laut.de-Biographie
Candelilla
Candelilla - "kleines Licht" - das will irgendwie so gar nicht zu den lauten, wütenden und drängenden Songs der Band aus München passen. Den Namen bringen Mira Mann (Gesang, Bass) und Lina Seybold (Gesang, Gitarre) aber noch aus der Schulzeit mit, wo sie sich 2001 über die Musik kennen lernen. Und sowas legt man natürlich nicht mehr ab, wie auch?
So richtig los geht's 2007, als die beiden mit Rita Argauer (Gesang, Keyboard) und Sandra Hilpold (Schlagzeug) ihre perfekten partners in crime gefunden haben. Zwar hatten Mann, Seybold und Argauer mit wechselnden Mitgliedern schon vorher drei EPs eingespielt und selbst vertrieben, im Münchener Umkreis und im Vorprogramm von Slut geprobt. Doch erst jetzt kommt die Sache in Schwung.
"...Don't Rely On What Others Say" heißt die erste 6-Track-EP nach der Neugeburt, Botschaft und Selbstermahnung in einem. Punkrock trifft auf süßliche Pop-Momente, ziemlich verspielt mitunter, fast noch ein wenig brav. "Süchtig nach Heiserkeit", wie sie im Song "4" herausschreien, sind Candelilla aber schon jetzt. Die Lieder müssen ab sofort auf Namen verzichten, Durchnummerierung ist King.
Bei einer All-Girl-Band, die keine folkigen Feen-Lieder spielt, sondern ordentlich rockt, kommt natürlich jeder gleich mit der Feminismus-Keule und der Riot Grrrl-Schublade, mit Bikini Kill und Hole. Aber mit dem "Frauending" (Argauer) sollte man Candelilla lieber nicht kommen. Selbstverständlich sind sie Feministinnen, genau so selbstverständlich möchten sie aber als Band und nicht als "Frauen-Band" wahrgenommen werden.
"Man muss auch wissen, dass sich die reine Frauenbesetzung bei Candelilla eher zufällig ergeben hat, die Mädels haben in der Zeit, bevor ich dazu gekommen bin, schon mit Jungs gespielt, auch ich war schon in anderen Bands unterwegs," verrät Hilpold dem Blog Mapambulo.
2009 erscheint das erste offizielle Studioalbum beim lokalen Label Red Can Records. Nach wie vor testet das Quartett aus, wie viel man in einen Song packen kann, ohne dass er ganz zerfällt. Die süßen Pop-Melodien müssen Platz machen für mehr Noise, Grunge und Hardcore. Das Mikro wandert wild umher in der Band, gesungen wird auf Englisch und auf Deutsch, gerne im gleichen Satz.
Bei Produzenten-Legende Steve Albini (u.a. Pixies, PJ Harvey, Nirvana und die eigene Band Shellac) nimmt Candelilla das Folge-Album auf. Und das erscheint, nachdem die Band sich in Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien einen Namen erspielt hat, bei Zick Zack. Das Hamburger Ur-Independent-Label ist schließlich seit jeher Hort der interessanteren und schlaueren deutschen Popmusik.
"Heart Mutter" erscheint 2013 und fällt in eine Zeit, in der wieder ein paar mehr deutschsprachige Bands mit Wut im Bauch und Grips im Kopf von sich reden machen: Ecke Schönhauser, Messer, 1000 Robota, 206, Bessere Zeiten und einige mehr. So ganz hineinpassen in diese 2010er Neuauflage der Hamburger Schule wollen Candelilla dann aber doch nicht. Dafür sind sie ein wenig zu noisig und zu grungig, zu sprunghaft und zu vielschichtig.
Denn nach wie vor lautet die erste Devise der Band auseinandernehmen und neu zusammenbauen. So macht auch das mit dem Durchnummerieren weiter Sinn, wie Candelilla dem Zündfunk erzählen: "Dadurch, dass wir zu dritt texten und gerne Sachen zerhacken, neu zusammensetzten, neu arrangieren und gegeneinanderlaufen lassen, ist es natürlich gerade was Inhalte oder Bedeutung betrifft auch wieder sehr passend, die Zahl als völliges Abstraktum stehen zu lassen."
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