laut.de-Biographie
Dean Reed
Friedenskämpfer, Sänger, Schauspieler und Regisseur, beschreibt eine Fanseite Dean Reed. Noch viel interessanter als seine Aktivitäten ist aber sein Werdegang, der in Colorado begann und abrupt in der DDR endete.
1938 auf einer Hühnerfarm in der Nähe von Denver geboren, beginnt Reed mit zwölf, Gitarre zu spielen. Sein Studium der Metereologie finanziert er mit Auftritten in Bars und Clubs, in denen er Country- und Folk-Stücke vorträgt. 1958 nimmt er auf dem Weg nach Kalifornien einen Anhalter mit, der so von seiner Stimme begeistert ist, dass er ihn einem Produzenten vorstellt. Zwei Tage später hat Reed einen Vertrag bei Capitol in der Tasche.
Ziel des Labels ist es, ihn als Teen-Idol aufzubauen. Seine erste Single "The Search" landet in den USA auf einem mageren 98. Platz in den Charts, schießt in Argentinien aber auf Platz eins. Während er im Heimatland einer unter vielen bleibt, ist er in Südamerika bald ein Star. Seine erste Tour des Kontinents beginnt mit dem Empfang von 100.000 Fans in Buenos Aires, seine Auftritte werden wegen der starken Nachfrage in Fußballstadien verlegt. Er zieht nach Argentinien.
Seine Alben und Singles landen große Erfolge, Reed erhält eine eigene Fernseh-Show. Die bittere Armut vieler Menschen und die soziale Ungerechtigkeit machen ihm jedoch zu schaffen. Er gibt Gratiskonzerte in Armenvierteln und Gefängnissen. Er interessiert sich für Marx und gilt als Linker. 1966 erhält er Besuch von Che Guevara. Er reist nach Helsinki, um Argentinien beim linksorientierten Weltfriedenskongress zu vertreten.
Nach einem Militärputsch wandert er 1966 nach Spanien aus. Da er ohne Plattenvertrag da steht, begibt er sich als erster US-Amerikaner auf eine Tour der Sowjetunion. In den zwei Monaten, die er dort verbringt, erarbeitet er sich mit schwingender Hüfte den Spitznamen "Roter Elvis". 1969 nimmt er für das staatseigene Label Melodja das erste von insgesamt sechs Alben in der UdSSR auf.
1967 zieht er nach Rom, wo er als Schauspieler in mehreren Spaghetti-Western auftritt. Auch in Italien ist er politisch aktiv. 1969 setzt er sich an die Spitze einer Anti-Vietnamkrieg-Demonstration vor der US-Botschaft, ballt die Faust und ruft "Viva Ho Chi Minh". 1970 verbringt er vier Monate in Chile, wo er Salvador Allende im Präsidentschaftswahlkampf unterstützt.
1972 heiratet er zum zweiten Mal und zieht zu seiner Frau in die DDR, wo er seine Karriere als Schauspieler und Musiker fortsetzt. Er kauft sich ein Haus am See in Berlin und unterstütz aktiv die Regimes in Ostdeutschland und der Sowjetunion. Zeitweise ist er als Stasi-Mitarbeiter unter dem Decknamen "Victor" tätig. "Ich bin Marxist, was auch immer ich singe", erklärt er in einem Interview.
Weiterhin US-Bürger, reist er zu PLO-Chef Jassir Arafat in den Libanon und tritt in einen Hungerstreik, nachdem er in Minnesota verhaftet wurde, weil er bei einer Protestkundgebung teilgenommen hatte. Die Aktion löst weltweit Proteste aus. 1983 begibt er sich nach Chile, um illegale Konzerte gegen General Pinochet zu geben, wird erneut eingesperrt und abgeschoben.
Reeds Stern ist zu diesem Zeitpunkt schon am Verblassen. Aus dem Teenidol ist ein 40-jähriger Mann geworden, dessen Konzerte und Platten auf immer weniger Interesse stoßen. Auch seine Schauspielkarriere ist so gut wie beendet. 1982 schreibt die Stasi, dass er während eines Streits mit einem Verkehrspolizisten "die DDR mit einem faschistischen Staat verglich und zum Ausdruck brachte, dass er, ebenso wie die 17 Millionen DDR-Bürger, es 'bis oben hin satt' hätte". Er versucht, sich den USA anzunähern, doch ein Interview mit dem Sender ABC erntet wütende Anrufe, weil er den Bau der Berliner Mauer und die sowjetische Invasion Afghanistans rechtfertigt.
Am 13. Juni 1986 nimmt Reed nach einem heftigen Streit mit seiner Frau Beruhigungsmittel, schneidet sich die Pulsadern auf und ertrinkt im Zeuthener See bei Berlin. In einem 15-seitigen Abschiedsbrief erklärt er seinen Selbstmord mit der krankhaften Eifersucht seiner Frau, wobei er dem Sozialismus ein letztes Mal die Treue schwört. Er sei die einzige Lösung für die Hauptprobleme der Menschheit, schreibt er.
Die offizielle Version geht von einem tragischen Unglücksfall aus, was sogleich Verschwörungstheorien aufkommen lässt. Steckt etwa die Stasi dahinter, weil Reed in die USA zurückkehren wollte? Oder gar die CIA, aus demselben Grund? Fragen, die keine Antwort finden.
Das abenteuerliche Leben Reeds inspiriert mehrere Regisseure. Einer von ihnen ist Leopold Grün, der 2007 den Film "Der Rote Elvis" heraus bringt. Um den Soundtrack kümmert sich das Berliner Duo Monomango, das Stücke Reeds verfremdet und elektronisch anreichert. In nächster Zukunft droht auch eine Hollywood-Schnulze: 2004 erwarb Tom Hanks die Rechte auf die Verfilmung einer in den USA erschienenen Biographie.
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