sondern um Menschlichkeit. Deshalb würde ich in dieser politischen Position sagen "humanity first".
In der Bibel steht, der Mensch hat die Macht über die Welt und kann sie regieren. Jetzt hast du die Macht, aber wie setzt du sie ein? Wirst du den Vogel essen, den Fisch essen, die Kuh essen? Nein, du kannst diese Erde regieren, ohne jemals einem Lebewesen irgendeinen Schaden zuzufügen. Niemand hält dich davon ab. So sehen wir es. Aber Em hat es durchgezogen, sein Ding gemacht und wir sind stolz auf ihn als Hip Hop, so lassen wir es stehen.
"Was zur Hölle macht der RZA in einem Walmart?!"
Also seid ihr optimistisch was die Zukunft angeht?
RZA: Wir haben ein neues Album mit dem Titel "The Saga Continues" draußen. Das heißt, unsere Geschichte geht weiter. Und in unseren über zwanzig Jahren hatten wir stets eine Stimme, die andere inspiriert hat. Sei es musikalisch, politisch, spirituell oder akademisch, einfach weil wir so viele Persönlichkeiten in unserer Crew haben, die alle verschiedene Ansichten einbringen (rappt): "I bomb atomically, Socrates' philosophies / And hypotheses can't define how I be droppin these".
Solche Sachen ... da denke ich zum Beispiel an Poppy Wardrobe. Du bekommst einfach was von all diesen Perspektiven mit. Das ist, was Wu-Tang ausmacht. Und ich bin optimistisch, weil unsere Saga weitergeht. So lange wir unseren Teil beitragen und unsere Musik nach draußen tragen, hast du die Chance, Leuten eine Referenz zu sein, damit sie lernen Dinge abzuschätzen nach dem Motto: "cool oder nicht cool".
Math: Ich bin definitiv optimistisch, denn es gibt immer ein Morgen. Wir sehnen uns immer nach einem besseren Morgen. Und das kann schon eintreten, schon morgen.
Könnt ihr euch trotzdem vorstellen, dass eure Saga irgendwann auch mal zu Ende erzählt ist?
RZA: Nein, damit würden wir uns selbst widersprechen, weil wir ein Album gemacht haben, das "Wu-Tang Forever" heißt. Und um das genauer zu definieren: Das bedeutet nicht, dass unsere physischen Hüllen für immer auf dieser Erde sein werden, um das zu leben. Aber du siehst, dass Leute wie Kanye West kommen und sagen, sie sind beeinflusst von Wu-Tang, oder Drake sagt "Wu-Tang Forever", oder auf dem neuen DJ Khaled-Album ("Grateful") hörst du Wu-Tang.
Es wird also immer irgendwie weiterleben in den unendlichen Weiten der Musik ...
RZA: Ja, oder auch anderswo. Als wir mal auf Tour waren, hat der Bus an einem Walmart angehalten, weil wir uns neue Unterwäsche kaufen mussten. Also sind alle aus dem Bus und es hat 'ne ganze Stunde gedauert. Dabei hatte ich das Privileg, einen Arzt kennenzulernen. Er war ein Fan und kam zu mir und meinte: "Was zur Hölle machst du denn hier?" Es war irgendwo im mittleren Westen, und das war wohl das Letzte, das er erwartet hätte, den RZA in einem fucking Walmart zu treffen, wie er nach Unterbuchsen sucht. Er hat sich bedankt bei mir und meinte, unsere Musik hätte ihn inspiriert, zur Schule zu gehen. Das heißt, davon war Wu-Tang ein Teil. Und ich dachte nur: Wow! Er hat mich vielleicht etwas sagen hören wie (rappt):
"The pre-existence of the mathematical, biochemical equations /
The manifestations of God, Earth, Air, Fire and Water /
Which are in it's basic formation, solid liquid and gases /
That caused the land masses and the space catalyst /
And all matter that exists ... "
(von Gravediggaz, "Twelve Jewelz")
Vielleicht hat er diese Worte gehört und gedacht: "Yo, der shit ist deep." oder aber (rappt wieder):
"Casting stones, cracking two-hundred and six bones /
And watch your ass get blown to a sea of fire and brimstone"
("Wu-Gambinos")
Wenn man diese Lyrics hört, inspiriert das. Dr. Nick ist im Prinzip der Erfinder des Internet-Modems, der meint, dass "36 Chambers" - und vielleicht ein bisschen gutes Gras (lacht) - ihm Inspiration geben. Du weißt also nie, wen es erreicht, wo es hingeht oder auch herkommt. Denn genau so könnte man zurückgehen und sich anschauen, welche Künstler oder welche Texte uns geprägt haben. Ob in musikalischer, spiritueller oder ökonomischer Sicht oder wie auch immer, es gibt dir eine Art Mission auf. Snoop Dogg hat gesagt: "The game is to be sold, not told! Und ich war schon in Situationen, wo ich dachte: Snoop hat's gesagt, erzähl' das einfach nicht den anderen, aber ich muss Hip Hop verkaufen, ich mach dieses Single-Album (beide lachen).
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